Название: 4. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2018
Автор: Christoph-Maria Liegener
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные стихи
isbn: 9783746992471
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Deine Hände auf meiner Haut, dein heißer Atem an meinem Ohr. Mein Herz pocht ganz laut.
Dann schaust du mich an. Was du denkst, kann ich nur erahnen.
Ich höre meine Gedanken mich ermahnen. „Das ist keine gute Idee, irgendwem tut sowas am Ende immer weh.“
Du weißt, ich kann alleine sein und ich weiß es auch. Ich bin eine gute Version von mir, wenn ich unabhängig bin. Trotzdem wollte ich dich wieder sehen, nicht nach Hause gehen, wann immer ich Zeit mit dir verbrachte.
Ich öffnete mich, teilte meine guten und schlechten Seiten, aber vor allem die guten. Eine Stunde fühlte sich an wie zwei Minuten.
Unsere gemeinsamen Momente waren wie ein Tanz auf Scherben, spannend aber gefährlich.
Die Zeit mit dir war eine Mischung aus Cola küsst Orange und Cola mit Mentos. Explosiv und herrlich.
Du brachtest mich um viele Stunden Schlaf – zusammen, aber auch allein.
Ich hatte das Gefühl, ich konnte dir nie das bieten, was du suchtest und wurde innerlich ganz klein.
Trotzdem, du erzähltest mir schöne Dinge, dass du mich vielleicht sogar magst, dass ich dir doch nicht ganz unwichtig bin?
Für mich machte das alles keinen Sinn, aber ich wollte dich in den schillerndsten Farben sehen. Von dir kam nur Stille, kein Wille, einen Schritt mehr zu gehen. Du schautest mich mit leeren Augen an und ließest mich im Regen stehen.
Ich zog mir ein hübsches Kleid an und überlegte mir, welche Schuhe dazu passen. Ich wollte, dass du deine Finger nicht kannst von mir lassen.
Komplimente machte ich mir immer selbst, denn von dir kamen keine Worte der Anerkennung. Dein Verhalten zeigte mir, du spielst ein Spiel und ich bin die Marionette. Bin ich eine Klette?
Ich gab dir alles, ich versuchte es. Du hast alles genommen und einen Teil davon hast du weggeworfen. Ich sah dich mit anderen Frauen und dahin war mein Vertrauen. Mir ging es schlecht, doch dir war das gerade recht.
Du gabst mir das Gefühl, dass du mich nicht willst. Das Gefühl, dass ich dir nicht genug bin. Und ich wusste, das mit uns macht auf gar keinen Fall Sinn.
Ich wollte doch die Starke sein, ich wollte nie emotionalen Schiffbruch erleiden. Das wollte ich doch von Anfang an vermeiden.
Ich kann alleine sein. Ich bin eine gute Version von mir, wenn ich unabhängig und selbstständig und vor allem weg von dir bin. Doch dann kommst du wieder auf mich zu, und entschuldigst dich. Ich sehe keine Fehler obwohl ich so viel auszusetzen hätte. Verleugne ich mich?
Mir war immer klar, du bist der Wind der Gezeiten. Und ich bin eine leere Plastiktüte, die im Winde treibt, kein Ziel und keine Perspektive. Mitgerissen. In die weite Welt. Und verloren. Halb lebendig, halb gestorben.
Von hier oben war nur eins ersichtlich: nach der Flut kommt die Ebbe. Sobald mein Körper voller Endorphine war, war er danach noch viel schneller wieder leer. Und ich bereute es doch nie so sehr.
Ich denke an dich und denke an dich. Weißt du, manchmal denke ich noch viel weniger an mich. Das, was wir haben, ist unersetzbar und doch weiß ich, das ist nicht wahr. Meine Gedanken sind ganz und gar nicht frei. Jeder kann sie erraten, wie nächtliche Schatten, verfolgen sie mich.
Ich fühle mich auch ohne zu kiffen high. Ich ritze mich, doch so sehr tut es nicht weh. Ich betrinke mich, doch in so einen Zustand von Benommenheit komme ich nicht, um nicht an dich zu denken. Ich kann mich einfach nicht ablenken.
Ich laufe bergab, so schnell ich kann, doch ich komme nicht voran. Ich gehe tanzen, gehe feiern doch ohne dich feiere ich allein. Mit der Menge im Club, in der mich keiner interessiert. Ja, das ist alles so passiert.
