Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019. Pete Hackett
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Название: Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019

Автор: Pete Hackett

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783745210118

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      Als der Mann mit seiner Arbeit fertig war und das letzte Stück sorgfältig abgesetzt hatte, nahm er das Talglicht auf, hielt es hoch und sah sich rasch auf dem Flur um. Nur eine einzige Tür ging hier noch ab, am Ende des Ganges führte eine schmale Treppe in die oberen Räume. Er verharrte einen Moment und lauschte auf die Geräusche aus der Küche. Die alte Magd war offenbar dabei, die Geräte zu säubern und für den morgigen Tag vorzubereiten. Behutsam drückte er die Klinke herunter und probierte die Tür. Sie war unverschlossen und ließ sich geräuschlos öffnen. Der Mann hob sein Talglicht hoch, um etwas zu erkennen.

      Er konnte nur einen flüchtigen Blick in das Innere werfen, das an den Wänden mit allerlei Kisten und Fässern vollgestellt war. Ein rascher Schritt brachte ihn an ein kleines Fass, und wieder lauschte er nach draußen. Er stieß dagegen und hörte eine Flüssigkeit schwappen. Der Deckel saß aber zu fest, um ihn ohne ein Werkzeug zu öffnen. Als er es näher untersuchte, nahm seine Nase einen seltsamen Geruch wahr, der dem Fass entströmte. Das nächste Fass hatte einen anderen Verschluss, der sich leicht öffnen ließ.

      Der Tagelöhner hob den Deckel an und steckte vorsichtig seine Hand hinein. Dabei ertastete er eine steinartige Substanz, griff rasch zu und hatte das kleine Stück kaum in seinen Hosenbund gesteckt, als er die Alte rufen hörte. Im nächsten Augenblick war der Deckel wieder auf dem Fass, ein Schritt zurück zur Tür, auf den Flur und die Tür hinter sich zugedrückt. Aufatmend stellte er fest, dass die Alte ihm aus der Küche etwas zugerufen hatte, ohne nach ihm zu sehen.

      „Ich bin fertig und ziehe wieder los. Mein Herr wird in den nächsten Tagen selbst vorbeikommen und dem Grafen die Rechnung übergeben.“

      „Schon recht. Dann kann ich endlich zur Ruhe gehen, der Herr vergnügt sich ja heute auf dem Schlossball.“

      „Die hohen Herrschaften führen doch ein beneidenswertes Leben“, seufzte der Mann und nickte der Magd zu. „Da möchte man so manches Mal Mäuschen sein, um auch einmal etwas anderes zu erleben als tagein, tagaus seine Plackerei.“

      „Wem sagst du das, unsereiner ist ja froh, ein warmes Bett direkt am Herd zu haben. Nun aber gute Nacht, ich will das Haus verschließen.“

      Mit diesen Worten drängte sie den Mann hinaus auf den kleinen Hof. Als er seinen Handkarren wieder aufnahm, hörte er noch, wie ein Holzriegel vorgeschoben wurde.

      Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er den Dreispitz wieder aufstülpte, den Karren ergriff und über den Hagenmarkt zurückkehrte. Allerdings führte ihn sein Weg nicht in die Werkstatt des Meisters in der Wilhelmstraße, sondern direkt in die Schenke Zum Löwen, wo er sich die nächsten Stunden aufhalten wollte – allerdings nicht wie so viele andere Tagelöhner und Feldarbeiter, die dort ihre wenigen Pfennige und Groschen vertranken. Er stellte seinen Karren in einer kleinen Gasse hochkant an die Hausmauer und betrat das verräucherte Lokal, um sich ein Glas Most geben zu lassen. Damit setzte er sich als stummer Beobachter des Treibens in die hinterste Ecke, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und scheinbar gleichgültig gegen alles, was dort lautstark in seiner Umgebung erzählt wurde.

      Eine Gruppe saß um einen Tisch, trank und würfelte dabei lauthals, es wurde geflucht, gelacht und geschrien, aber unser Mann schien alles nicht zu beachten. Vielmehr legte er schon nach kurzer Zeit seinen Kopf auf die Unterarme auf dem Tisch und schien zu schlafen.

