Название: Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Staffel
isbn: 9783740918064
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»Er sah mich gleich ohne Brille. Ich wollte es dir morgen sagen, Till. Du bist mir zuvorgekommen.«
»Ich wollte schon den ganzen Tag mit dir sprechen, aber du bist mir ausgewichen, Vicky.«
Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Nein, ich bin dir nicht ausgewichen. Ich hatte Angst.«
»Wovor?«
»Muß ich denn keine Angst haben, Till? Ich habe euch doch so tief enttäuscht, Onkel Korbinian und dich. Ich komme als ein zerstörtes Wesen zurück. Sollte ich erwarten, daß ihr mich mit offenen Armen aufnehmt?«
»Ein zerstörtes Wesen?« wiederholte er leise. »Du bist die mutigste Vicky, die mir je begegnet ist. Sei jetzt still! Sei ganz still, Vicky! Wir werden noch viel Zeit haben, miteinander zu sprechen.«
Seine Lippen legten sich auf ihren Mund, zärtlich und voll ungestümer Sehnsucht.
Es war so, wie sie es zu Onkel Korbinian gesagt hatte. Sie konnte nicht mehr denken, sie konnte nur noch fühlen, und sie war jung wie damals in jener warmen Sommernacht, als Till sie zum erstenmal küßte, so jung, daß sie seinen Kuß erwiderte, als lägen nicht zehn Jahre dazwischen.
*
Im Hotel »Zur Post« ging es an diesem Abend hoch her.
»Diese Amerikaner«, sagte Maria Dosch grimmig. »Brauchen die denn gar keinen Schlaf?«
»Reg dich nicht auf, Mutti«, meinte Kurt beruhigend. Sie bringen doch Geld.«
»Und uns und unsere anderen Gäste um die Nachtruhe«, seufzte sie. »Davon abgesehen, daß sie unsere Stammgäste schon vertrieben haben.«
»Die werden schon wiederkommen. Mit unserm Hasenrücken locken wir sie bestimmt zurück.«
»Mir paßt es nicht, daß sie Heli wie ein Amüsiermädchen behandeln«, fuhr Maria Dosch ungehalten fort.
»Ach was, du siehst da viel zu schwarz. Sie haben halt gern weibliche Gesellschaft. Heli kann sich ihrer Haut schon wehren, wenn einer zu stürmisch ist. Geh schlafen, Mutti.«
»Schlafen soll ich, wenn sie grölen?«
»Sie sind halt lustig und meinen, daß man in Deutschland singen muß, wenn man fröhlich ist.«
»Ich will doch schauen, was sie da mit der Heli treiben«, beharrte sie.
Kurt lächelte nachsichtig, denn da gab es wirklich nicht viel zu sehen als einige sehr vergnügte Männer, die sich wohl gar nicht bewußt waren, welchen Lärm sie machten.
Heli bemerkte nicht, daß ihre Mutter sich näher herangeschoben hatte, nun doch sehr stolz, daß ihre Tochter sich so gut in der englischen Sprache verständigen konnte. Aber da horchte Maria Dosch plötzlich auf, denn ein Name fiel, der in dieser Runde mehr als ungewöhnlich klingen mußte.
Der Mann, der ihn ausgesprochen hatte, war mittleren Alters und sah sehr gut aus, weit attraktiver als die beiden anderen.
»Viktoria Lindberg?« wiederholte Heli fragend.
»Was will er wissen?« fragte jetzt Maria Dosch rasch.
Vier Köpfe fuhren herum, und vier Augenpaare sahen sie erstaunt an. Heli ein wenig peinlich berührt.
»Der Herr hat nach Viktoria Lindberg gefragt.«
»Ja, das habe ich«, erklärte er in recht gutem Deutsch und auch für Maria verständlich. »Sie stammte doch aus dieser Stadt Hohenborn.«
»Ja«, entgegnete Maria wortkarg. »Lebt sie jetzt wirklich hier?« fragte er nun.
»Nein. Sie hat Hohenborn vor zehn Jahren verlassen und ist nicht zurückgekehrt«, antwortete Maria wortkarg.
»Es ist möglich, daß Sie noch nicht Kenntnis haben davon«, bemerkte der Fremde, »oder sie ist nicht erkannt worden. Sie könnten mir nicht sagen, welche Freunde sie hier hat oder Verwandte?«
»Sie hat keine Freunde mehr und keine Verwandten«, sagte Maria scharf und warf Heli einen warnenden Blick zu. »Sie hat die Brücken abgebrochen, und niemand baut sie wieder auf. Heli, ich denke, du solltest jetzt zu Bett gehen.«
*
Maria hatte auf Heli gewartet. Sie kam bald. Unwillen drückte sich in ihrem Mienenspiel aus.
»Du warst nicht gerade höflich, Mutter«, sagte sie vorwurfsvoll. »Es sind alles sehr gebildete Männer. Und da Mr. Gorden Viktoria sehr gut gekannt hat, brauchtest du ihn nicht so unfreundlich abzuspeisen. Er ist sehr interessiert, sie zu finden, und vielleicht hätte ihm der Gruber-Bauer weiterhelfen können.«
»Hast du seinen Namen erwähnt?« fuhr Maria ihre Tochter an.
»Nein, nach deinen vernichtenden Blick ist mir ja die Spucke weggeblieben. Was hast du eigentlich? Warum tust du so, als wäre Viktoria für uns erledigt?«
»Fremde geht das gar nichts an. Und wenn sie hier ist oder hierher käme«, schwächte sie ihre Bemerkung schnell ab, »so wird sie unbehelligt bleiben wollen. Von uns erfährt niemand etwas. Hast du verstanden?«
»Ich könnte doch gar nichts sagen«, murrte Heli. »Ich würde sie nicht mal erkennen. Schließlich war ich ein Kind, als sie weggegangen ist. Aber sie hatte einen schweren Unfall, und sicher hat sie Freunde, die ihr gern helfen möchten. Mr. Gorden gehört dazu. Er ist ein ganz bekannter Werbemanager. Und außerdem ist er gescheit genug, sie auch ohne unsere Hilfe zu finden.«
Ich muß es Viktoria sagen, dachte Maria. Ich muß sie warnen. Vielleicht weiß er sogar, daß sie den Namen Burg benutzt.
*
Irgendwann war Viktoria ganz plötzlich eingeschlafen. Vielleicht mitten im Gespräch.
Till hatte ihre Hände gehalten und gestreichelt, und sie war ganz ruhig geworden.
Als sie nun die Augen aufschlug, war er noch immer bei ihr und hielt ihre Hände. Sein Gesicht war ihr ganz nahe. Seine Lippen berührten ihre Stirn an der Stelle, wo sich die Narbe befand.
»Till«, sagte sie glücklich, »liebster Till!«
Er nahm sie in die Arme und küßte sie zärtlich.
»Nun wird doch noch alles gut werden, Vicky«, flüsterte er.
Sie brauchte sich nicht mehr zu verbergen, sie brauchte nicht mehr zu lügen, und vor allem ihn brauchte sie nicht mehr zu täuschen.
»Guter Gott, wie spät ist es eigentlich?« fragte sie erschrocken. »Hast du gar nicht geschlafen?«
»Es ist gerade erst Mitternacht«, erwiderte er lächelnd. »Du warst so müde. Du bist heute so viel herumgerannt. Du hast gar nicht lange geschlafen.«
»Aber du mußt jetzt schlafen. Morgen mußt du СКАЧАТЬ