Wie künstlich ist Intelligenz?. Andreas Eschbach
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Название: Wie künstlich ist Intelligenz?

Автор: Andreas Eschbach

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783948700089

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СКАЧАТЬ Sie würden untergehen, aber wenigstens mit Pauken und Trompeten.

      »Ich weiß nicht, ob das reicht, Rob«, gab er zu bedenken. »Die sind wahrscheinlich schon unterwegs hierher.«

      »Wir brauchen höchstens eine Stunde, bis alles läuft. Dann springen wir ins Auto und verlassen die Stadt. Ein Kumpel von mir hat eine Jagdhütte in den Wäldern, dort tauchen wir unter.«

      »Und der Computer? Meinst du, die kommen her und lassen den rennen?«

      Jetzt hielt Rob inne. Er sah sich um, ein triumphierendes Grinsen im Gesicht. »Alan! Wir haben Zugriff auf über hunderttausend Server! Das Erste, was unsere KI tun wird, ist natürlich, sich auf die alle zu kopieren und von dort aus weiterzumachen.«

      Sie brauchten keine Stunde. Eine Stunde später waren sie schon halb aus Boston draußen.

      »Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache, Rob«, sagte Alan ungefähr ein dutzend Mal, meistens dann, wenn Rob von einer schmalen Straße auf eine noch schmalere Straße abbog.

      »Ich auch nicht«, gab Rob zurück. »Wenn du eine bessere Idee hast, nur raus damit.«

      »Nein. Hab ich nicht.«

      »Siehst du? Also bleiben wir bei dieser.«

      Irgendwann mussten sie tanken. Zum Glück kam eine Tankstelle, die zwar so altmodisch und heruntergekommen aussah, als sei die Zeit stehen geblieben, aber es gab Benzin und sie hatte auf, nachts um drei.

      Am Fenster hing ein großes, rostiges Schild mit der Aufschrift: We trust in God and in the Dollar. CASH ONLY!

      »Ist doch prima«, meinte Rob. »Dann wundert der sich schon nicht, warum ich nicht mit Karte zahle.«

      Der Tankwart war ein hagerer, mürrischer Mann, der auch aussah wie aus einem anderen Jahrhundert, genau wie der schwarz-weiße Fernsehapparat, in dem er irgendeine seltsame Show verfolgte. Rob und Alan versorgten sich in seinem kleinen Laden noch mit Proviant: Bohneneintopf, Brot, Butter, ein Glas Marmelade, zwei Sixpack Bier, ein paar Süßigkeiten und dies und das. Der Mann strich die Dollarscheine, die Rob ihm hinblätterte, wortlos ein, nickte ihnen zu und widmete sich wieder seiner Glotze.

      Es dämmerte schon, als sie die Waldhütte erreichten. Der Schlüssel lag unter einem Blumentopf, die Tür quietschte wie ewig nicht benutzt, und auch der Staub, der drinnen auf allem lag, verriet, dass der Besitzer der Hütte lange nicht mehr hier gewesen war.

      Aber es gab Gas, Feuerzeuge, Pulverkaffee, Zucker und Dosenmilch, die noch nicht abgelaufen war. Und zwei Betten, in die sie fielen, um sofort einzuschlafen.

      Als sie erwachten, stand die Sonne hoch am Himmel. Sie frühstückten, ohne auf die Uhr zu schauen. Es gab Kaffee und Brot, das sie über der Gasflamme rösteten und mit Butter und Marmelade aßen, vor der Hütte, mit Blick auf den See, der keine hundert Schritt weiter hinter den Bäumen anfing. Es war unwirklich ruhig. Ein paar Vögel keckerten, hier und da knarrte ein Ast im Wind, das war alles. Als gäbe es den Rest der Welt nicht mehr.

