Название: Sophienlust Box 16 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Sophienlust Box
isbn: 9783740972349
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Sie schaute ihn aus ihren unwahrscheinlich blauen Augen an und lächelte. »Die von Schoeneckers sind die gastfreieste Familie, die ich kenne. Darüber brauchen wir uns gewiss keine Sorgen zu machen.«
»Bleiben wir also morgen in Sophienlust«, beschloss Alexander Rethy. »Lexi will mir auch ihre Reitkünste zeigen. Darauf bin ich wirklich gespannt, denn Vivian ritt wie der Teufel. Sie war ein Naturtalent. Vielleicht hat unser Töchterchen diese Begabung geerbt.«
»Vivian muss eine ungewöhnliche Frau gewesen sein«, meinte Josefa leise.
»Sie war anders als alle Frauen, die mir in meinem Leben begegnet sind. Trotzdem habe ich sie verlassen. Ich kann mir selbst nicht mehr erklären, wie es dazu kommen konnte. Vielleicht, weil sie nicht mehr mit meiner Crew flog, sondern im Büro tätig war. Ich bin so faul und dumm im Schreiben. Sie mag wohl gedacht haben, ich wolle nichts mehr von ihr wissen, weil ich mich nicht bei ihr meldete. Später besuchte ich sie, doch sie war kühl und abweisend und zu stolz, um mir zu gestehen, wie bitter mein Schweigen sie gekränkt hatte. Sie ließ mich nichts von ihrer Erkrankung wissen und auch nichts davon, dass sie ein Kind erwartete. Ich blieb von diesem Tag an ausgeschlossen aus ihrem Leben. Trotzdem haben wir niemals aufgehört, einander zu lieben, obwohl ich es mir nicht eingestehen wollte. Aber wir haben beide ein Glück versäumt, das immerhin sechs Jahre hätte dauern können. Ich fürchte, dass ich mir das nie werde verzeihen können.«
»Sie haben Vivian wahrscheinlich in den letzten Stunden ihres Erdendaseins für all das entschädigt, was sie in den vergangenen sechs Jahren hatte entbehren müssen. Nie werde ich ihr glückliches Lächeln vergessen.« Josefa konnte darüber urteilen, denn sie war gemeinsam mit dem Kollegen Dr. Wellner Trauzeugin bei der Eheschließung gewesen.
»Wie lieb Sie das sagen, Josefa! Trotzdem kann ich mich von meinen eigenen Vorwürfen nicht so leicht freisprechen. Ich muss mit der Erinnerung an Vivian leben, mit dem Bewusstsein, dass ich mich ihr gegenüber schlecht benommen habe.«
»Ist es nur Schuldbewusstsein, das jetzt Ihre Haltung Alexa gegenüber bestimmt?«, forschte sie ein wenig erschrocken.
»Nein, ich liebe mein Kind. Ich muss mich nur daran gewöhnen. Es fällt mir immer wieder ein – ganz plötzlich, wenn ich die Maschine hoch in der Luft habe, wenn ich einen Sonnenaufgang erlebe oder einen besonders schönen Ausblick auf ein Gebirge mit Schnee, auf die sich kräuselnden Wellen des Meeres oder auch auf die unendliche, drohende Weite der Wüste Afrikas. In Deutschland wartet Vivians Kind auf mich! Das ist ein schöner Gedanke, der mich jedoch auch hin und wieder etwas erschreckt. Werde ich der Aufgabe, Alexa zu einem Menschen, wie Vivian es war, zu erziehen, gewachsen sein?«
»Das sind Sie sicher. Warum zweifeln Sie an sich? Sie sollten mehr Vertrauen zu sich selbst haben, dann würde das Verhältnis zwischen Ihnen und Lexi von selbst natürlicher werden.«
»Sie geben also zu, dass es das bis jetzt nicht ist?«
»Nun ja, Sie kennen einander ja kaum. Lexi sucht Ihre Liebe. Der Liebe ihrer Mutter konnte sie gewiss sein. Sicher hat Vivian in ihrer Verlassenheit das Kind täglich zärtlich in die Arme genommen und ihm versichert, dass sie es lieb habe. Jetzt ist sich Lexi nicht recht darüber klar, ob sie auch von Ihnen Liebe erwarten kann. ›Mag er mich eigentlich, Tante Josi?‹, fragte sie immer wieder. Doch es nützt nicht viel, wenn ich ihr das versichere. Alexa muss es selbst erleben und spüren. Dazu gehört Zeit und Geduld von Ihrer Seite.«
»Sie glauben also nicht an die Stimme des Blutes?«
»Doch, denn Lexi vertraut Ihnen und sucht Ihre Zuneigung. Aber für das Kind ist zu viel geschehen. Es muss die Dinge erst einmal innerlich verarbeiten. Manchmal weint Lexi bitterlich, weil ihre Mutti nicht wiederkommen kann. Aber meist gibt sie sich Mühe, fröhlich zu sein, weil sie Vivian dieses Versprechen gegeben hat.«
»Ich dachte, ein fünfjähriges Kind vergisst rasch.«
»Nein, Vivian wird von Lexi nie vergessen werden. Dazu ist das Kind innerlich schon zu reif. Im Grunde ist das auch gut so. Denn die Erinnerung an die Mutter ist etwas unendlich Kostbares.«
Sie konnten gut miteinander sprechen. So, wie Alexa sich bei Josefa ausweinen konnte, vermochte der Vater der Ärztin gegenüber all das auszusprechen, was sein Herz bewegte, seit das Kind auf dem Flughafen unerwartet vor ihm gestanden hatte.
