Название: Affentanz
Автор: André Bergelt
Издательство: Автор
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783954626526
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„Ja, genau“, antwortet sie und reicht mir eine große Tasse.
„Die Unterhaltung über Toulouse-Lautrec hat meine Gedanken in die Welt des Unmoralischen gelenkt“, versuche ich mich zu rechtfertigen.
Sie setzt sich neben mich und sieht mich forschend an. Ich nippe verlegen an meinem Getränk. Er beugt sich nach vorne, sieht an mir vorbei und sagt: „Er spielt sicher auf dessen wilde Zeit in Paris an.“
„Nun, eigentlich auf die inzestuöse Beziehung seiner Eltern“, verbessere ich altklug.
„Stimmt, die Mütter seiner Eltern sollen angeblich Schwestern gewesen sein“, springt er mir wieder mal bei und grinst spitzbübisch.
„Nur gut, dass wir keine Geschwister sind“, ergänzt sie und lacht hell auf.
„Was seid ihr denn?“, frage ich unsicher.
„Spielt das denn eine Rolle für dich?“, fragt sie und streicht mir mit der Hand über die Innenseite meines Oberschenkels.
Ich spucke den Kaffee in hohem Bogen über den Tisch. Die bunten Laubblätter der Collage färben sich braun. Er nimmt ein Taschentuch zur Hand und wischt das entstellte Kunstwerk sauber. Er sieht mich gespielt vorwurfsvoll an und fragt: „Kann es sein, dass du meine Arbeiten nicht magst?“
„Mann, das war ein Versehen. Nein wirklich, ich finde deine Arbeiten sehr spannend“, antworte ich und wundere mich, wieso mir plötzlich heiß wird.
„Willst du noch eine Mappe von mir sehen?“, fragt er und sieht mich erwartungsvoll an.
Ich wedle mir Luft zu. Vergeblich, ein eigenartiger Druck legt sich auf meinen Kopf.
„Na ja, wenn du noch etwas Interessantes von dir zeigen magst …“
„Trink deinen Kaffee aus!“, herrscht mich das Mädchen unvermittelt an.
Ihre Stimme überschlägt sich im Raum und knallt mir um die Ohren. Ohne nachzudenken, komme ich ihrer Aufforderung nach, stelle die leere Kaffeetasse ab und atme durch. Die Hitzewallungen werden stärker. Er deutet auf meinen Pullover.
„Zieh dich doch aus, wenn dir zu warm ist!“
Auch seine Stimme hallt merkwürdig nach. Ich versuche, mich meines Oberteils zu entledigen. Aus irgendeinem Grund schaffe ich es jedoch nicht mehr, beide Arme gleichzeitig anzuheben. Erst als er mir hilft, gelingt es mir, den Pullover auszuziehen. Ich fühle mich seltsam erschöpft und lehne mich zurück. Meine Gastgeber sehen mich prüfend an. Ihre Gesichter haben sonderbar farbige Flecken. Es kommt mir vor, als wären die beiden ganz nah und weit weg zugleich. Auch das, was sie sagen, ist sonderbar verzerrt.
„Der Kaffee war ganz schön stark …“, versuche ich meinen Ausfall zu erklären.
„Schon gut … das lässt wieder … nach …“, ruft er mir aus der Ferne zu. Sie fasst mich an den Schultern und setzt sich unvermittelt auf mich.
Ihre Haare fallen auf meinen Bauchnabel. Ich spüre ihre warmen Hände auf meinem Körper. Er nimmt hinter ihr Platz und zieht dem Mädchen das T-Shirt aus. Seine Lippen liebkosen ihren Hals. Seine Hände lassen ihre kleinen, weißen Brüste über mir auf und ab tanzen. Ich fühle eine starke Erregung in mir aufkommen. Mein ganzer Körper mutiert zu einer erogenen Zone. Die Haut kribbelt. Die Hose fühlt sich an, als hätte sie jemand mit Beton ausgegossen. Ich taste nach meinem Reißverschluss. Sie lässt von mir ab. Er zieht sich das Hemd aus. Ich zerre, fummle und hebele, lasse mir erst von ihr, dann auch von ihm helfen. Vergeblich, der Reißverschluss meiner Hose lässt sich nicht öffnen.
Verzweifelt sehe ich zu ihr auf und stottere: „Habt ihr … vielleicht … eine Zange?“
Sie deutet kichernd zur Küche hinüber.
