Название: Moonlight Romance Staffel 3 – Romantic Thriller
Автор: Scarlet Wilson
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Moonlight Romance Staffel
isbn: 9783740953201
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Jan-Herbert von Schwandorff hatte dem Ganzen amüsiert zugesehen. Kein Zweifel, die alte Dame hatte Stil, wenn sie auch nicht besonders üppig mit irdischen Gütern ausgestattet zu sein schien. Galant half er ihr über die hölzernen Planken auf das vordere Schiff, das sie nebeneinander überquerten, um dann die »Danubia Queen« zu betreten.
Unmittelbar neben der Rezeption wurden sie vom Kapitän des Kreuzfahrtschiffes empfangen, der sich in etwas holprigem Deutsch als »Georgi Stojanow« vorstellte.
Neben ihm stand die Dame der Reiseleitung, Annegret Huber, deren herzliches »Grüß Gott« sie als Süddeutsche auswies.
*
Das transsilvanische Schloss Dragovac liegt inmitten weitläufiger, dunkler Wälder, in denen neben Bären und Luchsen auch menschliche Bestien herumstreifen, die in keinem Zoologischen Garten zu besichtigen sind und deren Existenz von Zweiflern weltweit in Frage gestellt wird. Lediglich die Literatur hat sich ihrer angenommen, doch eben deswegen wird ihr tatsächliches Vorhandensein umso heftiger und nachhaltiger bestritten. Das geht nach dem Grundsatz, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.
Zum Schloss Dragovac gehört eine kleine gleichnamige Ortschaft, deren einfache Hütten nur noch teilweise bewohnt sind. Denn es ist beschwerlich, hier inmitten der waldreichen Einöde zu leben; die Annehmlichkeiten westlicher Zivilisation sind noch nicht in stärkerem Ausmaß bis hierher vorgedrungen, selbst Elektrizität ist selten anzutreffen, da sich kaum einer der hier lebenden Bevölkerung dies leisten kann – kostenmäßig. Abendliches Licht wird meist von aus Bienenwachs geformten Kerzen gespendet und geheizt wird während des harten Winters nicht mit Gas oder Öl, sondern mit großscheitigem Holz, das es allerdings in reichlichem Umfang gibt.
Einzig das Schloss und seine Bewohner verfügen über gewisse Annehmlichkeiten, von denen aber die gemeinen Dörfler rein gar nichts wissen. Das ist ganz simpel zu erklären: die Dorfbewohner sind ganz »normale« Menschen; sie glauben zu wissen, dass die im Schloss etwas anders veranlagt sind, aber Genaues ist ihnen nicht bekannt.
Auf den in mühsamer Plackerei dem Wald abgerungenen Feldern wachsen Rüben und Kartoffeln in großen Mengen, aber schon der Getreideanbau ist wenig ertragreich und oft genug vernichtet die harte Witterung, die krassen Gegensätze zwischen Heiß und Kalt, auch noch die letzten kärglichen Reste einer möglichen Ernte.
Diese Hinweise mögen genügen, um darzustellen, wie abgelegen und vom Rest der Welt abgeschnitten Schloss Dragovac im hintersten Teil von Transsilvanien liegt. Entsprechend scheel wird dieses Hinterweltlertum vom restlichen, modernen Rumänien angesehen. Auch sei der Hinweis gestattet, dass die durch die Schlossbewohner betriebene strikte Abschottung ihres Herrschaftsbereichs von der restlichen Welt die Ärmlichkeit von Region und Bewohnern nur noch verstärkt. Absichtlich verstärkt.
Heute herrschte Aufregung auf Schloss Dragovac. Fürst Georghiu saß mit Gemahlin und seinen drei Söhnen, eine Tochter war ihm bislang nicht geschenkt worden, beim späten Nachmittagsplausch, als ihm die Meldung überbracht wurde.
»Eine Nachricht, Euer Gnaden! Eine dringende Nachricht!« stammelte der Bote, der in einem Gewaltritt vom Donauufer quer durch das riesige Waldgebiet die Distanz in einer Rekordzeit zurückgelegt hatte. Karolo war ein Eingeweihter, der seine Aufgabe darin sah, den Bestand der Dragovac-Dynastie zu unterstützen und damit zu gewährleisten.
