David Copperfield. Charles Dickens
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Название: David Copperfield

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961183173

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СКАЧАТЬ zahlreich, sehr schwer – einige vollkommen unverständlich für mich – und sie verblüfften mich meistens ebensosehr wie wahrscheinlich meine arme Mutter selber. Ich will mir einmal ein Beispiel, wie es dabei an einem solchen Morgen zuzugehen pflegte, in meine Erinnerung zurückrufen.

      Nach dem Frühstück trete ich in unser zweitbestes Wohnzimmer mit meinen Büchern, einem Übungsheft und einer Schiefertafel. Meine Mutter erwartet mich bereits an ihrem Schreibtische, aber viel mehr noch erwarten mich Mr. Murdstone in seinem Lehnstuhl am Fenster, obwohl er anscheinend ein Buch liest und Miß Murdstone, die in der Nähe meiner Mutter sitzt und Stahlperlen auf einen Faden reiht. Der bloße Anblick der beiden Geschwister übt einen so verwirrenden Einfluß auf mich, daß ich fühle, wie die von mir mit unsäglicher Qual eingebüffelten Worte unwiederbringlich entschwinden. Nebenbei gesagt: ich möchte wirklich wissen, wohin sie eigentlich immer verschwinden?

      Ich überreiche das erste Buch der Mutter, vielleicht ist es Geographie, Grammatik oder Geschichte, und werfe schnell noch einen verschwimmenden letzten Blick auf die aufgeschlagene Seite, dann leiere ich im raschesten Tempo her, was mir noch frisch im Gedächtnisse haftet. Da stolpere ich über ein Wort. Mr. Murdstone blickt auf. Ich stolpere über ein zweites. Miß Murdstone blickt auf. Ich werde rot, mache noch ein halb Dutzend Schnitzer und bleibe stecken. Ich glaube, meine Mutter möchte mich ins Buch sehen lassen, wenn sie sich nur getraute, aber sie getraut es sich nicht und sagt nur sanft:

      »O Davy, Davy!«

      »Jetzt, Klara, sei fest mit dem Jungen. Sage nicht: o Davy, Davy! Das ist kindisch. Entweder kann er seine Lektion oder er kann sie nicht!«

      »Er kann sie nicht!« fällt Miß Murdstone in schrecklichem Tone ein.

      »Ich fürchte, er kann sie nicht«, sagt Meine Mutter.

      »Also, Klara, mußt du ihm das Buch zurückgeben und es ihm begreiflich machen.« »Ja, liebe Jane, das will ich. Also, Davy, versuchen wir's noch einmal, und sei recht gescheit.«

      Aber ich bin nichts weniger als gescheit. Bei der Wiederholung verwickele ich mich an einer Stelle, über die ich vorhin glatt hinwegkam und noch dazu in einem Stück, das ich sonst sehr gut konnte. Aber nun halte ich an, sitze fest und habe keine Gedanken mehr für meine Lektion. Ich denke darüber nach, wieviel Ellen Spitzen wohl Miß Murdstones Haube enthält, was Mr. Murdstones Ausgehrock kosten mag, oder über etwas ähnlich Albernes, was mich gar nichts angeht und womit ich auch gar nichts zu tun haben will. Mr. Murdstone macht eine Bewegung der Ungeduld, was ich längst erwartet habe. Miß Murdstone desgleichen. Meine Mutter sieht unterwürfig zu ihnen hinüber, klappt das Buch zu und legt es einstweilen als rückständige Leistung beiseite, die abgearbeitet werden muß, bevor ich andere Aufgaben erledigt habe.

      Aber der Stoß des »einstweilen beiseite Gelegten« wird immer größer und wächst an wie ein gewälzter Schneeball, und je größer er wird, desto dümmer werde ich. Der Fall ist so hoffnungslos, und ich fühle mich so tief in einem wahren Morast von Unsinn stecken, daß ich alle Gedanken auf ein Entrinnen aufgebe und mich meinem Schicksal überlasse. Es ist ein gar melancholischer Anblick, wie wir beide, ich und meine Mutter, uns mit kläglichen Blicken anschauen, während ich immer weiter holpre und stolpre. Manchmal, wenn sie sich unbeobachtet wähnt, versucht es meine Mutter, mir das, was ich nicht weiß, durch lautloses Sprechen mit der Lippenbewegung anzudeuten. Aber sofort läßt Miß Murdstone, die nur darauf gelauert hat, ihre tiefe, warnende Stimme vernehmen: »Klara!«

      Meine Mutter schrickt zusammen, errötet und lächelt verlegen. Mr. Murdstone erhebt sich aus seinem Stuhle, packt das Buch, wirft es nach mir oder schlägt es mir um die Ohren, und führt mich beim Kragen aus dem Zimmer. Selbst wenn ich die Lektion einigermaßen hergesagt habe, wartet meiner noch das Schlimmste in Gestalt eines schauerlichen Rechenexempels, das Mr. Murdstone eigens für mich erdacht hat, und das so anfängt: Wenn ich zum Käsehändler gehe und fünftausend Doppel-Gloucester-Käse kaufe, das Pfund zu 4 1/2 Pence usw. –« wobei sich Miß Murdstone vor Freude nicht zu fassen weiß. Ich sitze und druckse auf diesen Käsen, ohne die geringste Aussicht auf ein günstiges Resultat, bis Mittag, wo ich dann, zum Mulatten verwandelt, da ich mir den Schmutz von der Schiefertafel ins Gesicht gerieben habe, zu den gedachten Käsen nur eine Brotschnitte erhalte und für den ganzen übrigen Tag in Ungnade verfallen bin.

