Название: Die List der Schildkröte
Автор: Elisabetta Fortunato
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783946435860
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Sonny Omowura hatte sich aufgesetzt und lehnte entspannt an der Wand. Neugierig musterte er sie von Kopf bis Fuß, dann blieb sein Blick am Tablett hängen. »Es ist das erste Mal«, sagte er mit freudiger Überraschung in der Stimme, »dass ich Kaffee ans Bett gebracht bekomme.«
Und auch das letzte Mal, dachte Giovanna. Je mehr sie in ihrem Hirn nach einer witzigen, gar intelligenten Antwort suchte, desto mehr wurde es zu Brei. So blieb sie erst mal wortlos stehen und lächelte gequält zurück.
Dem Nigerianer schien das nicht aufzufallen. Er streckte sich ausgiebig, justierte das Kopfkissen und lehnte sich wieder zurück. Dunkle Haut auf hellem Stoff, sie konnte ihre Augen nicht davon abwenden.
»Du passt gut in mein Bett«, sagte Giovanna.
Sonnys Lächeln vertiefte sich. »Das habe ich mir auch gedacht.«
Auffordernd schlug er die Decke auf und, wie von einem bösen Zauber erlöst, stellte Giovanna das Tablett auf den Boden und zog sich aus.
Kaum hatte seine kompakte Hand ihre Brust umschlossen, klingelte ein Smartphone. Sie küssten und umarmten sich und versuchten, es zu ignorieren. Doch vergebens. Der Anrufer gab nicht auf.
Sonny schnaubte und strampelte die Decke mit den Füßen weg, dann stieg er aus dem Bett und holte das Gerät aus seiner Anzugjacke.
»Jetzt übertreibt sie’s aber!«, entfuhr es ihm, mit Blick auf das Display.
Mit dem Rücken zu Giovanna stellte er sich ans Fenster und rief zurück. Obwohl er leise auf Englisch sprach, verstand sie jedes Wort.
»Gib endlich auf!«, fuhr ihr Lover die Person am anderen Ende der Leitung an. »Der Chef der größten nigerianischen Gewerkschaft wird niemals einknicken. Und ich will nicht, verstehst du? Ich will nicht!« Pause. »Und wie? Abiola ist nicht käuf… Was? Ein Autounfall? Wann … Fuck, Fuck, Fuck! … Du bist verrückt …« Wieder hörte er nur zu. Dann ein unwilliges »Okay, okay, ich werde mit meinen Leuten sprechen … Ja, habe ich gesagt! Und ja, am Dienstag komme ich. Fuck!«
Ohne sich zu verabschieden, drückte Sonny das Gespräch weg und drehte sich wieder um. Giovanna erschrak. Alles Lustvolle war aus dem Gesicht des Mannes verschwunden, als hätte ein Blutegel an ihm gesaugt.
Sonny kehrte zum Bett zurück. Doch er legte sich nicht mehr neben sie, sondern küsste sie nur auf die Stirn. »Sorry, ich muss los.«
Jetzt ging alles schnell. Er öffnete alle Rollläden und zog sich an. Danach holte er seinen Schmuck von der Kommode und reihte ihn sorgfältig auf dem Bett auf, bevor er damit begann, diesen anzulegen. Giovanna zählte fünfzehn Stück. Die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen, schaute sie ihm neugierig zu. Da öffnete Sonny das Fenster, griff nach dem Schnee auf dem Fenstersims und kam mit ausgestreckter Hand zu ihr ans Bett.
Sie beugte sich vor, dachte, er wolle ihr den Schnee zeigen. Aber er drückte den Klumpen zu einer Kugel zusammen und fuhr ihr damit über die Lippen. Frisch prickelten die Schneekristalle auf ihrer empfindlichen Haut. Dann schüttelte Sonny den geschmolzenen Rest auf sie. Erst als sie sich kreischend unter der Decke versteckte, hörte er auf, nahm die Tasse Espresso vom Boden und verließ lachend das Zimmer.
Giovanna stand schon in der Nähe der Eingangstür, als er das Bad verließ und seinen langen Lammfellmantel anzog. Sie erwartete eine eilige und nichtssagende Verabschiedung, so, wie es immer war, wenn sie nachts einen Mann im Hotel zurückließ. Stattdessen kam er auf sie zu, umarmte sie und vergrub das Gesicht lange in ihrem Haar.
