David Copperfield. Charles Dickens
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Название: David Copperfield

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961183173

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      »David,« sagte Mr. Murdstone eines Tages nach dem Essen, als ich mich wie gewöhnlich entfernen wollte, »ich finde zu meinem großen Leidwesen, daß du von mürrischer Gemütsart bist.«

      »So brummig wie ein Bär!« sagte Miß Murdstone, Ich blieb vor ihnen stehen und ließ den Kopf sinken.

      »Und ich muß dir sagen, David,« sagte Mr. Murdstone, »eine mürrische und verstockte Gemütsart ist von allen die schlimmste.«

      »Und die Gemütsart dieses Jungen ist von allen, die ich bis jetzt gefunden habe, die verstockteste«, bemerkte seine Schwester. »Ich glaube, selbst du mußt es bemerken, liebe Klara!«

      »Ich bitte um Verzeihung liebe Jane,« sagte meine Mutter, »aber bist du auch wirklich sicher – du wirst es gewiß entschuldigen, liebe Jane – daß du Davy verstehst?«

      »Ich würde mich doch wahrhaftig vor mir selbst schämen, Klara, wenn ich den oder jenen andern Bengel nicht verstände«, erwiderte Miß Murdstone. »Ich maße mir nicht an, sehr scharfsinnig zu sein, aber ich mache wenigstens auf gesunden Menschenverstand Anspruch.«

      »Gewiß, liebe Jane,« entgegnete meine Mutter, »hast du einen sehr scharfen Verstand –«

      »Ach Gott, nein! Bitte, sage das nicht, Klara«, unterbrach sie Miß Murdstone ärgerlich-gereizt.

      »Aber ich weiß, daß dies der Fall ist,« begann meine Mutter von neuem, »und jedermann weiß es. Ich habe selbst in mancherlei Art so großen Nutzen davon – oder es sollte wenigstens sein – daß niemand mehr davon überzeugt sein kann als ich; und deshalb sage ich es mit großer Schüchternheit, liebe Jane.«

      »Ich will zugeben, daß ich den Knaben nicht verstehe, Klara«, sagte Miß Murdstone und rückte die kleinen Fesseln der Stahlarmbänder um ihre Knöcheln, zurecht. »Ich will zugeben, daß ich ihn gar nicht verstehe. Er ist viel zu tief für mich. Aber meines Bruders Scharfblick genügt vielleicht, einige Einsicht in seinen Charakter zu gewinnen. Und ich glaube, mein Bruder sprach über diese Frage, als wir ihn – nicht sehr höflich – unterbrachen.«

      »Ich glaube, Klara,« sagte Mr. Murdstone mit leiser, ernster Stimme, »es gibt bessere und unbefangenere Richter über diese Frage, als du bist.« »Eduard,« sagte meine Mutter schüchtern, »du bist natürlicherweise in solchen Fragen ein viel besserer Richter als ich. Und Jane gewiß auch. Ich sagte nur –«

      »Du sagtest nur etwas sehr Rücksichtsloses und Unüberlegtes«, erwiderte er. »Bemühe dich, es nicht wieder zu tun und nimm dich besser in acht, Klara!«

      Die Lippen meiner Mutter bewegten sich, als ob sie antwortete: »Ja, lieber Eduard!« Aber sie brachte keinen Laut hervor.

      »Ich habe zu meinem Leidwesen bemerkt, David,« sagte Mr. Murdstone von neuem zu mir, »daß du von verstockter Gemütsart bist. Ich werde nicht gestatten, daß sich ein solcher Charakter unter meinen Augen entwickelt, ohne daß ich einen Versuch mache, ihn zu bessern. Du mußt dich anstrengen, anders zu werden, David. Wir müssen uns bemühen, dich anders zu machen.«

      »Ich bitte um Verzeihung, Sir«, stotterte ich. »Es fällt mir gar nicht ein, verstockt zu sein, seitdem ich wieder hier bin.«

      »Nimm deine Zuflucht nicht zum Lügen, Knabe!« herrschte er mir so rauh zu, daß meine Mutter unwillkürlich ihre zitternde Hand ausstreckte, wie um uns auseinander zu halten. »Du ziehst dich in deiner Verstocktheit auf dein eigenes Zimmer zurück. Du bleibst in deinem Zimmer, wenn du hier sein solltest. Ich sage dir es jetzt ein für allemal, daß ich dich hier und nicht dort zu sehen erwarte. Ferner verlange ich, daß du Gehorsam mit hierher bringst. Du kennst mich, David. Ich will es so.«

      Miß Murdstone ließ ein heiseres Lachen vernehmen.

