Название: Die Brüder Karamasow
Автор: Федор Достоевский
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Große verfilmte Geschichten
isbn: 9783955012083
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Grigori eilte zu Marfa Ignatjewna und schickte sie zu Lisaweta, damit sie ihr half. Er selbst lief zu einer alten Hebamme, die zum Glück in der Nähe wohnte. Das Kind wurde gerettet, aber Lisaweta starb bei Tagesanbruch. Grigori nahm das Kind, trug es ins Haus, legte seiner Frau das Kind auf die Knie, unmittelbar an die Brust, und sagte: »Eine Waise ist Gottes Kind und mit allen verwandt, diese hier aber mit mir und dir ganz besonders. Dieses Kind hat uns unser kleiner Verstorbener geschickt. Es stammt ab von einem Sohn des Teufels und von einer Gerechten. Nähre es und weine nicht mehr!« So zog denn Marfa Ignatjewna den Knaben auf. Sie ließen ihn taufen und nannten ihn Pawel, mit Vatersnamen aber nannte man ihn allmählich ganz von selbst, ohne daß es jemand angeordnet hätte, Fjodorowitsch. Fjodor Pawlowitsch erhob keinen Einspruch und fand das alles sogar amüsant, obgleich er weiterhin energisch bestritt, mit der Sache etwas zu tun zu haben. Den Einwohnern unserer Stadt gefiel es, daß er den verwaisten Knaben aufgenommen hatte. Später erfand Fjodor Pawlowitsch für ihn auch einen Familiennamen; er nannte ihn Smerdjakow, nach dem Beinamen »Smerdjastschaja« – die Stinkende, den seine Mutter Lisaweta gehabt hatte. Dieser Smerdjakow also wurde dann Fjodor Pawlowitschs zweiter Diener und wohnte zu Beginn unserer Erzählung im Seitengebäude, zusammen mit dem alten Grigori und der alten Marfa. Er war als Koch eingesetzt. Gern würde ich noch dies und das speziell über ihn berichten, aber ich schäme mich, die Aufmerksamkeit meines Lesers so lange für gewöhnliche Dienstboten in Anspruch zu nehmen, und gehe daher wieder zu meiner Erzählung über, hoffend, daß der weitere Verlauf der Geschichte ganz von selbst Anlaß zu weiteren Mitteilungen über Smerdjakow geben wird.
3. Beichte eines heißen Herzens (in Versen)
Als Aljoscha den Befehl seines Vaters hörte, den dieser ihm bei der Abfahrt vom Kloster aus dem Wagen zuschrie, blieb er eine Weile in verständnislosem Staunen auf dem Fleck stehen. Nicht daß er lange wie ein Pfahl dagestanden hätte, das war nicht der Fall. Im Gegenteil: trotz aller Beunruhigungen brachte er es bald fertig, in die Küche des Abtes zu gehen und sich zu erkundigen, was sein Papa angerichtet habe. Dann machte er sich auf den Weg in die Stadt, in der Hoffnung, es könnte ihm unterwegs irgendwie gelingen, das quälende Rätsel zu lösen. Dies im voraus: Das Geschrei seines Vaters und der Befehl, »mit Kopfkissen und Matratze« nach Hause umzuziehen, schreckten ihn nicht im mindesten. Er wußte, dieser laute und ostentativ herausgebrüllte Befehl zum Umzug war »in der Hitze« erteilt worden, sozusagen um der Schönheit willen – ähnlich wie unlängst ein betrunkener Kleinbürger unseres Städtchens an seinem Namenstag, wütend darüber, daß man ihm keinen Branntwein mehr gab, in Gegenwart seiner Gäste plötzlich sein eigenes Geschirr zerschlug, seine und seiner Frau Kleider zerriß, seine Möbel zerbrach und zuletzt die Fensterscheiben im Hause einschlug – und alles nur um des schönen Scheins willen. Etwas ganz Ähnliches war jetzt auch bei Aljoschas Papa der Fall. Als der betrunkene Kleinbürger am anderen Tage wieder nüchtern geworden war, tat es ihm natürlich leid um seine zerschlagenen Tassen und Teller. Aljoscha wußte, der Alte würde ihn schon am nächsten Tag wieder ins Kloster lassen, vielleicht sogar schon an diesem. Und er war auch fest davon überzeugt, daß der Vater eher jeden anderen als ihn kränken wollte. Aljoscha war davon überzeugt, daß ihn niemand auf der ganzen Welt jemals würde kränken wollen, ja daß niemand, selbst wenn er die Absicht hätte, es fertigbrächte. Das war für ihn ein Axiom, das ein für allemal gegeben war und keinen Zweifel zuließ, und in diesem Gedanken ging er ohne Zaudern und Schwanken seinen Weg.
Aber in diesem Augenblick regte sich in ihm eine Furcht von ganz anderer Art, die ihn um so mehr quälte, als er sie selbst nicht zu definieren vermochte: nämlich die Furcht vor einer Frau, vor Katerina Iwanowna, die ihn in dem von Frau Chochlakowa ausgehändigten Billett so dringend gebeten hatte, in irgendeiner Angelegenheit zu ihr zu kommen. Diese Bitte und die Notwendigkeit, unbedingt hinzugehen, hatten Qual in seinem Herzen hervorgerufen, und diese Qual war den Tag über immer schmerzlicher geworden, trotz aller folgenden Szenen und Vorfälle in der Einsiedelei und beim Abt. Was ihn ängstigte, war nicht der Umstand, daß er nicht wußte, worüber sie mit ihm sprechen und was er ihr antworten würde. Er hatte auch keine Angst vor Frauen im allgemeinen. Zwar kannte er die Frauen nur wenig, doch er hatte sein ganzes Leben, von der frühesten Kindheit bis zum Eintritt ins Kloster, nur mit ihnen zusammen gelebt. Er fürchtete speziell dieses eine weibliche Wesen, diese Katerina Iwanowna. Er fürchtete sie schon, seit er sie zum erstenmal gesehen hatte. Gesehen hatte er sie im ganzen dreimal, und gesprochen hatte er mit ihr nur einmal: zufällig ein paar Worte. Ihr Bild war ihm als das eines schönen, stolzen, energischen Mädchens im Gedächtnis geblieben. Aber nicht ihre Schönheit war es, was ihn quälte, sondern etwas anderes. Gerade diese Unklarheit trug jetzt dazu bei, seine Angst zu steigern. Die Absichten dieses jungen Mädchens waren edel, das wußte er. Sie wollte lediglich aus Großmut seinen Bruder Dmitri retten, obwohl der ihr gegenüber eine Schuld trug. Aber obwohl er das einsah und obwohl er nicht umhinkonnte, allen diesen großmütigen Gedanken Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, lief ihm doch ein Schauer über den Rücken, je näher er ihrem Hause kam.
Er sagte sich, daß er dort seinen Bruder Iwan Fjodorowitsch, der ihr so nahestand, nicht antreffen würde; er vermutete ihn jetzt beim Vater. Noch unwahrscheinlicher war es, daß er Dmitri antreffen würde, und er ahnte den Grund. Also würde das Gespräch unter vier Augen stattfinden. Gern wäre er vor diesem verhängnisvollen Gespräch noch bei seinem Bruder Dmitri vorbeigegangen, um ihn zu sehen. Auch ohne ihm den Brief zu zeigen, hätte er manches mit ihm besprechen können. Aber Dmitri СКАЧАТЬ