Название: David Copperfield
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783961183173
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Aus der versonnenen träumerischen Art, in der meine Mutter das Lied sang, schloß ich, daß sie allein sei, und ich trat leise in das Zimmer. Sie saß beim Feuer und säugte ein Kind, dessen kleines Händchen an ihrer Brust ruhte. Ihre Augen ruhten auf seinem Gesicht und sie sang ihm etwas vor. Sonst war sie ganz allein.
Ich sprach sie an, und sie fuhr zusammen, und ein Schrei der Überraschung tönte aus ihrem Munde. Aber als sie mich sah, nannte sie mich ihren lieben Davy, ihr geliebtes Kind, und kam mir entgegen, kniete vor mir nieder und küßte mich, und zog meinen Kopf an ihren Busen neben den kleinen Säugling, der dort ruhte, und drückte sein Händchen gegen meine Lippen.
Ich wollte, ich wäre dabei gestorben. Ich wollte, ich hätte dabei sterben können mit diesem Gefühle im Herzen! Ich hätte damals besser für den Himmel gepaßt, als seitdem zu irgend einer Zeit.
»Das ist dein Brüderchen«, sagte meine Mutter Und liebkoste mich. »Davy, mein armes Kind!« Dann küßte sie mich immer wieder und umhalste mich. So lag ich an ihrer Brust, als Peggotty hereingelaufen kam; sie stürzte auf den Boden neben uns hin und war eine Viertelstunde lang ganz verrückt.
Ich war nicht so zeitig erwartet worden, und der Fuhrmann war eher angekommen als gewöhnlich. Ich erfuhr auch, daß Mr. und Miß Murdstone einen Besuch in der Nachbarschaft machten und vor Schlafengehen nicht zurückkommen würden. Das hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Ich hatte mir nie vorgestellt, daß wir drei noch einmal allein und ungestört zusammen sein könnten, und mir war in jenem Augenblick zumute, als sei die alte Zeit zurückgekehrt! Wir aßen unser Mittag vor dem Kamin. Peggotty wollte uns bedienen, aber meine Mutter litt es nicht, und sie mußte mit uns am Tische essen. Ich bekam meinen alten Teller mit der braunen Ansicht eines Kriegsschiffs mit vollen Segeln, den Peggotty wahrend der ganzen Zeit meiner Abwesenheit irgendwo versteckt gehalten hatte, und den zu zerbrechen sie nicht um hundert Pfund erlauben würde, wie sie sagte. Auch meinen alten Krug, mit dem David darauf, bekam ich, sowie die kleinen stumpfen Messer und Gabel.
Als wir bei Tische saßen, hielt ich es für eine günstige Gelegenheit, den Auftrag von Mr. Barkis an Peggotty auszurichten. Ehe ich damit fertig war, fing sie an zu lachen und hielt die Schürze vors Gesicht.
»Peggotty!« sagte meine Mutter. »Was gibt's denn?«
Peggotty lachte nur noch mehr und hielt die Schürze noch fester vor ihr Gesicht, als sie meine Mutter wegziehen wollte, und ihr Kopf sah aus, als steckte er in einem Sack.
»Was hast du denn, du schnurriges Ding?«sagte meine Mutter.
»Ach, zum Kuckuck mit dem dummen Kerl!« rief Peggotty. »Er will mich heiraten.«
»Das wäre eine ganz gute Partie für dich,« sagte meine Mutter, »nicht wahr?«
»Ach, ich weiß es nicht«, sagte Peggotty. »Fragen Sie mich nicht. Ich möchte ihn nicht haben und wenn er von Gold wäre. Ich will gar niemand, haben.«
»Nun, warum sagst du's ihm nicht, du närrisches Ding?« sagte meine Mutier.
