Название: David Copperfield
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783961183173
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Doch erinnere ich mich noch recht gut der fernen Aussicht auf die Feiertage, die uns erst vor unendlich langer Zeit wie ein feststehender Punkt erschienen waren, der sich uns immer mehr näherte und beständig größer wurde, wie wir erst Monate und dann Wochen und dann Tage zählten, wie ich dann anfing zu fürchten, daß ich nicht nach Hause reisen werde, und wie ich, als ich von Steerforth erfuhr, daß man schon meine Heimreise angemeldet hatte, von einer dunklen Ahnung gequält wurde, ich könnte das Bein brechen. Wie dann endlich der Tag der Abreise rasch näher rückte, von der übernächsten Woche auf die nächste Woche, dann auf die gegenwärtige Woche, auf übermorgen, morgen, heute abend – wo ich in der Postkutsche von Yarmouth saß und nach Hause reiste.
Ich schlummerte mit vielen Unterbrechungen in der Kutsche und hatte manchen unzusammenhängenden Traum von allen diesen Dingen. Aber wenn ich manchmal aufwachte, war die Gegend draußen vor dem Fenster nicht der Spielplatz von Salemhaus, und was in meine Ohren tönte, war nicht Mr. Creakles krächzende Stimme, der eben Traddles abstrafte, sondern die des Kutschers, der die Pferde antrieb.
Achtes Kapitel. Die Ferien. Ein glücklicher Nachmittag.
Als wir, noch vor Tagesanbruch, in dem Gasthof ankamen, wo die Postkutsche hielt, der aber nicht der Gasthof war, wo mein Freund, der Kellner hauste, sondern es stand über seiner Tür »Delphin«, wies man mich in ein kleines hübsches Schlafzimmer. Ich weiß noch, wie sehr ich fror, trotz dem heißen Tee, den sie mir unten vor einem großen Feuer eingeschenkt hatten, und legte mich gern ins Bett, wickelte mich in die Bettdecke und schlief ein.
Mr. Barkis, der Fuhrmann, sollte mich morgens früh um neun Uhr abholen. Ich stand um acht Uhr auf, noch etwas benommen von dem kurzen Schlummer, und wartete auf ihn schon vor der bestimmten Zeit, Er empfing mich ganz so, als ob nicht fünf Minuten vergangen gewesen wären, seit wir uns zuletzt gesehen hatten, und als wäre ich nur in das Gasthaus getreten, um mir ein Sixpencestück wechseln zu lassen oder so was ähnliches.
Als ich und mein Koffer im Wagen waren und der Fuhrmann auf dem Bocke Platz genommen hatte, machte sich der faule Gaul in seinem alten trägen Trott mit uns auf den Weg.
»Sie sehen recht wohl aus, Mr. Barkis«, sagte ich, in der Meinung, daß es ihn erfreuen würde.
Mr. Barkis rieb sich die eine Backe mit dem Ärmel und sah dann diesen an, als ob er darauf etwas von der Röte seines Gesichts zu finden erwartete; aber eine andere Anerkennung des Kompliments gab er nicht von sich.
»Ich habe auch Ihre Botschaft ausgerichtet, Mr. Barkis«, sagte ich. »Ich habe an Pegotty geschrieben.«
»So, hm!« sagte Mr. Barkis, und schien verdrießlich zu sein und antwortete sehr kurz angebunden.
»War's nicht richtig, Mr. Barkis?« fragte ich nach einigem Zögern.
»Nu nein«, sagte Mr. Barkis.
»Nicht die Botschaft?«
»Die Botschaft war schon recht«, sagte Mr. Barkis. »Aber damit war's aus.« Da ich nicht verstand, was er meinte, wiederholte ich fragend: »Damit war's aus, Mr. Barkis?«
»Es war mal nichts damit«, sagte er und blickte mich von der Seite an. »Kam keine Antwort.«
»Sie erwarteten also eine Antwort, Mr. Barkis?« sagte ich und tat vor Verwunderung die Augen weit auf, denn nun ging mir ein ganz neues Licht auf.
