Kampagne in Frankreich. Johann Wolfgang von Goethe
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Название: Kampagne in Frankreich

Автор: Johann Wolfgang von Goethe

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066110611

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СКАЧАТЬ Wirkung auszuüben pflegte. Das Übel war bald vorbei, und ich hielt mich nach wie vor desto lieber an die deutsche Küche, solange sie auch nur das mindeste leisten konnte.

      Als es zum Abschied ging, überreichte der gut gelaunte Wirt meinem

       Diener einen vorher versprochenen Brief nach Paris an eine Schwester,

       die er besonders empfehlen wolle; fügte jedoch nach einigem Hin- und

       Widerreden gutmütig hinzu: "Du wirst wohl nicht hinkommen."

      Den 11. September.

      Wir wurden also, nach einigen Tagen gütlicher Pflege, wieder in das schrecklichste Wetter hinausgestoßen; unser Weg ging auf dem Gebirgsrücken hin, der, die Gewässer der Maas und Aire scheidend, beide nach Norden zu fließen nötigt. Unter großen Leiden gelangten wir nach Malancourt, wo wir leere Keller und Küchen wirtlos fanden und schon zufrieden waren, unter Dach, auf trockener Bank eine spärliche, mitgebrachte Nahrung zu genießen. Die Einrichtung der Wohnungen selbst gefiel mir; sie zeugte von einem stillen, häuslichen Behagen: alles war einfach naturgemäß, dem unmittelbarsten Bedürfnis genügend. Dies hatten wir gestört, dies zerstörten wir; denn aus der Nachbarschaft erscholl ein Angstruf gegen Plünderer, worauf wir denn, hinzueilend, nicht ohne Gefahr dem Unfug für den Augenblick steuerten. Auffallend genug dabei war, dass die armen unbekleideten Verbrecher, denen wir Mäntel und Hemden entrissen, uns der härtesten Grausamkeit anklagten, dass wir ihnen nicht vergönnen wollten, auf Kosten der Feinde ihre Blöße zu decken.

      Aber noch ein eigneren Vorwurf sollten wir erleben. In unser erstes Quartier zurückgekehrt, fanden wir einen vornehmen, uns sonst schon bekannten Emigrierten. Er ward freundlich begrüßt und verschmähte nicht frugale Bissen; allein man konnte ihm eine innere Bewegung anmerken, er hatte etwas auf dem Herzen, dem er durch Ausrufungen Luft zu machen suchte. Als wir nun, früherer Bekanntschaft gemäß, einiges Vertrauen in ihm zu erwecken suchten, so beschrie er die Grausamkeit, welche der König von Preußen an den französischen Prinzen ausübe. Erstaunt, fast bestürzt, verlangten wir nähere Erklärung. Da erfuhren wir nun: der König habe beim Ausmarsch von Glorieux, unerachtet des schrecklichsten Regens, keinen Überrock angezogen, keinen Mantel umgenommen, da denn die königlichen Prinzen ebenfalls sich dergleichen Wetter abwehrende Gewande hätten versagen müssen; unser Marquis aber habe diese allerhöchsten Personen, leicht gekleidet, durch und durch genässt, träufelnd von abfließender Feuchte, nicht ohne das größte Bejammern anschauen können, ja er hätte, wenn es nütze gewesen wäre, sein Leben daran gewendet, sie in einem trockenen Wagen dahin ziehen zu sehen, sie, auf denen Hoffnung und Glück des ganzen Vaterlandes beruhe, die an eine ganz andere Lebensweise gewöhnt seien.

      Wir hatten freilich darauf nichts zu erwidern, denn ihm konnte die Betrachtung nicht tröstlich werden, dass der Krieg, als ein Vortod, alle Menschen gleich mache, allen Besitz aufhebe und selbst die höchste Persönlichkeit mit Pein und Gefahr bedrohe.

      Den 12. September.

      Den andern Morgen aber entschloss ich mich, in Betracht so hoher Beispiele, meine leichte und doch mit vier requirierten Pferden bespannte Chaise unter dem Schutz des zuverlässigen Kämmerier Wagner zu lassen, welchem die Equipage und das so nötige bare Geld nachzubringen aufgetragen war. Ich schwang mit, mit einigen guten Gesellen, zu Pferde, und so begaben wir uns auf den Marsch nach Landres. Wir fanden auf Mitte Wegs Wellen und Reisig eines abgeschlagenen Birkenhölzchens, deren innere Trockenheit die äußere Feuchte bald überwand und uns lohe Flamme und Kohlen, zur Erwärmung wie zum Kochen genugsam, sehr schnell zum besten gab. Aber die schöne Anstalt einer Regimentstafel war schon gestört: Tische, Stühle und Bänke sah man nicht nachkommen, man behalf sich stehend, vielleicht angelehnt, so gut es gehen wollte. Doch war das Lager gegen Abend glücklich erreicht; so kampierten wir unsern Landres, gerade Grandpré gegenüber, wussten aber gar wohl, wie stark und vorteilhaft der Pass besetzt sei. Es regnete unaufhörlich, nicht ohne Windstoß; die Zeltdecke gewährte wenig Schutz.

