Название: Magierin der Liebe
Автор: Monika Auer
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Биографии и Мемуары
isbn: 9783748237839
isbn:
„Dein Freund ist aber hässlich. Doch so eine Hure wie du, hat nichts Besseres verdient“, keift die mittlere Schwester nach ihrer Abfuhr los.
Das Gelächter meiner Mutter ist ihr Beifall. Sie wird nicht in ihrem Fehlverhalten korrigiert, muss sich nicht bei mir für ihren Aussetzer entschuldigen. Stattdessen weidet sich meine Mutter darin, wie ihre Verbündete meine Beziehung zum Postbeamten in den Dreck zieht.
„Der will doch bloß Sex. Danach lässt er dich wie eine heiße Kartoffel fallen“, wertet meine Mutter ebenso seine Liebe zu mir ab.
Ich ertrage ihre Irrationalität nicht mehr. Verletzt ziehe ich mich von ihnen zurück. Trotz meiner verzweifelten Abwehrstrategien trifft mich dieser Nachmittag mitten ins Herz. Aus Frieden wurde zum xten Mal Krieg.
Und zum xten Mal versöhne ich mich mit meiner Mutter.
„Ach komm her. Du bist doch meine Große. Lass uns Frieden schließen“, lockt sie mich aus der Reserve. „Ich habe doch bloß Angst, dass du das Gleiche erleben musst, wie ich mit deinem Vater. Sei nicht so dumm und naiv, wie ich es war. Ich wünschte, ich hätte jemanden gehabt, der mich vor allem bewahrt hätte.“
„Dann wärst du kinderlos“, antworte ich, „bist du nicht froh, uns zu haben?“
„Gerade du, meine Große, warst immer mein Wunschkind“, sagt sie.
Ihre Behauptung straft sie Lügen durch ihr abwehrendes Verhalten.
„Das stimmt nicht Mama. Dein Lieblingskind ist deine zweite Tochter.“
In meiner Naivität, unsere Mutter-Tochter-Bindung könne sich einmal zum Guten wenden, tappe ich erneut in ihre gemeine emotionale Falle.
Seit Tagen stellt mir die Mama bohrende Fragen zur Verhütung.
„Brauchst du die Pille?“, will sie wissen. „Wenn du die Pille brauchst, vertraue dich mir an. Ich will nicht, dass du zu früh schwanger wirst. Du sollst erst deine Ausbildung fertigmachen und von keinem Mann abhängig sein. Mach es anders als ich.“
Zugern möchte ich meiner Mama vertrauen und ihr es abkaufen, dass sie das Beste für meine Zukunft will. Wie sehr wünsche ich mir eine Mutter, die wie eine Freundin ist, und mit der ich über ein so prekäres Thema wie Sexualität und Verhütung sprechen kann.
„Ja Mama, ich bräuchte die Pille. Wir benutzen zwar Kondome, aber diese könnten platzen, oder?“, vertraue ich mich ihr an.
Kaum habe ich es gesagt, läuft das Gesicht meiner Mutter dunkelrot an. Und da wird sie auch schon zu einer Atombombe, ohne jede Vorwarnung ist wieder Krieg.
„Du Hure. Hab‘ ich‘s doch gewusst, dass du eine Schlampe bist“, schreit sie mit bebenden Lippen.
„Du machst auf der Stelle Schluss mit diesem Kerl, sonst sperre ich dich so lange ein, bis er sich aus Frust trennt“, droht sie mir gleich darauf mit Strafe.
Freeze. Mir bleibt das Herz stehen. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht. Ständig diese Vertrauensbrüche, diese Kränkungen. Wie lange kann ein Mensch so was aushalten? Ich spüre mich kaum, höre alles Weitere wie durch Watte. Dissoziation.
„Sei doch nicht so blöd und binde dich gleich an den erstbesten Kerl. Mach‘ nicht die gleichen Fehler. Genieße deine Jugend. Lass‘ dich von vielen Männern ausführen“, muss ich mir ihren irrationalen Tipp anhören.
In mir zerbirst etwas in tausend Stücke. Ich verlasse meinen Körper. Black out.
Als ich wieder bei klarem Bewusstsein bin, liegt meine Mutter mit dem Rücken auf dem Küchentisch. Sie starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an. Sie hat Angst vor mir. Und noch etwas sehe ich in ihrem Blick: Respekt. Erst dann realisiere ich, dass ich bäuchlings auf ihr liege, meine Hände an ihrem Hals. Affekthandlung. Ich muss im Blackout wie eine Raubkatze auf sie draufgesprungen sein.