„Unter der Spüle … da müsste … ein roter Werkzeugkasten sein.“
Ich drehe mich in die angezeigte Richtung um und falle kopfüber von der Couch. Über mir geht es derweil ohne mich weiter.
Er hält sie von hinten am Becken fest, flüstert ihr Formeln und Beschwörungen ins Ohr und dringt langsam ihn sie ein. Dass ich ihnen dabei zusehe, scheint die beiden nicht zu stören. Im Gegenteil, es kommt mir vor, als würde es sie antörnen. Doch noch habe ich die sich mir bietende Chance auf einen Dreier nicht aufgeben.
Ich rappele mich hoch, halte mich an der mir entgegenkommenden Stehlampe fest, verliere das Gleichgewicht und krache mit der Schulter gegen den Türrahmen. Diesmal gelingt es mir jedoch, auf den Beinen zu bleiben, was ich als kleinen, aber wichtigen Zwischenerfolg werte.
„Ich bin … gleich … wieder da“, erkläre ich feierlich, reiße mich vom Anblick der sich Liebenden los und stürze wankend in den mit Punktstrahlern erleuchteten Korridor. Auch hier schreien mir selbstgemachte Holzdrucke und farbenfrohe Aquarelle von den Wänden entgegen. Mit halbgeschlossenen Augen kämpfe ich mich bis zur Küche durch. Buntbemalte Kacheln und hochkopierte Fotocollagen springen mich ohne Vorwarnung an. Ich richte meinen Blick zum Boden und taste mich bis zur Spüle vor. Hektisch wühle ich mich durch den Hausrat der Franzosen.
Noch immer bin ich fest entschlossen, den Hebel Richtung Orgie umzulegen. Doch weder unter der Spüle noch in einem der zahlreichen Regale ist so etwas wie ein Werkzeugkasten zu finden. Mein Magen zieht sich zusammen. Mir wird übel. Ich setze mich auf einen der Hocker. Um nicht vornüberzukippen, halte ich mich an der Tischkante fest.
Wieso in aller Welt war mir nur derart schlecht? Hatte ich zu viel genommen? Oder war es die Gesamtsituation, die mir derart zu schaffen machte?
Unter mir schnurrt es. Der Kater bewegt sich zwischen meinen Beinen hindurch und sieht mich verführerisch an. Ich atme ein paarmal kontrolliert aus und versuche erneut aufzustehen. Doch diesmal versagen meine Beine. Henri ist es recht. Er reibt sich weiter an meinen Waden. Dann macht er einen Buckel, streckt sich zweimal und scharwenzelt zum Balkon hinüber. Plötzlich erfasst mich ein unwiderstehlicher Drang, dem Tier zu folgen. Ich lasse mich auf den klebrigen Fußboden plumpsen, ziehe meine Socken aus und krieche dem Kater auf allen Vieren hinterher.
„Nur eine kurze Auszeit, eine ganz, ganz kurze Auszeit“, beruhige ich mich selbst.
Tatsächlich, die kühle Luft tut mir gut. Alle Anspannung fällt von mir ab. Ich lege mich neben Henri, umfasse seinen warmen, gleichmäßig atmenden Körper, schließe für ein paar Sekunden die Augen und schlafe zufrieden ein.
KAPITEL 2
In Mischas Neuköllner Einraumwohnung. Ich liege auf Mischas Diwan und kühle mir die schmerzenden Nebenhöhlen mit einem Eisbeutel. Im Fernsehen läuft Fußball, Milan gegen Manchester.
Mischa schenkt uns beiden Whisky nach. Er sieht mich interessiert an und fragt: „Und, hast du den Toulouser noch flachgelegt? Oder bist du mit dem Kater auf dem Balkon geblieben?“
Mischa ist gebürtiger Moskauer und hat seit kurzem einen deutschen Pass. Nachts verdingt sich der Vater einer sechsjährigen Tochter als Sportkommentator, tagsüber dealt er mit gebrauchter Film- und Tontechnik.
Ich sehe zu Mischa auf und antworte: „So weit ich mich erinnern kann, habe ich niemanden mehr flachgelegt. Stattdessen träumte ich, wie ich als Junge mit meiner Mutter am See baden war. Meine Mutter saß auf einer blaugrün karierten Wolldecke. СКАЧАТЬ