»Wenn jemand sagt, er ist Willens,« sagte Mr. Barkis und wendete seine Augen langsam wieder auf mich, »dann heißt das so viel, wie der jemand wartet auf eine Antwort.«
»Nun ja, Mr. Barkis.«
»Nun ja«, sagte Mr. Barkis und stierte mit seinen Augen von neuem auf die Ohren des Pferdes. »Der jemand wartet immer noch auf eine Antwort.«
»Haben Sie ihr das gesagt, Mr. Barkis?«
»Hm«, brummte Mr. Barkis nachdenklich, nachdem er ein Weilchen überlegt hatte. »Es ist nicht mein Fall, ihr so etwas zu sagen. Hab' noch keine drei Worte mit ihr gesprochen. Ich kann's ihr so nicht sagen.«
»Soll ich's vielleicht für Sie tun, Mr. Barkis«, sagte ich schüchtern.
»Das könnten Sie schon, wenn Sie wollen,« schmunzelte er, »und sagen, daß Barkis, auf eine Antwort wartet. Sagen Sie mal, wie ist eigentlich der Name?«
»Ihr Name?«
»Hm!« sagte Mr. Barkis mit einem Kopfnicken.
»Peggotty!«
»Taufname oder Vatersname?« sagte Mr. Barkis.
»Oh, das ist nicht ihr Taufname. Der ist Klara.«
»I der Tausend!« machte Mr. Barkis.
Dieser Umstand schien Anlaß zum tiefsten Nachdenken zu geben, denn er saß eine lange Zeit da und pfiff leise vor sich hin.
»Nun ja«, fing er endlich wieder an. »Sagen Sie also: Peggotty, Barkis wartet auf Antwort. Sagt sie vielleicht: ›Antwort worauf?‹ Sagen Sie, auf das, was ich ihr gesagt habe. ›Was ist das?‹ sagt sie. Barkis ist willens, sagen Sie.«
Diesen außerordentlich schlauen Rat begleitete Mr. Barkis mit einen freundschaftlichen Stoß mit dem Ellbogen, daß mir die Seite wehtat. Darauf hockte er wieder wie gewöhnlich ruhig auf seinem Platze, kam nicht wieder auf das Thema zurück, und blieb in dieser Stellung, bis er eine halbe Stunde später ein Stück Kreide aus der Tasche holte und inwendig auf die Seite des Wagens mit großen Buchstaben schrieb: Klara Peggotty – offenbar als Privatnotiz.
Ach welch seltsames Gefühl war es doch, sich dem heimischen Hause zu nähern, in dem man sich nicht mehr heimisch fühlt, und zu finden, daß jeder Gegenstand, den man erblickt, uns an das alte liebe Daheim erinnert, das wie ein Traum erscheint, den man nie wieder träumen kann! Die Tage, da meine Mutter, Peggotty und ich einander alles in allem waren, da sich niemand zwischen uns drängte, stiegen unterwegs so schmerzlich vor meinem Geiste auf, daß ich nicht wußte, ob es nicht besser gewesen wäre, fern geblieben zu sein und jene Zeiten in Steerforths Gesellschaft zu vergessen. Aber ich war einmal da, und schon stand ich vor unserm Hause, – die kahlen alten Ulmen reckten alle ihre Arme in die schaurig kalte Winterluft wie verzweifelnd empor und Stücke der alten Krähennester trieben im Winde.
Der Fuhrmann lud meinen Koffer an der Gartentür ab, verließ mich dann, und ich ging durch den Garten auf das Haus zu, sah nach den Fenstern und fürchtete jeden Augenblick Mr. Murdstone oder Miß Murdstone zu erblicken. Es zeigte sich jedoch kein Gesicht. Ich erreichte indessen das Haus und, da ich die Tür bei Tage ohne anzuklopfen zu öffnen wußte, trat ich leise und schüchtern ein.
Gott weiß, wie kindlich die Erinnerung gewesen sein mag, die in mir erwachte, als ich draußen im Flur vor der alten Wohnstube meiner Mutter Stimme vernahm. Sie sang leise vor sich hin. Ich glaube, ich muß in ihren Armen gelegen und sie СКАЧАТЬ