Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane - Arthur Conan Doyle страница 124

Название: Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane

Автор: Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026850861

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СКАЧАТЬ Roß sei. Aber der Name war ihm fremd.

      »Ich meine den Herrn auf Nr. 4.«

      »Was, den rothaarigen Mann?«

      »Ja.«

      »Der heißt William Morris. Er ist Anwalt und benützte mein Zimmer nur zur Aushilfe, bis sein neues Lokal fertig wurde. Er ist gestern umgezogen.«

      »Wo kann ich ihn finden?«

      »Auf seinem neuen Büro.« – Er gab mir die Adresse: King Edward-Street 17, bei St. Paul.

      Ich machte mich rasch auf den Weg, Herr Holmes; als ich dort ankam, fand ich eine Fabrik von Gummistrümpfen, und kein Mensch hatte je etwas von William Morris oder von Duncan Roß gehört.«

      »Was taten Sie dann?« fragte Holmes.

      »Ich ging nach Hause und fragte meinen Gehilfen um Rat. Doch vermochte der mir in keiner Weise zu helfen. Er meinte nur, wenn ich wartete, würde ich gewiß brieflich etwas erfahren. Das genügte mir aber nicht, Herr Holmes. Solch eine Stelle wollte ich nicht so ohne weiteres verlieren, und da ich erfuhr, daß Sie so freundlich sind, armen Leuten in der Not Rat zu erteilen, kam ich geradeswegs zu Ihnen.«

      »Daran taten Sie recht. Ihre Geschichte ist ganz merkwürdig, und ich will sie mit dem größten Vergnügen zu enträtseln suchen. Ihren Mitteilungen entnehme ich, daß die Sache ernstere Folgen haben kann, als auf den ersten Blick erscheinen mag.«

      »Ernst genug!« sagte Wilson. »Ich habe ja 4 Pfund wöchentlich verloren.«

      »Was Sie persönlich betrifft, bemerkte Holmes, »so haben Sie gerade nicht viel Grund zur Unzufriedenheit mit diesem seltsamen Bunde. Irre ich nicht, so sind Sie um etwa dreißig Pfund reicher geworden, ganz abgesehen von der eingehenden Kenntnis, die Sie von allem, was mit dem Buchstaben A beginnt, erlangten. Verloren haben Sie also nichts durch die Leute.«

      »Nein, Herr Holmes. Aber ich will dahinter kommen, will wissen, wer die Leute sind und weshalb sie mir diesen Possen gespielt haben – wenn es ein Possen ist. Ihnen kam der Spaß ziemlich teuer zu stehen, zweiunddreißig bare Pfund hat er sie gekostet.«

      »Wir werden uns Mühe geben, diese Punkte für Sie aufzuklären. Vorerst einige Fragen, Herr Wilson: Wie lange war der Gehilfe, der zuerst Ihre Aufmerksamkeit auf die Anzeige lenkte, damals schon bei Ihnen?«

      »Damals ungefähr einen Monat.«

      »Wie kam er zu Ihnen?«

      »Durch ein Inserat in der Zeitung.«

      »War er der einzige, der sich meldete?«

      »Nein, ich hatte ein Dutzend Anmeldungen.«

      »Warum wählten Sie gerade ihn?«

      »Weil er geschickt war und billige Anforderungen stellte.«

      »Für halben Lohn, – nicht wahr?«

      »Ja.«

      »Wie sieht er aus, dieser Vincent Spaulding?«

      »Er ist klein, untersetzt, sehr gelenkig und trägt kurze Hosen, obwohl er vielleicht nahe an dreißig ist. Auf der Stirn hat er eine weiße Narbe.«

      Ganz aufgeregt fuhr Holmes in die Höhe. »Dacht’ ich’s doch«, sagte er. »Haben Sie je bemerkt, daß seine Ohren durchstochen sind zum Einhängen von Ohrringen?«

      »Ja. Er sagte mir, eine Zigeunerin habe ihm die Ohrlöcher gestochen, als er ein Knabe war.«

      »Hm«, meinte Holmes und versank in tiefes Nachdenken. »Ist er noch bei Ihnen?«

      »Jawohl; eben erst verließ ich ihn.«

      »Wurden Ihre Geschäfte während Ihrer Abwesenheit ordentlich besorgt?«

      »Darüber läßt sich nicht klagen, am Morgen ist nie sehr viel zu tun.«

      »Das genügt, Herr Wilson. Hoffentlich vermag ich Ihnen schon in den allernächsten Tagen meine Ansicht über die Sache mitzuteilen. Heute ist Sonnabend, vielleicht können wir am Montag zu einem Ergebnis gelangen.« –

      »Nun, Watson, was denkst du von der Geschichte?« fragte Holmes, als uns der Mann verlassen hatte.