      Mir scheint fast, daß meine Studien in jener fernliegenden Zeit fast regelmäßig derart verliefen:

      Und ich hätte ohne die Murdstones so gut arbeiten können, aber ihre Gegenwart war von einem Einfluß auf mich gleich dem Zauber zweier Schlangen auf ein junges Vöglein. Selbst wenn ich leidlich gut am Vormittag abgeschnitten hatte, gewann ich damit kaum etwas anderes, als das Mittagbrot. Denn, sowie mich Miß Murdstone nur ein Weilchen ohne Aufgabe sah, sogleich lenkte sie ihres Bruders Aufmerksamkeit darauf, indem sie sagte: »Klara, meine Liebe, es geht nichts über die Arbeit – gib deinem Jungen eine Übung auf.« – Und flugs wurde mir eine neue Aufgabe aufgehalst. Von einer Erholung unter Altersgenossen war daher bei mir so gut wie nicht die Rede, denn die düstere Religion der Murdstones hielt bereits die Kinder für ein so verdorbenes Otterngezücht (und doch ward einst ein Kind in die Mitte der Jünger gestellt!), daß sie untereinander die gegenseitige Verderbnis nur förderten.

      Die natürliche Folge dieser Behandlungsweise, die vielleicht ein halbes Jahr gedauert haben mochte, war die, daß ich ein Kind von schweren Begriffen und von mürrischer und verstockter Gemütsart wurde. Und was nicht wenig dazu beitrug, war das Gefühl, daß ich mich meiner Mutter täglich mehr entfremdete: ich glaube, ohne einen glücklichen Umstand wäre ich fast blödsinnig geworden.

      Es war dies folgender. Mein Vater hatte eine kleine Büchersammlung in einem Zimmerchen neben meiner Schlafstube hinterlassen, zu der ich Zutritt hatte und um die sich niemand kümmerte als ich. Aus diesem gesegneten kleinen Stübchen kam eine erhabene Schar von Helden zu mir: Roderick Random, Peregrine Pickle, Humphrey Clinker, Tom Jones, der Vicar von Wakefield, Don Quixote, Gil Blas und Robinson Crusoe, eine herrliche Schar, um mir Gesellschaft zu leisten. Sie erhielten meine Phantasie und meine Hoffnungen lebendig darauf, daß es noch etwas jenseits dieses Ortes und dieser Zeit gäbe – sie, und Tausend und eine Nacht und die persischen Märchen – und taten mir keinen Schaden, denn das Unreine, das in einigen war, war für mich nicht da, weil ich nichts davon wußte. Ich muß mich wirklich noch jetzt wundern, wie ich in meiner Plackerei über anstrengende und obendrein unlösbare Aufgaben noch Zeit fand, diese Bücher so zu lesen, wie ich es tat. Es kommt mir wunderbar vor, wie für mich in meinen kleinen Leiden (es waren aber damals für mich sehr schwere Leiden) ein Trost war, wenn ich die Rollen meiner Lieblingscharaktere in diesen Geschichten auf mich übernahm und Mr. und Miß Murdstone die Rollen von Bösewichtern übertrug. Ich bin eine ganze Woche lang Tom Jones gewesen – ein sehr kindlicher harmloser Tom Jones! – Die Rolle Roderick Randoms, wie er mir erschien, habe ich einen Monat lang gespielt. Einen wahren Heißhunger hatte ich auf ein paar Bände Reisebeschreibungen in diesem Bücherschrank! Ich weiß nicht mehr, wie sie hießen.

      Tage und Tage lang ging ich durch meine Region des Hauses bewaffnet mit dem Mittelstück aus einem alten zerbrochenen Stiefelständer, als leibhaftiges Ebenbild von Kapitän X. der königlich britischen Marine, der in Gefahr ist, von Wilden überfallen zu werden und sein Leben teuer zu verkaufen beabsichtigt. Es tat der Würde dieses Kapitäns keinen Abbruch, daß er fast täglich mit der lateinischen Grammatik geohrfeigt wurde. Diese Schande traf nur mich: der Kapitän selbst blieb Kapitän und war ein Held trotz allen Grammatiken in sämtlichen lebenden und toten Sprachen.

      Das war mein einziger und beständiger Trost. Wenn ich daran denke, tritt mir immer ein Sommerabend vor Augen, wie die Kinder draußen auf dem Kirchhofe spielten und ich auf dem Bette saß und so eifrig las, als ob es das Leben gelte. Jede Scheune in der Nachbarschaft, jeder Stein in der Kirche, jeder СКАЧАТЬ