      Glückselig aber der, dem eine höhere Leidenschaft den Busen füllte! Die Farbenerscheinung der Quelle hatte mich diese Tage her nicht einen Augenblick verlassen; ich überdachte sie hin und wieder, um sie zu bequemen Versuchen zu erheben. Da diktierte ich an Vogel, der sich auch hier als treuen Kanzleigefährten erwies, ins gebrochene Konzept und zeichnete nachher die Figuren daneben. Diese Papiere besitz' ich noch mit allen Merkmalen des Regenwetters und als Zeugnis eines treuen Forschens auf eingeschlagenem, bedenklichem Pfad. Den Vorteil aber hat der Weg zum Wahren, dass man sich unsicherer Schritte, eines Umwegs, ja, eines Fehltritts noch immer gern erinnert.

      Das Wetter verschlimmerte sich und ward in der Nacht so arg, dass man es für das höchste Glück schätzen musste, sie unter der Decke des Regimentswagens zuzubringen. Wie schrecklich war da der Zustand, wenn man bedachte, dass man im Angesicht des Feindes gelagert sei und befürchten musste, dass er aus seinen Berg- und Waldverschanzungen irgendwo hervorzubrechen Lust haben könne.

      Vom 13. bis zum 17. September.

      Traf der Kämmerier Wagner, den Pudel mit eingeschlossen, bei guter Zeit mit aller Equipage bei uns ein: er hatte eine schreckliche Nacht verlebt, war nach tausend anderen Hindernissen im Finstern von der Armee abgekommen, verführt durch schlaf- und weintrunkene Knechte eines Generals, denen er nachfuhr. Sie gelangten in ein Dorf und vermuteten die Franzosen ganz nahe. Von allerlei Alarm geängstigt, verlassen von Pferden, die aus der Schwemme nicht zurückkehrten, wusste er sich denn so zu richten und zu schicken, dass er von dem unseligen Dorf loskam und wir uns zuletzt mit allem mobilen Hab und Gut wieder zusammenfanden.

      Endlich gab es eine Art von erschütternder Bewegung und zugleich von Hoffnung: man hörte auf unserm rechten Flügel stark kanonieren und sagte sich: General Clerfiat sei aus den Niederlanden angekommen und habe die Franzosen auf ihrer linken Flanke angegriffen. Alles war äußerst gespannt, den Erfolg zu vernehmen.

      Ich ritt nach dem Hauptquartier, um näher zu erfahren, was die Kanonade bedeute und was eigentlich zu erwarten sei. Man wusste daselbst noch nichts genau, als dass General Clerfait mit den Franzosen ahndgemein sein müsse. Ich traf auf den Major von Weyrach, der sich aus Ungeduld und Langeweile soeben zu Pferd setze und an die Vorposten reiten wollte; ich begleitete ihn, und wir gelangten bald auf eine Höhe, wo man sich weit genug umsehen konnte. Wir trafen auf einen Husarenposten und sprachen mit dem Offizier, einem jungen, hübschen Mann. Die Kanonade war weit über Grandpré hinaus, und er hatte Order, nicht vorwärts zu gehen, um nicht ohne Not eine Bewegung zu verursachen. Wir hatten uns nicht lange besprochen, als Prinz Louis Ferdinand mit einigem Gefolge ankam, nach kurzer Begrüßung und Hin- und Widerreden von dem Offizier verlangte, dass er vorwärts gehen solle. Dieser tat dringende Vorstellungen, worauf der Prinz aber nicht achtete, sondern vorwärts ritt, dem wir denn alle folgen mussten. Wir warne nicht weit gekommen, als ein französischer Jäger sich von fern sehen ließ, an uns bis auf Büchsenschussweite heransprengte und sodann umkehrend ebenso schnell wieder verschwand. Ihm folgte der zweite, dann der dritte, welche ebenfalls wieder verschwanden. Der vierte aber, wahrscheinlich der erste, schoss die Büchse ganz ernstlich auf uns ab, man konnte die Kugel deutlich pfeifen hören. Der Prinz ließ sich nicht irren, und jene treiben auch ihr Handwerk, so dass mehrere Schüsse fielen, indem wir unsern Weg verfolgten. Ich hatte den Offizier manchmal angesehen, der zwischen seiner Pflicht und zwischen dem Respekt vor einem königlichen Prinzen in der größten Verlegenheit schwankte. Er glaubte wohl, in meinen Blicken etwas Teilnehmendes zu lesen, ritt auf mich zu und saget: "Wenn Sie irgendetwas auf den Prinzen vermögen, so ersuchen Sie ihn, zurückzugehen, er setzt mich der größten Verantwortung aus: ich habe den strengsten Befehl, meine angewiesenen Posten nicht zu verlassen, und es ist nichts vernünftiger, als dass wir den Feind nicht reizen, der hinter Grandpré in einer festen Stellung gelagert ist. Kehrt der Prinz nicht um, so ist in kurzem die ganze Vorpostenkette alarmiert, man weiß im Hauptquartier nicht, was es heißen soll, und der erste Verdruss ergeht über mich ganz ohne meine Schuld." Ich ritt an den Prinzen heran und sagte: "Man erzeigt mir soeben die Ehre, mir einigen Einfluss auf Ihro Hoheit СКАЧАТЬ