Название: 5 lange und 7 kurze Krimis
Автор: A. F. Morland
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783745213164
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„Kein Polizist, der einen klaren Auftrag hat“, sagte der Arzt mit herausfordernd spöttischem Unterton, „ließe sich einfach wegschicken. Er ist angerufen worden, und zwar schon bei Dienstantritt gestern Abend. Und er hat offenbar getan, was er sollte - nämlich ins Polizeidepartment zurückzukehren. Soll ich mir für Sie einen Polizisten aus den Puppen schneiden? — Wissen Sie, Mr. Sinclair, allmählich wird diese Geschichte um Miss Teflin spaßig. Ich fange an, mir darüber Gedanken zu machen. Andere als Sie natürlich. — Soll ich Ihnen mal was sagen, Sinclair? Das Medikament, das ihr regelmäßig von Dr. Hamilton verabreicht wird, ist ein Beruhigungsmittel, das sich so auswirkt, als sei derjenige, der es nimmt, betrunken. Und so benimmt sich diese Frau auch. Glauben Sie wirklich, Sinclair, dass ich diese Sache nicht durchschaut habe? Ich schweige nur, weil ich auf die Folgen aufmerksam gemacht worden bin, die ...“
„Sie sind ein kluger Kopf, Doktor“, unterbrach ihn Sinclair. „Bleiben Sie so klug und vergessen Sie, was Sie wissen, Sie kleiner Einstein! Wenn ich Sie wäre, Doktor, würde ich immer haarklein das tun, was Ihnen Dr. Hamilton sagt. Das tut man doch, wenn man einen guten Chef hat und selbst ein braver Angestellter ist. Und jetzt, Doktor, beenden Sie Ihren Dienst! Ich brauche das Zimmer hier für eine kleine Besprechung.“
Dr. Lyser stand auf, und er war einen Kopf größer als Sinclair. Er sah das Dutzendgesicht an und sagte leise: „Glauben Sie nicht, Sinclair, dass Sie sich mitunter maßlos überschätzen? Im Augenblick haben Sie noch feine Karten. Aber in einem Spiel wird auch mal gemischt. Dann bin ich dran, Sinclair.“ Er wandte sich ab, zog seinen Kittel aus, hängte ihn auf und nahm seine Jacke, klemmte die unter den Arm, dann verließ er das Zimmer.
Sinclair zuckte die Schultern, ging zum Telefon, verlangte über die Zentrale eine bestimmte Nummer, und als die Verbindung hergestellt war, sagte er: „Ihr könnt anrollen. Und vergesst die Genehmigung von Hamilton nicht!“
Eine Viertelstunde später kam die Stationsschwester, eine Frau um die Dreißig, mit drei Männern, die alle jung, kräftig und grimmig aussahen.
„Mr. Sinclair, hier sind drei Herren von der Polizei.“
„Aha!“, rief Sinclair. „Vielen Dank, Schwester! — Kommen Sie herein, meine Herren!“ Und als der Letzte der drei die Tür schloss und draußen die sich entfernenden Schritte der Schwester tackten, sagte Sinclair: „Die Bullen haben offenbar keine Lust mehr. Jetzt müssen wir hier aufpassen, und wenn mich nicht alles täuscht, ist der Abzug der Bullen der Anfang vom Tanz. Ich werde jetzt gehen. Die Frau liegt im letzten Zimmer des Isolierungstraktes. Von selbst läuft sie nicht weg. Hamilton hält sie im Traumzustand. Und wenn es brennt, Leute, lasst euch von nichts ablenken, von nichts. Habt ihr die Waffen?“
Die drei klopften sich an die Jackenbrust, wo sich dabei harter Untergrund bemerkbar machte und eine Wölbung. Sinclair fragte noch einmal: „Alles klar?“ Und als sie nickten, ging er.
Als man ihn durch die Gittertür ließ, kam ihm ein Mann vom Küchenpersonal mit einem Geschirrwagen entgegen. Sinclair hörte noch, wie hinter ihm die Gittertür abgeschlossen wurde, ging weiter und sah im Vorbeigehen den Küchenhelfer an, der ihn mit seinem zerschlagenen Gesicht blöde angrinste. Nein, dachte Sinclair, die Type kenne ich nicht. Und er ging durch die Tür, die von innen durch einen Riegel zu öffnen war und nur von der anderen Seite her mit dem Schlüssel aufgeschlossen werden musste.
Der Mann im Küchenhelferaufzug warf einen belustigten Blick hinter Sinclair her und blieb dann am Gitter stehen, wo ihn der bullige Wärter ansah wie den Mann im Mond.
„Was willst du Heini hier oben?“, fragte der Schwergewichtler.