      »Ich will, daß du dich achtungsvoll, gehorsam und dienstwillig gegen mich und gegen Jane Murdstone und gegen deine Mutter benimmst«, fuhr er fort. »Ich will nicht haben, daß ein Kind nach seinem Belieben dieses Zimmer scheut, als wäre es verpestet. Setze dich!«

      Er befahl mir wie einem Hunde, und ich gehorchte wie ein Hund. »Noch eins«, sagte, er. »Ich bemerke, daß du einen Hang zu niedriger und gemeiner Gesellschaft hast. Du darfst nicht mit Dienstboten umgehen. In der Küche wirst du von den vielen Sachen, die dir noch fehlen, nichts lernen. Von dem Geschöpf, das dich darin bestärkt, Klara, will ich nichts sagen – da du«, fuhr er etwas leiser zu meiner Mutter gewendet, fort, »aus alter Erinnerung und langer Gewohnheit in bezug auf sie eine Schwäche zeigst, die noch nicht überwunden ist.«

      »Eine ganz unerklärliche Schwäche!« rief Miß Murdstone.

      »Ich sage nur,« fuhr er wieder zu mir gewendet fort, »daß ich es nicht billigen kann, wenn du solche Gesellschaft, wie Miß Peggotty ist, vorziehst, und daß du sie aufgeben mußt. Jetzt weißt du, was ich meine, David, und weißt auch, was die Folge sein wird, wenn du mir nicht buchstäblich gehorchst.«

      Ich kannte diese Folgen wohl – besser vielleicht, als er es dachte, soweit sie meine arme Mutter betraf – und ich gehorchte ihm buchstäblich. Ich zog mich nicht mehr auf mein Zimmer zurück; ich suchte nicht mehr eine Zuflucht bei Peggotty, sondern saß jeden langen Tag in der großen Wohnstube und sehnte mich nach dem Abend und nach dem Schlafengehen.

      Unter welchem peinlichen Zwang hatte ich zu leiden, wenn ich in einer Stellung stundenlang dasaß und mich fürchtete, einen Arm oder einen Fuß zu rühren, damit nicht Miß Murdstone (was sie bei jeder Gelegenheit tat) über mein unruhiges Wesen klagte, oder ein Auge zu bewegen, daß es nicht etwa einem Blicke der Abneigung oder des Forschens begegne, der neuen Stoff zur Beschwerde in meinem Blicke fand! Welche unerträgliche Langeweile, dem Ticken der Uhr zuzuhören, zu sehen, wie Miß Murdstone die kleinen glänzenden Stahlperlen aufreihte, sich den Kopf zu zerbrechen ob sie wohl einmal heiraten werde und welchen Unglücklichen, die Absätze am Kaminsims zu zählen und dann mit den Augen durch die labyrinthischen Verschnörkelungen der Tapete hinauf zur Decke zu schweifen.

      Wenn ich einsam auf den schmutzigen winterlichen Wegen spazieren ging, schleppte ich immer mit mir das Wohnzimmer herum, eine fürchterliche Last, ein Alpdrücken bei Tage, aus dem es kein Erwachen gab, ein Druck, der auf meinen geistigen Kräften lastete und sie abstumpfte.

      Und wie vielmal saß ich am Speisetisch schweigend und verlegen, und fühlte immer, daß ein Messer und eine Gabel zuviel da waren, und zwar meine, ein Appetit zuviel, und zwar meiner, ein Teller und ein Stuhl zuviel, und zwar meiner, eine Person zuviel, und zwar ich!

      Welche öden Abende, wenn die Lichter kamen und ich mich beschäftigen sollte, aber da ich ein unterhaltendes Buch nicht zu lesen wagte, eine unverdauliche Abhandlung über Arithmetik hernahm, wenn sich die Maß- und Gewichtstabellen Melodien anpaßten, wie »Heil dir im Siegerkranz« oder »Weg mit den Grillen und Sorgen«, und sich durch ein Ohr in meinen unglücklichen Kopf hineinbohrten und zum andern wieder hinausgingen!

      Was habe ich da zusammengegähnt und wie oft bin ich eingenickt, so sehr ich mich auch zusammennahm; wie oft fuhr ich aus meinem Schlafe empor, bemüht, ihn zu bemänteln! Nie habe ich eine Antwort erhalten, wenn ich einmal ein paar Worte wagte, was selten genug geschah; jedermann ignorierte mich, als ob ich nicht dagewesen wäre und doch war ich jedermann im Wege, und es war ein trübseliger Trost, Miß Murdstones Stimme den ersten Glockenschlag von neun Uhr abends verkünden zu hören und zu Bett geschickt СКАЧАТЬ