Die Hörbigers. Georg Markus
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Название: Die Hörbigers

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783902998569

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СКАЧАТЬ Das ist bei Dynastien so. Bei den Windsors ist es nicht anders.«

      Auch die haben nicht nur sonnige Stunden erlebt.

      GEORG MARKUS

      Wien, im August 2006

      NICHT LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK

       Die Geburtsstunde einer Dynastie

      Es war das bestgehütete Geheimnis von Wien. Zwei Schauspieler wollten heiraten und niemand sollte es erfahren. Also trafen sie zu früher Morgenstunde im Steinernen Saal des Wiener Rathauses zusammen, um sich trauen zu lassen. Man schrieb den 23. November 1935, und das ist somit der Tag, der zwei außergewöhnliche Familien miteinander verbinden und die bedeutendste Theaterdynastie des deutschen Sprachraums begründen sollte.

      Jedoch, die ganze Geheimhaltung half nichts. Die Künstler waren bereits viel zu prominent, um ein solches Ereignis verbergen zu können. So konnte man schon tags darauf einem »Originalbericht« des Neuen Wiener Journals entnehmen: »Gestern Vormittag fand im Rathaus die Trauung Paula Wesselys und Attila Hörbigers statt. Die Tatsache ihrer Verlobung war längst in Künstlerkreisen bekannt geworden, doch hatten die beiden den Zeitpunkt der Trauung selbst vor dem engsten Freundeskreis geheim gehalten.«

      Und so hatte sich die Eheschließung herumgesprochen: »Als die beiden Künstler aus dem Wagen stiegen, wurden sie von einigen Passanten erkannt, worauf sich vor dem Tor des Rathauses zahlreiche Menschen ansammelten, die die Rückkunft des neu vermählten Paares abwarteten. Der schlichten Feier selbst wohnten nur die Trauzeugen – Schauspieler Hans Jaray und Attila Hörbigers Bruder Alfred – bei.«

      Warum, fragt man sich sieben Jahrzehnte und zwei Schauspielergenerationen später, sollte die Trauung dieses jungen und damals schon berühmten Paares geheim bleiben?

      Sicher haben Paula Wessely und Attila Hörbiger nie zu jenen Künstlern gezählt, die mit ihren privaten Angelegenheiten die Öffentlichkeit suchten. Aber das war nicht der eigentliche Grund.

      Vielmehr sollten dem Publikum die näheren Umstände der Heirat verborgen bleiben. Da war einmal Attila Hörbigers erste Ehe, die man nur drei Tage zuvor mit Müh und Not durch das Bundeskanzleramt der Republik Österreich für null und nichtig hatte erklären lassen.

      Und: Paula Wessely war guter Hoffnung – die Geburt ihrer ersten Tochter stand bevor. So etwas wollte man in den prüden dreißiger Jahren nicht unbedingt an die große Glocke hängen. Also bitte, nur keine Reporter, keine Fotografen, keine Zeitungsmeldungen.

      Und dann das: Nicht nur das Neue Wiener Journal, auch Der Wiener Tag und Das Neuigkeits-Welt-Blatt berichteten von der sensationellen Hochzeit.

      Paula Wessely war zu diesem Zeitpunkt vor allem durch ihren Film Maskerade eine Berühmtheit und Attila Hörbiger als Jedermann der Salzburger Festspiele. Beide zählten zum renommierten Ensemble Max Reinhardts, doch während man sie bereits »die Wessely« nannte, konnte man zu ihm nicht gut »der Hörbiger« sagen, weil das die ohnehin vorhandene Verwechslungsgefahr mit seinem berühmten Bruder Paul noch vergrößert hätte.

      »Wir hatten uns Jahre davor zum ersten Mal in Prag getroffen, wo wir beide engagiert waren«, erinnerte sich die Wessely 1992 in einem langen und ausführlichen Gespräch, in dem sie mir aus ihrem Leben erzählte. Das Stück, in dem sie und Attila Hörbiger damals gemeinsam auf der Bühne standen, hieß Die neuen Herren, Premiere 12. September 1926. »Wir hatten eine Liebesszene, ich lief auf ihn zu und rannte ihn fast um. Von einer Beziehung keine Rede, ich wusste nicht viel mehr von ihm, als dass er sportbegeistert war, irgendwas mit Fußball. Erst in Wien haben wir uns dann näher kennen gelernt.«

      Sie hatte ihm auf Anhieb gefallen, schon damals beim ersten Treffen in Prag. Paula Wessely war keine klassische Schönheit, aber eine beeindruckende junge Frau, die sofort sein Interesse fand. Und auch er, der athletisch gebaute, selbstbewusste Bühnenheld, war ihr gleich sympathisch gewesen. Aber Liebe auf den ersten Blick war’s nicht, Gott behüte: ein verheirateter Mann! Er schwor zwar, dass die Ehe mit seiner Frau Consuelo nur auf dem Papier bestünde, aber das sagen sie ja alle.