„Falls du des Schreibens und Lesens kundig bist, geliebter Bruder, dann studiere mal, was dir dein Freund Tony überreicht!“ Und Le Beau, der den Aufputz noch immer trug, schob dem Bullen ein Schreiben durch die Gitterstäbe, das der sofort mit seinen Pranken ergriff, fast einen Meter von seinen Augen weghielt und ziemlich mühsam las. Als er das endlich buchstabiert hatte, knurrte er missbilligend: „Diese Ärzte! Dass es ein Telefon gibt, mit dem man mich einfach anrufen kann, darauf sind die wohl nicht gekommen, was? Da schreiben sie lieber so einen Käse, und nachher heißt es, die hätten zu viel Arbeit.“ Er stand auf, schloss die Gittertür auf, und damit hatte es sich für ihn schon. Als er sich zu Le Beau umdrehte, nachdem der hereingekommen war, flog ihm auf einmal etwas Dunkles ins Gesicht, dann wollte er es noch wegreißen, aber da war ein süßlicher Duft, so stark und so überwältigend, dass dem Bullenmann die Knie weich wurden. Er sank wie ein sterbender Elefant in sich zusammen.
Le Beau fing ihn noch ein wenig ab, damit der Kopf des Dicken nicht an die harten Stäbe schlug, und dabei knurrte er: „Warum diese Kerle auch so unmäßig in sich hineinstopfen müssen. Unsereiner muss dann solche Fleischberge durch die Landschaft ziehen.“
Er fasste den Hünen von hinten aus unter und schleifte ihn durch eine schmale Tür unweit des Gitters. Im Bauplan stand etwas von einer Abstellkammer. Als Le Beau sie betrat, erinnerte ihn das an ein Schuhkartonlager. Stapel von Kartons stürmten sich rechts und links von einem viel zu schmalen Gang. Als Le Beau den Menschenberg hinter sich her in die Kammer zog, erwies sich der Gang als viel zu schmal. Die Kartonstapel stürzten zusammen, und alles ergoss sich über den Wärter, der im Übrigen wieder zu sich kam.
Le Beau hatte ein Paar echter Polizeihandschellen, die er dem Dicken einmal ums rechte Handgelenk und zum zweiten um einen der Gitterstäbe des kleinen Kammerfensters schloss. Während der Dicke sich wieder regte, maunzte und gurgelte, stopfte ihm Le Beau in einem günstigen Moment ein Dragee in den Mund. Der Dicke biss prompt zu, und der Rest lief selbsttätig. Schon nach ein paar Sekunden wurde der Berg wieder müde und sank dann mit dem Kopf wieder zwischen die Kartons. Le Beau nickte ihm freundlich zu und arbeitete sich über den Kartonberg zur Tür. Er verließ den Raum, schloss die Tür sorgsam ab und blickte auf den Gang. Da regte sich nichts.
Die drei Experten, die vorhin von der Stationsschwester gebracht worden waren, hatte er von einer Nische aus gesehen. Um ein Haar wäre er vor ihnen hier gewesen. Er sah auf die Uhr. Noch eine Minute, dann würde der Film anlaufen, den sie bis auf die Sekunde organisiert hatten.
Er blickte noch einmal in Richtung auf das zweite, jetzt offen stehende Gitter, vor dem das Arztzimmer lag, in dem sich jene drei Sportsfreunde befinden mussten, die vorhin gekommen waren.
Le Beau ging zur Gittertür, schloss sie auf, machte sie hinter sich wieder zu - mit dem Schlüssel, versteht sich. Dann hatte er die andere Tür vor sich, die er vorhin mit dem Dietrich geöffnet hatte. Am Bund des Dicken war auch dafür ein Schlüssel, doch von hinten genügte es ja, den Riegel aufzuziehen. Er tat es, sah auf den Gang hinaus, wo lebhafter Betrieb herrschte. Schwestern flitzten in die Zimmer oder kamen heraus. Ein paar Pfleger bändigten einen übermütigen Verrückten, der partout auf allen Vieren herumspringen wollte und Hofhund zu spielen schien.
Aber dann auf einmal kamen die, auf die er gewartet hatte. Der eine sah aus wie Polizeichef McGowan. Ein Gesicht, das in dieser Stadt jede Großmutter und jedes Schulkind kannte. McGowan hatte es immer verstanden, bei der Wahlwerbung und auch sonst sein schönes Gesicht sehr oft abdrucken zu lassen. Der andere Mann, der neben ihm ging, musste Hamilton sein, der Chefarzt.
Eines allerdings reizte Le Beau zum Lachen. Dieser Dr. Hamilton dort, der hatte ziemlich große Füße, und er marschierte damit ebenso eigenartig wie ein gewisser James Morris, von Beruf Chauffeur bei Baron Strehlitz.
„O James, du altes Nashorn, die Trampelchen sind eben nicht zu verbergen“, murmelte Le Beau grinsend und machte die Tür etwas weiter auf.
Er sah, wie die Schwestern, an denen Hamilton und McGowan vorbeigingen, devot grüßten. Der große Chefarzt СКАЧАТЬ