Название: Schwerter gegen Bestien: Fantasy Sammelband 1026 Seiten Sword & Sorcery
Автор: Robert E. Howard
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Историческая фантастика
isbn: 9783745204797
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Hardrakers Rechte umfaßte immer noch den Dolch, die linke Hand hatte immer noch Kanes rechtes Gelenk gepackt. Nun aber drückte Kane seinen Dolch langsam abwärts, während er sich mit der anderen Hand Hardrakers Waffe vom Leibe hielt. Die Anstrengung ließ Kanes Adern an den Schläfen anschwellen. Fingerbreit um Fingerbreit, so wie er den Fischadler auf den Tisch gezwungen hatte, preßte er nun den Dolch abwärts. Manchmal gelang es dem Fischadler, den Abstand für einen Augenblick lang zu wahren, nie aber ihn zu vergrößern. Er riß verzweifelt mit der rechten Hand, die den türkischen Dolch umklammert hielt, aber Kanes blutige Linke hielt sie wie eine Stahlklammer.
Nun befand sich die unerbittliche Messerspitze nur noch zwei Finger breit über der wogenden Brust des Piraten, und Kanes Augen hatten die Farbe blauen Stahls angenommen. Die Verzweiflung des Verbrechers hielt die Spitze in unveränderter Entfernung von seinem Herzen. Was sahen die weitaufgerissenen Augen? Obwohl ihr Blick auf die Dolchspitze gerichtet war, der für sie das Zentrum des Universums darstellte, lag eine gewisse Geistesabwesenheit in ihnen. Was sahen sie noch?
Sinkende Schiffe, über denen sich die Oberfläche des Meeres schloß? Von Flammen erhellte Küstenstädte, in denen Frauen schrien und düstere Gestalten mordeten und raubten? Dunkle Gewässer, vom Sturm gepeitscht und von Blitzen erleuchtet? Rauch, Flammen und Blut? Gestalten, die an Rahen baumelten? Zappelnde Menschen, die von einer Planke ins Wasser gestoßen wurden? Die Gestalt eines Mädchens, das verzweifelt um ihr Leben flehte?
Hardraker schrie. Kanes Hand sank ein Stück tiefer, und die Dolchspitze drang in die Brust des Piraten. Auf den Steigen wandte sich Mary Gavin ab und preßte ihr Gesicht gegen die Kellerwand, um den Anblick nicht sehen zu müssen, hielt sich die Hände vor die Ohren, um nichts zu hören.
Hardraker hatte seine Waffe fallengelassen. Er versuchte seine Rechte loszureißen, um den Dolch abzuwehren. Aber Kane hielt ihn wie ein Schraubstock. Immer noch nicht lockerte der Pirat seinen Griff um Kanes Handgelenk. Und so wie Kane den Dolch gegen seine Brust gezwungen hatte, so schob er ihn auch seinem Widersacher ins Herz – Fingerbreit um Fingerbreit. Der Anblick trieb den Zuschauern den kalten Schweiß auf die Stirn, aber Kanes Augen waren unbeweglich. Er dachte an ein blutbesudeltes Deck und an ein schwaches Mädchen, das vergebens um Gnade gebeten hatte.
Hardrakers Schreie gingen in ein entsetzliches Kreischen über. Es war das Schreien eines Menschen in Todesangst. Fast berührte der Griff des Dolches bereits seine Brust, als das Kreischen zu einem Gurgeln wurde, das dann schnell verstummte. Blut rann über die aschfarbenen Lippen, und die Hand in Kanes linker Faust erschlaffte. Und erst danach lösten sich die Finger der linken Hand von Kanes Handgelenk – der Tod, dem sie sich so lange widersetzt hatten, hatte sie gelockert.
Über allem lastete die Stille wie ein weißes Leichentuch. Kane riß seine Waffe aus dem Toten. Der Puritaner vollführte mit der Waffe automatisch eine halbkreisförmige Bewegung in der Luft, um die roten Tropfen vom Stahl abzuschütteln. Und als sie im Licht der Laterne aufblitzte, erschien sie Jack Hollinster wie eine blaue Flamme – eine Flamme, die in Rot getränkt war.
Kane griff nach seinem Degen. In diesem Augenblick sah Jack, wie Sam heimlich eine Pistole ergriff und auf den Puritaner anlegte. Das sehen und handeln war eins.
Zugleich mit dem Knall von Hollinsters Schuß schrie Sam auf und ruckte empor. Seine Pistole ging in die Luft los. Er war direkt unter der Laterne, und als er in Todeszuckungen die Arme hochwarf, traf der Lauf der Pistole die Laterne und zerschmetterte sie.