      »Ob sie rauskriegen können, wohin wir gefahren sind?«, überlegte Alan. »Mit den ganzen Verkehrskameras und so?«

      Rob schüttelte unbekümmert den Kopf. »Glaub ich nicht. In Boston vielleicht. Aber wir haben die Stadt in Richtung New York verlassen – was haben sie davon, wenn sie das wissen?«

      »Aber wir sind nicht an den Kameras auf der Interstate 90 vorbeigekommen.«

      Rob kaute gemütlich. »Stimmt. Sind wir nicht. Was kann man daraus schließen?«

      »Dass wir nicht nach New York gefahren sind.« Alan überlegte. »Es sei denn, über kleine Seitenstraßen.«

      »Von denen es Tausende gibt.«

      »Okay. Wahrscheinlich wissen sie tatsächlich nicht, wo wir sind.«

      »Sag ich doch.«

      »Aber«, überlegte Alan weiter, »ewig können wir hier nicht bleiben. Irgendwann müssen wir wieder zurück.«

      »Klar. Um nachzuschauen, wie viel Geld uns die KI beschafft hat.«

      Alan schlug die Hände vor die Augen. »Rob, das ist doch Irrsinn. Ein Bankraub, bei dem man die Beute aufs eigene Konto überweist! Noch deutlichere Spuren kann man gar nicht hinterlassen!«

      »Eben«, meinte Rob ungerührt. »Niemand, der imstande ist, eine KI zu programmieren, würde sich so dämlich anstellen. Also waren wir es gar nicht. Wir waren übers Wochenende weg, ausspannen, und irgendein fieser Konkurrent hat sich an unseren Computer geschlichen und das Programm gestartet. Nur, um uns eins reinzuwürgen.«

      »Du denkst echt, wir können uns da rausreden?«

      »Ich hab mich schon aus viel peinlicheren Situationen herausgeredet, möcht’ ich meinen.« Rob kratzte sich die Brust. »Und wer weiß, vielleicht ist ja auch gar nichts passiert. Dann kommen wir zurück, der Computer rödelt immer noch, hat’s in keine Bank geschafft, und die Leute vom FBI sind alle im Wochenende, weil keiner was von unserem Eindringen bemerkt hat.«

      »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Amen.«

      Rob leerte seinen Kaffeebecher, reckte die Arme wie ein gestresster Familienvater am ersten Tag seines wohlverdienten Urlaubs. Dann sagte er: »Wir wissen es nicht. Stimmt. Im schlimmsten Fall sind heute und morgen unsere letzten Tage in Freiheit. Ich denke, die sollten wir entsprechend genießen, anstatt sie mit Sorgen und Grübeln zu verplempern.« Er stand auf, zog das T-Shirt aus, streifte die Hose herab und sagte: »Wer zuerst im Wasser ist!«

      Sie schwammen stundenlang, dösten am Ufer auf der Böschung und sahen den Vögeln zu, wie sie einander jagten. Sie ließen Holzstücke hinaustreiben und warfen mit Steinen danach. Abends machten sie den Eintopf warm, tranken Bier und redeten. Alan erzählte, wie sein Vater lange versucht hatte, alles vor den Nachbarn zu verheimlichen.

      »Aber er hatte sich bis dahin alle zwei Jahre ein neues Auto gekauft. Wir waren bis dahin jedes Jahr im Urlaub. Das ging nicht mehr. Meine Mutter hat unsere Klamotten geflickt, aber irgendwann hat man einfach gesehen, dass sie nicht mehr neu waren.« Er kippte den Rest der Dose hinunter. »Aber da konnten wir sowieso das Haus nicht mehr halten und mussten umziehen, und in der neuen Schule kannte mich ja niemand …«

      »Das ist ein echtes Trauma bei dir«, diagnostizierte Rob gnadenlos. »Meine Eltern sind zwar keine Millionäre, aber am Geld hat es nie gefehlt. Ich mach mir da echt keine Sorgen deswegen.«

      Alan sah hinaus über den See, der dunkel und leer hinter den schwarzen Bäumen lag, erhellt nur vom Licht der Sterne am Himmel. »Hmm, schon seltsam. Ist ja nicht so, dass wir gehungert hätten. Und ans MIT geschafft hab ich’s trotzdem. Es ist einfach nur … der Abstieg, verstehst du? Wenn’s von oben nach unten geht, das ist schmerzhafter, glaub ich, als wenn du unten bist und es nie nach oben schaffst.«

      Rob griff sich eine zweite Dose. »Ja, das liebe Geld. War vielleicht doch keine so gute Erfindung. Wie die Atombombe. Wär’ auch besser, die hätte nie jemand erfunden.«

      Am späten Sonntagnachmittag beschlossen sie, sich wieder nach Boston zurück zu wagen. Sie waren beide sehr schweigsam, während sie ihre paar Sachen ins Auto packten, die Hütte aufräumten und den Schlüssel wieder unter den Blumentopf legten. Kurz vor fünf erreichten sie die erste geteerte Straße. СКАЧАТЬ