Das macht mir Angst. Schnell steige ich vom Körper meiner Mutter ab. Der Gedanke, ich könnte noch einmal derart die Kontrolle über meine Gefühle verlieren, erschüttert mich. Das Letzte, was ich brauche, ist, ihretwegen zur Mörderin zu werden. Es wird Zeit zu gehen. Einen Tag später verlasse ich dieses zuhause.
Ich bin noch keine achtzehn Jahre alt und obdachlos. Seit der furchtbaren Eskalation stolpere ich wie ein Zombie durch Raum und Zeit.
Warum ich nicht mit meiner ersten großen Liebe zusammenziehe, wo er doch stets tapfer zu mir hielt und mich gegen meine böse Mutter, diese schwarze Tarantel, beschützte, verstehe ich selbst nicht. Seit einigen Wochen bin ich sexuell blockiert, was mich unter starken psychischen Druck setzt. Dass die Blockade eine posttraumatische Belastungsstörung sein könnte, ahne ich nicht im Mindesten. Ich trenne mich von meiner ersten großen Liebe, weil ich denke, die Liebe sei verglüht.
Ich fliehe also vor Bindung. Ich bin innerlich ohne Halt. In meinem Bauch schmerzt es arg. Ich kotze viel. Ich nehme erst einmal ein Angebot einer Bekannten an, bei ihr auf dem Sofa zu schlafen, bis ich eine neue Unterkunft finde. Inzwischen bin ich im dritten Jahr meiner Berufsausbildung, die abermals schulischer Natur ist. Ich brauche Geld. Deshalb nehme ich einen Nebenjob als Bedienung in einem Szenecafé an. Unmittelbar darauf bricht Beziehungsanarchie aus.
Und es geschieht so, wie meine Mutter es wollte. Ich lasse mich von vielen jungen Männern ausführen. Es ist ganz einfach, denn sie laufen mir nach. Ich bin oft am Wochenende in einem Klub, wo ich mir stundenlang die Seele aus dem Leib tanze. Deshalb kommen die Jungs zu mir auf die Tanzfläche, um mir dort einen Drink zu überreichen.
Eines Abends wird der 38-jährige Klubbesitzer auf mich aufmerksam. In meiner hoffnungslosen Lage, immer noch ohne festen Wohnsitz, wirkt sein Interesse an mir 18-jährigen schmeichelhaft. Ich beginne mit ihm einen Flirt. Fast täglich holt er mich mit seinem weißen Porsche ab, zeigt er mir die besten Lokale.
„Wohne bei mir in der Villa. Ich hab genug Platz“, schlägt er bald vor. „Außerdem kannst du bei mir gutes Geld verdienen. Im Café suche ich eine Servicekraft.“
Sein Angebot sollte mich freuen, doch etwas macht mich misstrauisch. Inzwischen zeigt der 38-jährige Klubbesitzer selbstbewusst, was er von mir erwartet. Er verkündet mir seine ersten Bedingungen, als hätte er Rechte an mir. So soll ich ihm jeden Morgen Kaffee ans Bett bringen. Auch sei ich in Zukunft für die Küche verantwortlich. Flashback. Sein dominanter Charakter stürzt mich unbewusst in einen Konflikt. Etwas in mir verschließt sich. Es wird jedoch Jahre dauern, bis ich verstehe wieso: All diese Männerfantasien über die Rollen einer Frau, bevorzugt sexy Putzfrauen, Köchinnen oder Krankenschwestern, die sich, nach abgeleisteter Arbeit versteht sich, in willenlose Sexsklavinnen verwandeln; all das, überführt mich ins Re-Trauma.
Hinzu kommt, dass mein älterer Freund sich selten für meine Bedürfnisse interessiert. Es wird so gemacht, wie er es will. Letzteres durchschaue ich schneller, trotz meiner Jugend. Sein Reichtum, seine Villa, sein Porsche, sein Klub und sein Szenecafé, all das wäre für mich zu einem goldenen Käfig geworden. Ich sollte sein Panther sein, den er gefangen hält, damit er ihn für sich allein haben und ganz nach seinen Vorstellungen abrichten kann. Ich verzichte und wähle beherzt meine Freiheit, obwohl ich da draußen, in der großen weiten Welt, keinen Halt finde. Einen festen Boden unter den Füßen zu haben, täte mir gut. Ich weiß gar nicht, wie sich das anfühlt. Bisher war mein Leben ein einziges Erdbeben.
Da kommt mir das Angebot für einen Unterschlupf bei meiner zweiten besten Freundin und ihrer Mutter wie СКАЧАТЬ