      9.

      Am späten Nachmittag desselben Tages erschien Pastor Heinrich Timpe von St. Andreas auf der Wache im Residenzschloss. Sein kummervolles Gesicht wies Leutnant Oberbeck schon darauf hin, dass der Geistliche mit einer schlechten Nachricht zu ihm kam.

      Seine ersten Worte bestätigten dann auch diese Annahme. Kaum hatte der Pastor ihn entdeckt, als er ausrief:

      „Herr Leutnant, es ist einfach schrecklich, ganz schrecklich – ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht! Dieses Verbrechen hat alles durcheinandergewirbelt, in der gesamten Andreasgemeinde wird über nichts anderes mehr geredet, und jetzt auch noch dieser Verlust, es ist einfach schrecklich.“

      Ermattet sank der Pastor auf einen der einfachen Holzschemel, die in der Wachstube standen.

      „Ihr wisst nun also, welches Buch gestohlen wurde? Ist es sehr wertvoll?“

      Der Pastor sah mit kummervollem Gesicht zu dem Offizier auf.

      „Wertvoll? Ihr fragt im Ernst, ob es ein wertvolles Buch ist, das aus den Beständen der Andreana gestohlen wurde? Herr Leutnant, muss ich Euch darauf hinweisen, dass es für den Dieb so wertvoll war, dass er darüber zum Mörder wurde?“

      Leutnant Oberbeck legte dem Pastor beruhigend eine Hand auf die Schulter.

      „Nein, daran müsst Ihr mich nicht erinnern. Natürlich war es ein wertvolles Buch, ohne Frage. Aber erklärt mir doch bitte, was den Wert ausmachte. Wenn es einen mit Edelsteinen besetzten Einband aufwies, wäre es die Beute eines einfachen Diebes gewesen. Ist es dagegen vom Inhalt her wertvoll, kommen ganz andere Täter in Betracht.“

      „Da habt Ihr ganz recht vermutet, Herr Leutnant!“, rief der Pastor aus. „Es handelt sich um eine Abschrift, und ist eigentlich nur ein ganz schmales Bändchen gewesen, deshalb konnte ich es auch nicht sogleich benennen, als ich mir dieses Durcheinander besah, das der Dieb in der Bücherei hinterlassen hatte. Ja, ich wäre noch nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass sich jemand für dieses Buch interessiert hätte, es ist viel zu spezifisch, um das Interesse eines einfachen Bücherdiebes zu erwecken. Nein, Herr Leutnant, ich habe keine Ahnung, was der Dieb mit diesem Werk beabsichtigt, aber er hat es ganz gewiss in unserer Bücherei vermutet und ist deshalb eingebrochen.“

      „Um was handelt es sich also bei diesem besonderen Buch, Pastor Timpe?“

      Der Geistliche seufzte tief auf, dann stand er von seinem Schemel auf und sah dem Offizier ernst ins Gesicht.

      „Es handelt sich um eine Schrift, die ein Rezept für flüssiges Feuer enthält. Eigentlich ist es eine Abschrift, aber trotzdem sehr, sehr selten. Das Buch heißt Liber ignium und stammt von Marcus Graecus. So, jetzt wisst Ihr alles und müsst unbedingt handeln, es kann viel davon abhängen, den Mörder und Bücherdieb so rasch wie möglich zu finden!“

      Der Pastor hatte erregt gesprochen und jetzt seinerseits den rechten Arm des Leutnants gegriffen und fest gedrückt.

      Leutnant Friedrich Oberbeck sah den Pastor einen Moment verblüfft an, dann schüttelte er den Kopf.

      „Liber ignium? Bester Herr Pastor, ich habe weder davon noch jemals von einem flüssigen Feuer gehört. Was soll das sein?“

      „Entschuldigt mein Temperament, Herr Leutnant, ich hatte vorausgesetzt, dass jedermann darüber Bescheid weiß. Man nennt es auch ‚Griechisches Feuer‘ oder bezeichnet es als die ‚Geheimwaffe der Byzantiner‘. Ich bin kein Alchemist oder Wissenschaftler, СКАЧАТЬ