Название: 4. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2018
Автор: Christoph-Maria Liegener
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные стихи
isbn: 9783746992471
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Peterle fragte sich, worauf der Beamte gestarrt haben mag, wenn bei seinem Eintritt der Computer ganz offensichtlich ausgeschaltet war.
Nach insgesamt 16 Minuten spuckte der Laserdrucker endlich fünf Blätter aus. Der Mitarbeiter überprüfte diese, forderte 10,--Euro und griff nach dem Tacker.
„Oh, bitte nicht“, protestierte Peterle. „Ich brauche eine Kopie davon. Könnten Sie vielleicht …“
„Ich bitte Sie“, fuhr ihn der Beamte an. „Wo denken Sie hin. Dies ist ein amtliches Dokument.“
Peterle erklärte ihm die Situation: „Sehen Sie, meine Frau und ich wollen unser Haus verkaufen. Der Makler braucht einen Grundbuchauszug und ich möchte das Original gern behalten. Vielleicht haben Sie einen Kopierer?“
Der Beamte lehnte dieses Ansinnen vehement ab, reichte den getackerten Grundbuchauszug über den Schreibtisch und bot mit strengem Blick an: „Ich könnte Ihnen das Dokument noch einmal ausdrucken, wenn´s denn sein muss. Dann sind allerdings weitere 10,-- Euro fällig.“
Enttäuscht gab Peterle auf, legte die geforderte Gebühr auf den Tisch, griff nach seinem Dokument und verließ stumm das Büro. Gedankenverloren setzte er sich im Flur auf eine Bank.
Wenn nun bei einer Rationalisierungsmaßnahme diese Behörde geschlossen werden würde, so überlegte er, und dieser Mann müsste sich in der freien Wirtschaft eine Anstellung suchen, dann …
Nein, er wollte diese Gedanken nicht an sich heranlassen. Aber es war zu spät. Die Illusionen hatten ihn bereits gepackt. Vor seinem geistigen Auge sah er den Beamten in einer Schlange vor der Suppenküche stehen.
Und wenn er eine Familie mit Kindern hat? Dann würden diese auch … Allerdings trug er keinen Ring, erinnerte er sich. Wie auch immer. Vielleicht bin ich ungerecht. Schließlich sind die Mitarbeiter der Behörden Tag für Tag für uns alle im Einsatz. Und jeder Bürger ist verpflichtet, seinen Teil zum gesellschaftlichen Wohl beizutragen. Beim nächsten Behördenbesuch, nahm er sich vor, werde ich geduldiger und noch höflicher auftreten und meine Mütze bereits vor Eintritt abnehmen.
Er erhob sich von seiner Bank, klemmte sein mühsam erkämpftes Dokument unter den Arm und ging seines Wegs, ein fröhliches Liedchen auf den Lippen: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in den Copy-Shop.“
Laurin Schön
Der Lenz
Grimmige, entkräftete Gesichter,
leuchten wieder auf,
es taucht die Stadt ins Loh der Lichter,
man ist wieder wohlauf.
Die Sonne schimmert in blitzenden Tönen,
stetig schwindet jeglicher Verdruss,
sie vermag uns alljährlich zu krönen,
mit ihren Strahlen, ein Hochgenuss!
Mit der Laune kehrt ein das Schwärmen,
nach kühlen, plätschernden Gewässern,
mal ein Säuseln, mal ein Lärmen,
aus glucksend gefüllten Fässern.
Hört an, der Lenz lässt aufleben,
was den Bürger so erquickt,
er möcht´ die Blüten gar umweben,
bevor der Vogel sie erpickt.
Dieses Wandeln, es legt in jedem Gemüt sich nieder,
der Mensche schweift, sehnt, sinnt,
dem Lenze wird es nie zuwider,
bis jäh ihm die Zeit entrinnt.
Anton Zuber
Das Kekspäckchen
Allen war sie sympathisch. „Tante Gerti“, wie wie wir sie nannten, lebte allein im einstöckigen Haus am Ende unserer Straße. Angehörige hatte die sympathische Dame nicht, außer ihrem Sohn. Der war vor fünf Jahren mit seiner Familie berufsbedingt nach Marseille gezogen.
Am späten Vormittag klingelte Tante Gerti aufgeregt an unserer Haustüre. Als ich öffnete, wedelte sie mit einem Brief.
'“Mir ist ganz schlecht“, stammelte sie, „nach Marseille soll ich fliegen. Das überlebe ich nicht.“
Ungeduldig zeigte die zierliche Frau mir den Brief. Es war die Einladung zur Taufe ihres Urenkels zusammen mit einem Flugticket.
„So sehr ich mich auf meinen Urenkel freue“, platze sie heraus, nachdem sie am Küchentisch Platz genommen hatte, „aber ich bin noch nie geflogen und ich will das auch nicht.“
Meine Argumente für einen Flug quittierte sie zunächst mit heftigem Kopfschütteln. Doch mein Einwand, sie würde vielleicht niemals ihren Urenkel zu Gesicht bekommen, machte sie nachdenklich. Als ich ihr dann auch noch vorschlug, sie zum Flughafen zu begleiten, war das Eis gebrochen.
„Aber bitte nur bis zur Abflughalle. Ich komme alleine zurecht.“ Ich akzeptierte ihren Wunsch.
Bis zum Tag des Abflugs war Tante Gerti richtig zappelig. Sie schlief kaum noch in den folgenden Nächten. Dann war der Abreisetag gekommen. Nachdem ich sie bis zum Abfluggebäude gebracht hatte, blieben ihr noch drei Stunden Zeit.
Was danach geschah, bekam ich nicht mehr mit. Aber nach ihrer Rückkehr erzählte sie es mir detailgenau:
Inmitten der großen Halle blieb Tante Gerti zunächst wie angewurzelt stehen. Nachdem sie ihren Koffer aufgegeben hatte spürte sie deutlich ihre schmerzenden Beine. Sie kaufte sich am Kiosk eine Tageszeitung und ein Päckchen Kekse. Danach suchte Tante Gerti eine ruhige Sitzecke. An einer bequemen Sitz-Tisch-Garnitur machte sie es sich gemütlich und schlug die Zeitung auf.
Als Gerti sich gerade in den politischen Teil ihrer Zeitung vertiefte, näherte sich ein junger Mann und ließ sich lässig auf dem Sitz gegenüber nieder. Sie lugte über den Zeitungsrand und beobachtete den etwa Zwanzigjährigen. Dem Aussehen nach könnte es ein Ausländer sein, dachte sie, vielleicht sogar ein junger Asylbewerber. Diesen Typen traute sie СКАЧАТЬ