      »Ich denke gar nichts«, erwiderte ich offen. »Das ist eine ganz dunkle Geschichte.«

      »Je wunderlicher die Fälle, um so weniger dunkel sind sie meist«, versetzte Holmes. »Die ganz alltäglichen Verbrechen, ohne besondere Merkmale, lassen sich am schwersten durchschauen, genau wie sich ein alltägliches Gesicht am schwersten wiedererkennen läßt. In dieser Angelegenheit tut aber Eile not.«

      »Was willst du denn anfangen?« fragte ich.

      »Rauchen«, gab er zurück. »Der Fall verlangt drei volle Pfeifen, und ich bitte dich, fünfzig Minuten lang nicht mit mir zu sprechen.« Er kauerte sich in dem Lehnstuhl zusammen, zog die Kniee fast herauf bis an seine Habichtsnase und schloß die Augen, während seine schwarze Tonpfeife wie der Schnabel eines seltsamen Vogels in die Luft ragte. Ich glaubte, er sei eingeschlafen, und nickte selbst ein bißchen, da sprang er plötzlich auf, wie jemand, der zu einem Entschluß gekommen ist, und legte seine Pfeife auf den Kaminsims. »Heute nachmittag spielt Sarasate in der St. James-Halle«, bemerkte er. »Was meinst du, Watson? Lassen dir deine Patienten einige freie Stunden?«

      »Ich habe heute nichts zu tun. Meine Praxis nimmt mich selten viel in Anspruch.«

      »So setze deinen Hut auf und komm mit. Wir gehen erst durch die City und frühstücken. Wie ich sehe, verspricht der Zettel viel deutsche Musik, die ist mir lieber als die französische und italienische; sie ist tiefer, und Vertiefung, das brauche ich gerade. Komm, Freund!«

      Wir benutzten schnell die Untergrundbahn bis Adlersgate, von wo uns ein kurzer Gang nach Saxe-Coburg-Square führte, dem Schauplatz der merkwürdigen Begebenheit, die wir am Morgen vernommen. Es war ein kleiner, düsterer Platz, der einst bessere Tage gesehen haben mochte; auf allen vier Seiten umgaben ihn dunkle zweistöckige Häuser, und in der Mitte lag ein eingezäunter Grasplatz, auf dem mehrere Lorbeerbüsche im Kampf mit der rauchgeschwängerten, nebeligen Luft ein kümmerliches Dasein führten. Drei vergoldete Kugeln und ein braunes Schild mit ›Jabez Wilson‹ in weißen Buchstaben an einem Eckhaus wiesen uns die Stelle, wo unser rothaariger Klient sein Geschäft betrieb. Sherlock Holmes blieb vor dem Haus stehen, neigte den Kopf zur Seite und betrachtete es von oben bis unten mit lebhaft zwinkernden Augen. Dann ging er langsam die Straße hinauf und wieder herab bis an die Ecke, immer forschend auf die Häuser blickend. Endlich kehrte er zum Pfandverleiher zurück, stieß seinen Stock mehrmals fest auf das Pflaster und klopfte dann an die Tür. Sie wurde von einem glatt rasierten jungen Mann mit kurzen Hosen geöffnet, der ihn bat einzutreten.

      »Danke«, sagte Holmes, »ich wollte nur bitten, mir zu sagen, wie man von hier nach dem Strand gelangt.«

      »Dritte Straße rechts, vierte links«, antwortete der Gehilfe schnell und schloß die Tür.

      »Schneidiger Kerl«, bemerkte Holmes, als wir weiter schritten. »Ich kenne in London wenig geriebenere Kerle als ihn, und was Keckheit betrifft, so steht er obenan. Von dem habe ich schon früher gehört.«

      »Offenbar«, meinte СКАЧАТЬ