Название: Sonderlinge, Außenseiter, Femmes Fatales
Автор: Michaela Lindinger
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902998644
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So gesehen hatte es Luziwuzi noch ganz gut erwischt. Soldatenuniformen für ihn selbst, silberne Livreen für seine Dienerschaft und goldene Räder für die Equipage waren zwar gestrichen, doch wurde er trotz dieser Degradierungen mit größter Achtung und Höflichkeit behandelt. Niemand ließ sich anmerken, dass »etwas geschehen« war. Franz Joseph aber blieb unerbittlich. Rückkehrgesuche nach Wien wurden abschlägig beschieden.
Daraufhin sei der ohnehin schon schrullige ältere Mann immer wunderlicher geworden. Angrenzend an das Schloss Kleßheim befand sich die Landesheilanstalt für Geisteskranke, deren ärztlicher Leiter Ludwig Viktor wohl gesinnt war und ihn in diesem Sinn behandelte. Der ehemalige Erzherzog Leopold Wölfling schrieb in seinen Memoiren: »Ich war damals in Salzburg und sah Ludwig Viktor oft. Wenn ich ihm begegnete, lächelte er sonderbar, und seine Blicke begannen umherzuirren. Er machte auf mich den Eindruck eines Menschen, der dem Irrsinn nahe ist.« Nach und nach war der Kranke ein entmündigter Gefangener geworden, über den 1915 die Kuratel verhängt wurde. Er war dem Kaiser, der unbotmäßige Leute gern der Psychiatrie überantwortete, zu lange auf die Nerven gegangen. Auch nach Franz Josephs Tod änderte sich für den Exilierten nichts. Es war Krieg und ganz andere Dinge hatten Ende 1916 Priorität. Der Journalist Max Reversi bedauerte, dass Ludwig Viktor »nicht die Kraft Ludwigs II.« aufwenden konnte, der »seinen Peiniger Dr. Gudden wirklich erdrosselt hat«. »Nur einmal, als einer der diebischen Verwalter mit einer gestohlenen Fuhre Holz an ihm vorbeikam, ohne zu grüßen, erhob er seinen Regenschirm gegen ihn; mehr brachte er nicht fertig« (Max Reversi).
Der 76-jährige Ludwig Viktor Habsburg-Lothringen war schon lange kränklich und erlag schließlich in der Zeit der Spanischen Grippe einer Lungenentzündung. Nichte Marie Valerie, Elisabeths Lieblingstochter und unermüdlich in familiären Belangen, stand als einzige Habsburgerin am Sterbebett ihres Onkels. Als jüngster Sohn von Erzherzogin Sophie hatte er die Monarchie überlebt, um ein paar Monate. Die Tragödie eines Außenseiters aus den allerbesten Kreisen war am 18. Jänner 1919 vorüber. In der Ersten Republik hätte es ohnehin keinen Platz mehr gegeben für die künstliche, parasitäre Spezies, der der Party-Erzherzog angehört hatte.
»Ergriffen«, wie er selbst schrieb, betrat Edmund Glaise-Horstenau 1943 noch einmal die »altbekannten Räume« im Schloss Kleßheim. Er war in Begleitung des kroatischen Faschistenführers Ante Pavelić, den er in Kleßheim, nun Hitlers Gästehaus, unterzubringen hatte. Dem »armen Fürstensohn« (Edmund Glaise-Horstenau) hatte der höchstwahrscheinlich homosexuelle Militär bis zu seinem unrühmlichen Ende im Lager Nürnberg-Langwasser die Treue gehalten. Seine Zusammenkünfte mit Ludwig Viktor waren für ihn »immer eine schöne Sache« gewesen.
Für den in Krems geborenen und von Franz Joseph für besondere wirtschaftliche Verdienste geadelten Tresor- und Kassenfabrikanten Baron Franz von Wertheim war es Anfang der »goldenen« 1860er-Jahre von Bedeutung, genau gegenüber von Ludwig Viktor zu wohnen. 1879 stand er vor seinem Ferstel-Palais am Schwarzenbergplatz, um den Makart-Festzug zu Ehren des Kaiserpaars aufzuhalten. Er wollte Fotos machen. Sehr junge Schauspielerinnen debütierten im privaten Wertheim-Palasttheater, wobei das Bühnentalent wohl nicht ausschlaggebend war. Im Zweifelsfall konnte der Hausherr die Elevinnen gleich zum Nachbarn Luziwuzi hinüberschicken, wurde doch diesem eine Schwäche für Balletteusen nachgesagt – in seinen Jugendjahren. Wertheim sammelte Orden für seinen Frack wie andere Tabaksdosen, verfasste ständig Eingaben für diese oder jene Auszeichnung, von der er meinte, sie verdient zu haben und trug das viele Blech bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, was eine Menge Spott, Hohn und Arbeit für die Karikaturisten der Stadt bedeutete.
Die Platzierung des Wertheim-Palastes just gegenüber von Ludwig Viktor verzieh der darob höchst erzürnte Erzherzog dem Parvenu-Baron übrigens nie.
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