Später schwammen sie um die Wette, und er konnte feststellen, dass die kluge Doktorin ausgezeichnete sportliche Fähigkeiten besaß. Doch er erinnerte sie rechtzeitig daran, dass sie sich wegen der überstandenen Krankheit nicht überanstrengen dürfte.
»Vorsicht, Josefa! Sie vergessen, dass Sie noch Patientin sind. Es ist zwar ein sehr plumper Versuch, meine eigenen schwachen Fähigkeiten im Schwimmen zu entschuldigen, aber wir sollten kein Wettschwimmen veranstalten, sondern uns gemächlich fortbewegen und dann wieder in die Sonne legen.«
Josefa lachte ihn an. »Sie können sowieso schneller schwimmen als ich, wenn ich auch im Gymnasium alle Schwimmpreise nach Hause holte und noch als Studentin allerlei Medaillen gewann. Aber Sie haben recht, ich darf mich nicht überanstrengen. Also werde ich vernünftig sein.«
Als die Sonne schon schräg stand, riefen sie Lexi, die das warme klare Wasser nur ungern verlassen wollte, sich aber am Ende doch anzog, als sie hörte, dass man unterwegs noch anhalten wolle, um Kuchen zu essen.
»Und Kakao?«, fragte sie, indem sie sich die Lippen leckte.
»Natürlich bekommst du Kakao – so wie damals, als wir uns kennengelernt haben.«
Lexi nickte. »Warum hast du mir nicht gleich gesagt, dass du mein Vati bist?«, forschte sie ernsthaft. »Das wäre viel besser gewesen.«
Alexander holte tief Atem und warf Josefa einen hilfesuchenden Blick zu.
»Vielleicht hat dein Vati gedacht, dass du es weißt«, warf die Ärztin vorsichtig ein.
»Nein, Lexi«, widersprach er, »ich will dich nicht anschwindeln. Ich habe es damals selbst nicht gewusst. Mutti hat es mir erst später gesagt.« Er sagte es, weil er das Gefühl hatte, er müsse seiner Tochter die Wahrheit sagen, ob sie sie nun verstehen könne oder nicht.
Lexi ließ sich von Josefa das feuchte blonde Haar kämmen und schlug die Augen zu ihrem Vater auf. »Na ja, ich hab’s auch nicht gewusst«, meinte sie gönnerhaft. »Bloß gut, dass meine Mutti es uns noch gesagt hat.«
Er legte die Hand auf die schmale Kinderschulter. »Ja, Alexa, darüber bin ich auch froh.«
*
Den folgenden Tag verbrachte Alexander Rethy auf Sophienlust. Er lernte auf diese Weise das Leben kennen, das seine Tochter dort führte. Alexa führte ihre beachtlich fortgeschrittenen Reitkünste vor und brachte es sogar fertig, das Pony nach getaner Arbeit selbst abzureiben und abzusatteln. Nur den Riegel der Box durfte Justus, der wohlwollend zugeschaut hatte, am Ende zuschieben, weil er für Lexi zu schwer war.
Auch eine Fahrt nach Bachenau stand auf dem Programm, wo Andrea von Lehn, Nicks verheiratete Schwester, die Gäste mit Pflaumenkuchen bewirtete und anschließend das berühmte Tierheim Waldi & Co. besichtigt wurde.
»Wie jung Frau von Schoeneckers Tochter aussieht. Man könnte sie für ein Schulmädchen halten«, raunte Alexander СКАЧАТЬ