Und jetzt ist es vorbei und ich kann alleine sein. Ich bin eine gute Version von mir, wenn ich unabhängig und selbstständig und vor allem weg von dir bin.
Kommentar: Erlebnisverarbeitung in Prosa. Man fühlt mit.
Anastasia Grubnik
Erlösung
19:32. Ich stehe. Der kühle Wind weht mir durch die Haare. Während in weiter Ferne die Sonnenkugel sich hinter den Horizont schleicht, wird sie von einem Heiligenschein aus zarten Rosatönen verfolgt. Vögel singen fröhliche Hymnen und kreisen über das Dickicht. Es ist unbequem. Bald wird es dunkel, dann wird es einfacher. Den Schlüssel des roten Polos, in dem ich hergefahren bin, habe ich stecken gelassen - es wäre verschwenderisch, ihn mitzunehmen.
Dass ich feige bin, weiß ich, doch es ist mir egal. Du und all die anderen haben zugesehen und nichts getan. Und ich? Ich habe es zugelassen. Wer Schuld hat? Diese Frage stelle ich mir schon lange nicht mehr, die Liste wäre zu lang. Meine Freunde, meine Eltern und dann warst da noch du, Jonas.
Du warst reinstes Gift und ein Gegenmittel gab es nicht. Nach der Sache mit dem Tape wollte ich nichts weiter als unsichtbar sein und es irgendwie durchs Schuljahr schaffen, doch du und jeder andere haben mich täglich daran erinnert, was passiert ist. Es hieß „ich sei einfach zu haben“ oder „eine Schlampe“. Als ich am Boden lag, hat sich niemand zu mir gelegt und gesagt „Hey, was eine scheiß Aussicht, lass uns wieder aufstehen“,nicht einmal meine besten Freunde Lena und Jana. Nein, ihr habt mich mit euren Sprüchen und Lästereien dazu verdammt, am Grund eines Meeres voller Verachtung und Hass in Einsamkeit zu ertrinken. Und meine Eltern? Ich liebe euch, auch wenn ihr durch eure Arbeit blind für mein Leid wart und auch sonst viel zu sehr mit euch selber beschäftigt, um zu merken, dass mit mir irgendwas nicht stimmt. Ich hoffe, dass mein Brief es euch erklären wird. All die Briefe.
Die Gewässer sind heute besonders unruhig. Auf das fast pechschwarze Wasser fallen einige letzten Sonnenstrahlen und schimmern wie Blitze an der Oberfläche. Auch die Wärme auf meiner Haut hat nachgelassen. Ich fühle wie mein Körper abkühlt, gleichzeitig bin ich von Angstschweiß bedeckt. Unwillkürlich klammere ich mich ein wenig fester ans Geländer.
Ich habs versucht. Ich habe es wirklich versucht. Anfangs war er unscheinbar, aber dann wurde er stärker. Und schließlich war der Schmerz mein stetiger Begleiter. Innerlich habe ich geschrien, immer öfter, immer lauter, doch niemand hat mich gehört. Gefangen in meiner persönlichen Hölle, suchte ich vergeblich nach einem Ausweg. Und dann passierte es.
Meine Entrüstung, meine Wut und Machtlosigkeit flossen in Strömen und die Flut war nicht mehr zu stoppen. Das Fass war übergelaufen und als es sich geleert hatte, blieb nichts weiter als Gleichgültigkeit und emotionslose Stille zurück. In mir wurde es dunkel und stumm. Meine Gedanken höre ich seitdem nur noch in weiter Entfernung, als seien es nicht meine eigenen. Gleichgültigkeit und Kälte ummanteln mich.
Ich zittere. Mein Blick gleitet über die mir vertraute Umgebung. Die Tannen, die mir in meiner Kindheit als Riesen, gekleidet in prachtvolle Kleider, erschienen, sind zu Zwergen geschrumpft und haben ihre Nadeln verloren. Das Vogelgezwitscher ist verstummt, als wüssten selbst die Vögel, dass ein Unheil naht. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und langsam wird der Wald in einen Mantel aus Dunkelheit gehüllt.
Seit Monaten lebe ich in Dunkelheit, eine Dunkelheit, die sich unscheinbar und leise in deine Seele schleicht und sie erbarmungslos zerfrisst, bis nichts mehr übrigbleibt. Sie lässt eine leere Hülle zurück, äußerlich makellos, doch der Schein trügt. Sie übernimmt СКАЧАТЬ