»Es ihm sagen?« entgegnete Peggotty und sah unter ihrer Schürze hervor. »Er hat mir noch nie ein Wort davon gesagt. Er weiß auch warum. Wenn er sich unterstehen wollte, so gäbe ich ihm eine ins Gesicht.«
Ihr Gesicht war so rot, wie ich es kaum jemals gesehen hatte, und wiewohl nie ein anderes so rot werden kann: sie deckte es denn auch gleich wieder zu und brach in heftiges Lachen aus, und nachdem sich dieser Anfall zwei- oder dreimal wiederholt hatte, aß sie ruhig weiter. Ich bemerkte, daß meine Mutter, obgleich sie lächelte, wenn Peggotty sie ansah, immer ernster und nachdenklicher wurde. Ich hatte von vorherein bemerkt, daß sie sich verändert hatte. Ihr Gesicht war noch sehr hübsch, aber es war viel hagerer geworden, und der Gram hatte tiefe Spuren darauf zurückgelassen; ihre Hand war so weiß und dünn, daß sie mir fast durchsichtig vorkam. Aber dazu kam noch eine andere Veränderung, die ich jetzt bemerkte, nämlich ein beklommenes und aufgeregtes Wesen. Endlich legte sie ihre Hand liebevoll auf die Hand ihrer alten Dienerin und sagte:
»Liebe Peggotty, du willst doch nicht jetzt heiraten?«
»Ich, Ma'am«, erwiderte Peggotty und sah sie mit großen Äugen an. »Behüte mich der Himmel, nein!«
»Nicht gerade jetzt?« sagte meine Mutter zärtlich.
»Nie!« rief Peggotty aus.
Meine Mutter ergriff ihre Hand und sagte:
»Verlaß mich nicht, Peggotty. Bleibe bei mir. Es wird vielleicht nicht lange nötig sein. Was sollte ich ohne dich anfangen?«
»Ich dich verlassen, Goldkind?« rief Peggotty. »Nicht um die ganze Welt. Wer hat das in das kleine törichte Köpfchen gesetzt?« – denn Peggotty war aus alter Zeit her gewohnt, mit meiner Mutter manchmal wie mit einem Kinde zu sprechen.
Aber meine Mutter gab ihr keine Antwort, außer einem einfachen Dank, und Peggotty fuhr in ihrer Weise fort:
»Ich Sie verlassen? Da möchte ich mich doch sehen.« Peggotty von Ihnen fortgehen? Da wollte ich sie kriegen! Nein, nein«, sagte Peggotty heftig, schüttelte den Kopf und schlug entschlossen die Arme übereinander. »Freilich gibt's ein paar Katzen, die sich darüber freuen würden, aber sie sollen sich nicht freuen. Sie sollen sich ärgern. Ich bleibe bei Ihnen, bis ich eine alte, mürrische Frau bin. Und wenn ich zu taub, zu lahm und zu blind bin, um noch von Nutzen sein zu können, und als zahnlose Alte nur noch mummeln kann, und sich keiner selbst nicht mehr die Mühe nimmt, mich zu schelten, dann gehe ich zu meinem Davy und bitte ihn, mich aufzunehmen.«
»Und ich werde mich freuen, dich zu sehen, Peggotty, und dich aufnehmen wie eine Königin«, sagte ich.
»Gott segne dein gutes Herz!« rief Peggotty. »Ich wußte das ja!« Und sie küßte mich im voraus in dankbarer Anerkennung meiner Gastlichkeit. Darauf deckte sie das Gesicht wieder mit der Schürze zu und lachte noch einmal über Mr. Barkis. Hierauf nahm sie den Säugling aus der Wiege und schaukelte ihn auf dem Arme. Dann räumte sie den Tisch ab, und erschien wieder mit einer andern Haube und ihrem Arbeitskästchen und dem Ellenmaß und dem Stückchen Wachslicht, ganz wie vor alters.
Wir saßen beim Feuer um den Kamin und unterhielten uns ganz prächtig! Ich erzählte Ihnen, welch strenger Schulmeister Mr. Creakle sei, und sie bedauerten mich sehr. Ich sagte ihnen, was für ein prächtiger Kerl Steerforth sei und wie er mich unter seinen Schutz nehme, und Peggotty sagte, sie hätte zwanzig Meilen gehen können, um ihn zu sehen. Ich nahm den Säugling, als er wieder aufwachte, auf meine Arme und wiegte ihn zärtlich. Als er wieder eingeschlafen war, setzte ich mich dicht neben meine Mutter nach altem Brauch und schlang die Arme um ihren Hals, wie ich es so lange nicht getan hatte, legte meine kleine rote Wange auf ihre Schulter und fühlte wieder einmal ihr schönes üppiges Haar mich umwehen – wie einen Engelsfittich, dachte ich immer – und war sehr glücklich.
Während ich so dasaß und ins Feuer sah und Gestalten in den glühenden Kohlen erblickte, kam es mir fast vor, als wäre ich niemals von Hause entfernt gewesen, und Mr. und Miß Murdstone wären nur Schattenbilder und würden wieder verschwinden, wenn das Feuer ausging, und von allen meinen Erinnerungen sei nichts wirklich und wahr, außer meine Mutter, Peggotty und ich.
Peggotty stopfte СКАЧАТЬ