Religion, Wissenschaft und die Erkenntnis der Wirklichkeit. Abraham Ehrlich
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СКАЧАТЬ Göttliche stellt den höchsten Grad der Abstraktheit dar und ist somit das Konkreteste schlechthin: Es gibt in der so verstandenen Wirklichkeit nichts, was nicht göttlich bestimmt ist. Es liegt am Göttlichen, uns von seiner übermenschlichen, wirksamen Lebendigkeit ein Zeichen zu geben, eine Wirksamkeit, die die Welt im Allgemeinen und die Sphäre des Menschlichen im Besonderen durchdringt, beherrscht und leitet.

      7. Die Ausschließlichkeit so wie die maximale Abstraktheit des monotheistischen Göttlichen erzeugt für den Glaubenden das Problem der lebendigen Verbindung des Göttlichen mit dem Menschen.

      Entscheidend ist dabei die Offenbarung, sie ist aber zunächst nichts weiter als die Offenbarung einer höheren, uns unbekannten Kraft. Als solche ist sie noch weit davon entfernt, eine göttliche Macht zu sein: Vielleicht handelt es sich hier bloß um eine gewaltige, uns nicht bekannte Naturerscheinung?

      Die oben genannte lebendige Verbindung des Göttlichen mit dem Menschen muss sich schon in der Offenbarung des Göttlichen zeigen: In seiner Ausschließlichkeit und in seiner maximalen Abstraktheit muss es sich als die Macht zeigen, deren Wesen im Ganzen des Lebens und im Ganzen der Wirklichkeit wirksam ist.

      Das Göttliche muss sich in seiner Offenbarung gleich als das Ein-Einzige der gesamten Wirklichkeit zeigen: Die Offenbarung muss die Ausschließlichkeit und die maximale Abstraktheit des Göttlichen in der ganzen Fülle des konkreten Lebens und des konkreten Daseins zeigen. Das Göttliche muss sich also nicht nur als Herr alles Wirklichen, sondern darüber hinaus als Herr der gesamten Wirklichkeit erweisen.

      Angesichts solch einer Forderung verliert der Begriff des alltäglichen Glaubens als Ausdruck des Wissensmangels im Zusammenhang mit der Religion jegliche Bedeutung. Die so genannte persönliche Offenbarung des Göttlichen ist keine alltägliche Angelegenheit. Hier kommt das schon erwähnte fundamentale Vertrauen zum Tragen: Es ist ein Vertrauen, das sich zumindest seines Fundaments vergewissern kann.

      Mit dem Vergewissern des Fundaments des Gottesvertrauens ist natürlich nicht die „Beweisführung“ für die Wahrheit der Religion gemeint. In so einem Fall hätte es keinen Sinn, von Vertrauen zu reden. Gemeint ist zunächst die Feststellung der fundamentalen Entsprechung der erkenntnismäßigen Wahrheit der Wirklichkeit mit dem Offenbarungsinhalt bzw. mit der Lehre Gottes über Mensch und Welt und über ihr Verhältnis zueinander.

      Hier liegt zunächst der einzige für uns mögliche Maßstab für die Wahrheit der Offenbarung und mit ihr für die Bestätigung des tatsächlichen Bestehens des Göttlichen. Das ist das eigentliche Problem der Religionsstifter und der Mystiker aller Religionen zu allen Zeiten.

      Die einzelnen Religionen mögen sehr unterschiedlich sein, ihr Fundament muss aber dasselbe sein: Eine Religion, die mit der Wahrheit der Wirklichkeit und mit dem in ihr eingebetteten Menschenverständnis nicht in Einklang steht, kann keine wahre Religion sein.

      So z.B. kann eine menschenverachtende Religion, eine, die die Grundrechte des Menschen missachtet, eine Religion, die das Denken ignoriert oder verfälscht, keine wahre Religion

      sein. Sie stellt als solche die Negation all dessen dar, was gut, wahr und wichtig ist.

      Abschließend lässt sich also sagen, dass der Gottesglaube das erste sein müsste, auf das Kants Aufklärungsaufruf direkt angewandt werden sollte: Der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit: "Sapere aude!". Denn der größte Feind aller Wahrheit im Allgemeinen und einer jeden wahren Religion im Besonderen ist die blinde bzw. unkritische oder gar irrationale, autoritätsbezogene bestimmte Denkweise.

      16Vgl. System III, S.25

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