»Du bist eine faszinierende Frau, Giovanna Greifenstein. Sehen wir uns wieder?«
Statt »Nein«, wie sonst, sagte sie »Vielleicht« und meinte »Ja.«
Er gab ihr einen kräftigen Klaps auf den Hintern und ging.
Verblüfft legte Giovanna eine Hand auf die brennende Stelle. Ihr Lover hatte sie markiert, wie ein Rancher sein Vieh.
Sonny.
Giovanna hatte ihn am Vorabend in der Lounge des Main Towers kennengelernt. Sie kam von der Ausstellungseröffnung im Liebieghaus, zu der ihr Nachbar, Professor von Schacht, geladen hatte. Für einen Dienstag war das Lokal überraschend voll gewesen. So fand sie Tommaso und Joschka, ihre Chefs und besten Freunde, nicht wie üblich in den Sesseln vor der Fensterfront, sondern an der Theke. Seit sie den beiden einmal im Scherz gesagt hatte, dass sie zusammen wie Schneewittchen und zwei ihrer sieben Zwerge aussahen, setzte sich Joschka immer gleich hin. Zu dritt fielen sie tatsächlich auf: eine hochgewachsene Frau mit schweren braunen Locken und zwei gedrungene, leicht dickbäuchige Männer über sechzig. Der eine sogar mit Bart.
So standen sie diesmal eingequetscht zwischen zwei stark parfümierten Blondinen und einer Gruppe von jungen Bankern, stießen auf Tommasos Geburtstag an und aßen Antipasti, während sie ausgiebig über die Leute lästerten, die Giovanna bei der Vernissage zu der großen Ausstellung über die vorrömischen Dauner getroffen hatte. Vor allem Tommaso konnte sich nicht zurückhalten, sein Speckbauch hüpfte bei seinen Lachattacken fröhlich mit. Erst beim zweiten Glas Wein hatten sie alle durch und kamen auf die Ausstellung zu sprechen.
»Allora«, fragte Tommaso. »Hatte dein Professor recht?«
»Und wie!«, antwortete Giovanna. »Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass mir beim Anblick die Tränen gekommen sind.«
»Bei seinem Anblick«, sagte Joschka, während er nach dem Barkeeper Ausschau hielt, »würde ich auch weinen.«
Tommaso rollte mit den Augen. »Sie meint das Hauptausstellungsstück, du Trottel, nicht den Professor.«
»Ganz so falsch …«
Giovanna schnitt Joschka das Wort ab. »Die gesamte Ausstellung über die Dauner ist toll. Ich glaube, es gibt keinen Gegenstand, der nicht für sich stehen könnte. Doch der bronzene Kultwagen«, sie suchte nach dem richtigen Ausdruck, »der Kultwagen ist eine Klasse für sich.«
»Dann beschreib ihn uns!« Tommaso hing förmlich an ihren Lippen.
Joschka hatte sich über den Tresen gelehnt und bestellte für sie neuen Wein.
Sie überlegte kurz. »Ich muss anders beginnen. In den ersten Räumen stehen die typischen daunischen Gegenstände wie Trichterrandgefäße und Krüge mit tönernen Tierfiguren und viele steinerne Grabstelen. Dazu in großen Sammelkästen Schmuck, Waffen und andere Dinge des täglichen Gebrauchs. An den Wänden hängen riesige Infotafeln, die die offiziellen Ausgrabungsarbeiten des Professors in Apulien dokumentieren. Leider auch die Schäden von späteren Raubgrabungen.«
»Ah, die illegalen Raubgrabungen! Das Lieblingsthema deines Nachbarn«, warf Joschka dazwischen.
Giovanna wollte ihm sofort widersprechen, doch Tommaso hob beschwichtigend die Hände. »Ignoriere ihn einfach, heute ist er besonders unausstehlich.«
Sie nickte ergeben.
»Wie gesagt, du läufst durch die Ausstellung und stehst plötzlich in einem dunklen Raum, in dem das Grab der Fürstin von Arpi nachgebaut worden ist.«
»Veramente?«
»Tommà, СКАЧАТЬ