      CHRISTIANE HÖRBIGER: »Meine Eltern waren durch eine wirklich große Liebe verbunden, die so lange sie lebten anhielt. Und das trotz mancher Krise, die sie gemeinsam durchleiden mussten. Politische Krisen waren darunter und ein Krieg, große private Turbulenzen und drei Töchter, mit denen es vielleicht auch nicht immer ganz leicht war. Darüber hinaus hatten sie aber auch eine ganz natürliche Konkurrenz zu überwinden, wie dies bei einem Schauspielerpaar unvermeidlich ist. Das und noch viel mehr hat diese Liebe ausgehalten und meine Eltern alles in allem glücklich gemacht.«

      Vom Kennenlernen bis zur Hochzeit sollten neun Jahre vergehen. Neun Jahre, die ihre Liebe auf eine harte Probe stellten. Scheidungen im heutigen Sinn waren in Österreichs Erster Republik für Katholiken nicht möglich, die Ehe galt als unauflöslich – es sei denn, sie wurde von der Kirche annulliert. Doch die Chancen dafür waren gering.

      Nicht nur, dass er verheiratet war, hatte auch Paula Wessely einen Verehrer, und der scheute keine Mühen, sie regelmäßig in Prag zu besuchen. Sein Name war Siegfried Breuer, auch er sah gut aus und schien einen viel versprechenden Weg vor sich zu haben. Er und Paula hatten gleichzeitig an der Wiener Schauspielakademie studiert und sich später bei gemeinsamen Engagements wieder getroffen, irgendwann war aus jugendlichem Flirt Verliebtheit geworden. Dieser Siegfried Breuer, der eine beachtliche Filmkarriere machen sollte, war der Sohn des berühmten Hofopernsängers Hans Breuer, wodurch er schon seit seiner Kindheit eine enge Beziehung zum Theater hatte. Siegfried bemühte sich sehr um Paula, doch eines Tages kam es zu einer Begebenheit, die ihr missfiel.

      MARESA HÖRBIGER: »Ich weiß aus den Erzählungen meiner Mutter, dass sie einmal mit dem Siegfried Breuer nach einer Vorstellung in ein elegantes Restaurant zum Essen ging, was in der damaligen Zeit, jung wie sie waren, etwas Besonderes war. Als der Ober die Rechnung brachte, wurde sie ihr von Siegfried unterm Tisch zugeschoben, meine Mutter sollte zahlen! Sie war schrecklich enttäuscht, weil es damals selbstverständlich war, dass der Herr die Dame einlädt. Sie hat ihn dann kaum noch gesehen und seine Reisen von Wien nach Prag wurden seltener, bis sich ihre Wege trennten.«

      Die Wessely wird ihrem Verehrer wohl keine Träne nachgeweint haben, musste sie doch später erfahren, dass Siegfried Breuer insgesamt fünfmal verheiratet war – unter anderem mit den Schauspielerinnen Eva-Maria Meinecke und Maria Andergast.

      Paula Wessely war neunzehn, als sie und Attila Hörbiger einander zum ersten Mal begegneten. Am 20. Jänner 1907 als zweite Tochter des Ehepaares Anna und Carl Wessely in Wien zur Welt gekommen, schien sich eine Laufbahn als Schauspielerin – noch dazu als die bedeutendste ihrer Zeit – vorerst nicht abzuzeichnen. Ihr Vater war bürgerlicher Fleischhauermeister auf der Sechshauser Straße im fünfzehnten Bezirk, die Mutter half im Geschäft mit. Sämtliche Vorfahren des Ehepaares waren Handwerker, ein Großvater Schuster, der andere Müller. Väterlicherseits stammte die Familie aus Pirnitz in Mähren, wo sie noch »Vesely« hieß, mütterlicherseits aus Großweikersdorf bei Tulln in Niederösterreich.

      Studiert man den Stammbaum etwas genauer, findet sich dennoch ein Ast, der zum Theater führt, ein ziemlich kräftiger sogar. Carl, der Fleischhauer, hatte eine ältere Schwester, die zu ihrer Zeit als große Schauspielerin gefeiert wurde: Josephine Wessely war mit 18 Jahren Mitglied des Hofburgtheaters geworden und hatte dort eine glänzende Karriere gemacht. Auch sie wurde schon »die Wessely« genannt. Doch Josephine war, als Paula zur Welt kam, seit zwei Jahrzehnten tot. Sie starb 1887, nur 27 Jahre alt, während eines Gastspiels in Karlsbad, angeblich »an gebrochenem Herzen«, weil sie die Liaison mit einem verheirateten Grafen nicht verkraftet hatte. Der Wiener Theaterklatsch СКАЧАТЬ