Zugleich mit der Dunkelheit kamen Geschrei und Gefluche. Fässer wurden umgeworfen, Männer stolperten übereinander, Stahl klirrte, und Pistolen wurden ziellos abgefeuert. Jemand heulte auf, als einer dieser blinden Schüsse ein Ziel fand. Jack hielt das Mädchen am Arm, und halb zog er sie, halb trug er sie die dunklen Stiegen empor. Er glitt aus und stolperte, aber letzten Endes erreichte er doch den Treppenabsatz und stieß die schwere Tür auf. Im schwachen Licht, das durch die Öffnung fiel, sah er dicht hinter sich die Gestalt eines Mannes und weiter unten einen Schwarm weiterer Männer, die die Stufen hochstrebten.
Hollinster schwenkte die noch geladene Pistole herum, als er Kanes Stimme erkannte: »Ich bin es, junger Mann. Rasch hinaus mit dem Mädchen.«
Hollinster gehorchte, und Kane, der hinter ihm durch die Öffnung sprang, wirbelte herum und schmetterte die Eichentür in die Gesichter der schreienden Verfolger, die von unten nachdrängten. Er schob einen schweren Riegel vor und trat einen Schritt zurück. Von innen her klangen gedämpfte Rufe, Gehämmer und Schüsse, und an einigen Stellen wölbte sich das Holz, als Kugeln in die Tür gejagt wurden.
Aber keines der weichen Bleigeschosse drang gänzlich durch die dicken Bohlen.
»Was nun?« fragte Jack, an den Puritaner gewandt.
Erst da bemerkte er die leblose Gestalt zu seinen Füßen, einen Piraten mit Ohrringen und einer farbenprächtigen Schärpe, dessen Säbel und Muskete neben ihm lagen. Zweifellos handelte es sich um den Wachtposten, den Kane getötet hatte.
Der Puritaner schob die Leiche mit dem Fuß beiseite und bedeutete dem Liebespaar, ihm zu folgen. Er ging einige Holzstufen hinan, einen Gang entlang und in eine Kammer, wo er stehenblieb. Auf einem Tisch in dem Gemach brannte eine große Kerze.
»Wartet hier einen Augenblick«, forderte er sie auf.
»Die meisten der Übeltäter sind unten eingeschlossen, aber draußen befinden sich Wachen, fünf oder sechs Männer. Als ich kam, schlüpfte ich an ihnen vorbei, jetzt aber scheint der Mond, und wir müssen vorsichtig sein. Ich werde ein Fenster suchen und sehen, ob ich welche erspähen kann.«
Allein in der Kammer, betrachtete Jack Mary voll Liebe und Mitgefühl. Es war eine abenteuerliche Nacht gewesen, und Mary, das arme Kind, war noch nie Gewalt und schlechter Behandlung ausgesetzt gewesen. Ihr Gesicht war so bleich, daß Jack sich fragte, ob jemals wieder Röte ihre Wangen färben würde. Die Augen waren weit aufgerissen und verstört, aber als sie ihren Geliebten anblickte, kehrte das Vertrauen in sie zurück.
Er zog sie sanft in seine Arme. »Mary, mein Mädchen«, begann er sanft, als sie plötzlich, den Blick über seine Schulter gerichtet, einen Schrei ausstieß. Gleichzeitig war das Scharren eines rostigen Riegels zu vernehmen.
Hollinster wirbelte herum. In der zuvor völlig glatten Wand gähnte nun eine schwarze Öffnung. Davor stand Sir George Banway mit zwei Pistolen im Anschlag.
Jack stieß Mary beiseite und riß seine Waffe hoch. Die beiden Schüsse krachten gleichzeitig. Hollinster fühlte, wie das Geschoß ihm wie ein glühendes Rasiermesser die Wange aufschnitt. Aus Sir Georges Hemd wurde ein Stoffetzen herausgerissen. Fluchend ging er zu Boden.
Aber als sich Jack dem Mädchen zuwandte, taumelte Banway wieder hoch. In tiefen Atemzügen sog er die Luft in die Lungen, als wäre er außer Atem, aber er schien nicht verletzt zu sein, und kein Blutstropfen wies auf eine Wunde hin.
Erstaunt und entsetzt – denn er wußte, daß seine Kugel genau getroffen hatte – stand Jack mit offenem Mund da und hielt die rauchende Pistole in der schlaffen Hand, bis ihn Sir George mit einem gewaltigen Faustschlag zu Boden streckte. Da sprang Hollinster wütend auf, aber Banway hatte das Mädchen bereits gepackt, war mit ihr durch die Öffnung gesprungen und СКАЧАТЬ