Название: Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783745211849
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Er bedeckte sein blasses Gesicht mit den Händen und weinte.
„Ich möchte eine Antwort, Norbert!“, sagte die Ärztin energisch.
„Ich schäme mich ja so …“ Er schluchzte laut.
„Warum wolltest du dich umbringen?“
„Verzeih mir, Katja.“ Seine Stimme klang zutiefst verzweifelt. „Ich wollte mich aus der Verantwortung stehlen.“
„Aus welcher Verantwortung?“
„Ich bin kein Mann. Ich bin ein Feigling, eine Memme, ein jämmerlicher Waschlappen. Ich verachte mich selbst.“
„Weswegen? Was ist passiert?“
Er weinte haltlos.
Sie begriff. „Du hast wieder gespielt.“
Er sagte nichts.
„Hast du wieder gespielt? Sag es! Sag es mir!“ Sie packte ihn und schüttelte ihn.
„Ja“, gab er kleinlaut zu.
Diese verdammte Sucht, dachte Katja.
„Ich wollte es nicht, wirklich nicht“, murmelte Norbert Arndt unglücklich. „Ich wollte standhaft bleiben aber es war stärker. Ich bin kein Mann für dich, Katja. Geh! Verlasse mich! Du verdienst einen besseren als mich. Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann das. Ich bin unheilbar krank, werde irgendwann vor die Hunde gehen. Du solltest nicht mehr bei mir sein, wenn es dazu kommt.“
„Ich muss schon sagen, du hast noch nie größeren Blödsinn dahergeredet. Ich bin deine Frau. Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebe, und ich habe gelobt, in guten wie in schlechten Zeiten zu dir zu halten und bei dir zu bleiben.“
„Aber aber ich bin dein Untergang.“
„Du hast also wieder gespielt.“
„Ja.“
„Und du hast verloren.“
„Ja.“
„Wie viel?“
„Sehr viel.“
„Wie viel ist sehr viel?“
„Zweihunderttausend.“
„Zwei … O mein Gott.“
„Es tut mir wahnsinnig leid, Katja. Ich hatte anfangs eine Glückssträhne. Als sie zu Ende ging, wollte ich es nicht wahrhaben. Ich dachte, das Glück würde nur mal kurz Pause machen und sich dann wieder an meine Seite stellen, doch es kam nicht mehr zu mir zurück.“
„Wem schuldest du das Geld?“, wollte Katja wissen.
„Der Mann heißt Jan Achberger.“ Norbert Arndt strich sich die schweißnassen dunklen Haarsträhnen aus der Stirn und legte die Hände in den Schoß. „Er lebt davon, Geld zu verleihen. Wenn man nirgendwo mehr Geld bekommt – von Jan Achberger kriegt man welches.“
„Und dafür verlangt er Wucherzinsen.“
„Das ist klar.“
„Wo finde ich diesen Mann?“
Norbert Arndt sah seine Frau erschrocken an. „Was hast du vor?“
„Ich werde mit ihm reden.“
„Was versprichst du dir davon? Dass er meinen Schuldschein zerreißt?“
Katja schüttelte den Kopf. „Ich werde mit ihm eine Zahlungsvereinbarung treffen.“
„Ich lasse dich nicht zu ihm gehen. Dieser Mann ist gefährlich.“
„Er wird mir nichts tun.“
„Er arbeitet mit Gangstern zusammen. Säumige Zahler werden von seinen Schlägern brutal misshandelt.“
„Wir sind keine säumigen Zahler“, sagte Katja. „Wir werden die Summe auf Heller und Pfennig zurückzahlen.“
„Wir haben keine zweihunderttausend Mark, stehen bei der Bank in der Kreide, und unser Haus ist auch belastet.“
„Ich werde mit Herrn Achberger eine Ratenzahlung vereinbaren. Wir zahlen jeden Monat so viel zurück, wie wir können.“
„Darauf wird er nicht einsteigen.“
„Er wird es müssen!“
9
Jan Achberger war ein schleimiger Mittvierziger mit nassen Lippen und Basedowaugen. Er hatte Gold im Mund, um den Hals und an den Fingern.
Sein „Büro“ befand sich im verrauchten Hinterzimmer einer Kneipe. Sein Geschäft ging so gut, dass Katja fast eine Stunde warten musste, bis er für sie Zeit hatte. Zerlumpte, ausgemergelte Gestalten schlurften an ihr vorbei. Desperados, mit Geld von Achberger in der Tasche, das ihnen für kurze Zeit über die Runden half. Ob sie wussten, wie sie es zurückzahlen konnten? Katja bezweifelte es.
Die Ärztin war entschlossen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Norberts Hals zu retten, und sie hatte nur eine einzige Bedingung daran geknüpft: Ihr Mann musste sich therapieren lassen. Wenn er damit nicht einverstanden gewesen wäre, hätte das Katjas Liebe erheblich abgekühlt, denn lieben heißt, bereit sein, für den andern Opfer zu bringen, und das gilt für beide Seiten.
Als sie Jan Achberger endlich gegenübersaß, öffnete er die eiserne Kasse, die neben ihm auf dem Tisch stand, und holte den Schuldschein ihres Mannes heraus.
Er rauchte Zigarre, und sein Gesicht war vom Schnaps gerötet. Ungesunder konnte man kaum leben. Mit gelangweilter Miene hörte er sich an, was Katja ihm vorschlug. Er wusste, dass sie Ärztin war und in der Paracelsus-Klinik arbeitete, und er sagte, dass er sich normalerweise nicht auf Ratengeschäfte einlassen, in ihrem Fall aber eine Ausnahme machen würde.
Die Ratenhöhe, die Katja ihm anbot, entlockte ihm dann aber nur ein mitleidiges Lächeln, und er sagte, er habe keine Lust, ewig auf sein Geld zu warten. Katja war gezwungen, ihr Angebot zu erhöhen. Sie tat es in kleinen Schritten, und er schüttelte so lange den Kopf, bis ihr Angebot doppelt so hoch war wie ihr ursprüngliches.
Mehr dürfe sie jederzeit abzahlen, aber nie weniger, machte er ihr unmissverständlich klar. „Und“, sagte er mit erhobenem, nikotinbraunem Zeigefinger, „ich berechne Ihnen ein Prozent pro Tag.“ Man hätte meinen können, das wäre nicht viel, aber aufs Jahr umgelegt waren das 365 Prozent! Und nicht vom fallenden Kapital, sondern immer von den ganzen zweihunderttausend Mark, wie Jan Achberger durchtrieben lächelnd hinzufügte.
Katja musste schlucken.
„Sind wir uns einig?“, erkundigte sich der Wucherer. СКАЧАТЬ