»Gebt ihm einen Becher vom roten Wein!« befahl der Fürst. »Und auch vom Braten und den Würsten. Er muss wieder zu Kräften kommen!«
Und während der Mundschenk und die Magd alles wie befohlen herrichteten, lauschte die fürstliche Familie der Kunde von weither:
»Es ist weitergegeben worden, dass der Nachkömmling einer zweifachen Mischehe in diese Region unterwegs ist. Und es ist uns auch mitgeteilt worden, dass es wichtig wäre, diesen zu einem der Unsrigen zu machen.«
Ein Mischling – das war schon etwas Seltenes für die Bewohner von Schloss Dragovac, denn ein Mischling war ein Bastard aus einer Verbindung von Ihresgleichen mit einem sogenannten Normalen. Ein zweifacher Mischling wiederum war ein Abkömmling aus der geschlechtlichen Verbindung zwischen einem Mischling und einem Normalen. Wobei es gleichgütig war, welcher der jeweiligen Partner weiblichen oder männlichen Geschlechts gewesen war.
Mischlinge waren für den Bestand des Clans wichtig, denn sie sorgten für eine Blutauffrischung in der Gemeinschaft. Etwas, das durch den Biss in den Hals eines Normalen nur unwesentlich ergänzt werden konnte.
Während Karolo gierig das Essen hinunterschlang und den Wein fast in einem Zug kippte, herrschte Stille am Tisch, denn auch die fürstliche Familie hatte mit dem Speisen begonnen. Dann aber, nachdem der Fürst sein Besteck beiseitegelegt hatte, war der Bote dabei, auch noch den Rest der Botschaft zu verkünden.
»Auf dem Schiff, das den großen Fluss hinunterfährt, soll sich auch ein Spürhund befinden, der von jenem weltweiten Netz, das alle Kontinente von Amerika bis zur Antarktis überspannt, beauftragt ist, die Unsrigen zu verfolgen.«
Das schreckte den Fürsten Georghiu, sonst eher lethargisch in seiner Machtfülle verharrend, plötzlich auf: »Wir müssen alles tun, damit jener Suchende zu uns findet!« ordnete er an. »Es ist das Blut, das zählt. Unser Blut, auch wenn es nur noch anteilig vorhanden ist.«
Und seine Frau Constanta bestärkte ihn darin mit einem lauten »Ja! Ja! Ja!«, während sie sich ihren von der allzu dicken Soße bekleckerten Mund abwischte.
Nun schien der Fürst der Meinung zu sein, damit genügend geäußert zu haben, jedenfalls schwieg er beharrlich und entließ Karolo mit verabschiedender Geste. Dieser war bereits daran gewöhnt, dass hier nur Allgemeines, nie etwas Konkretes angeordnet wurde. Sollten die Verantwortlichen am Rande des Waldgebietes nahe der Donau die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.
Damit machte er sich auf den Rückweg. Es war immer etwas unheimlich, hierher zu kommen. Schon manches Mal hatte er befürchtet, nicht heil wieder wegreiten zu können. Aber die Bezahlung war gut, und von irgendetwas musste er mit seiner Familie schließlich leben.
*
Die Kabine, in die eine Stewardess Angelika gebracht hatte, es war die Nummer 231, war mit Sicherheit nicht die größte auf der »Danubia Queen«, aber mit geschätzten 14 Quadratmetern für eine einzelne Person geräumig genug. Sie lag mittschiffs auf dem Oberdeck und besaß ein relativ breites Panoramafenster, vom dem aus die vorbeiziehende Landschaft gut zu beobachten war. Angenehm empfand Angelika die Tatsache, dass die Klimaanlage offenbar einwandfrei funktionierte. Sie beschloss, sich etwas Anderes, etwas Leichteres und dabei doch Eleganteres für den Abend anzuziehen. Beim ersten Zusammentreffen mit den übrigen Gästen musste sie einen guten Eindruck hinterlassen, mit dieser Absicht hatte sie entsprechende Sachen eingepackt.
Eine bereit gelegte Information besagte, dass die »Danubia Queen« vor sieben Jahren in Holland gebaut worden war und vor wenigen Wochen zur Überholung im Dock gelegen hatte. Vierzig Mann Besatzung kümmerten sich um das Wohl der (bei Vollbelegung) 157 Passagiere. Besonders hervorgehoben wurde die Leistung der Küche, die – so der Prospekt – von hervorragender Güte sei.
Angelika las diese Beschreibung mit Wohlgefallen, denn gutes Essen – das war etwas für sie. Wenn das zutraf, denn wäre einer ihrer Zweifel, die sie zu Anfang gehegt hatte, ausgeräumt.
In ihre Überlegung hinein platzte die per Lautsprecher in die Kabine gegebene Nachricht, СКАЧАТЬ