Название: Gesammelte Krimis (69 Titel in einem Buch: Kriminalromane und Detektivgeschichten)
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026822240
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»Weiß ich nicht«, erwiderte er kurz. »Ich kann doch unmöglich alle Mädels kennen, die von Nizza nach Paris reisen.«
»Es war eine Miss President«, erklärte Toady Wilton. »Die Enkelin des alten President.«
Sir George runzelte die Stirn.
»Der die Rennpferde hat?«
»Ja.«
Es blieb Sir George keine Zeit, über diesen merkwürdigen Zufall nachzudenken. Er hatte sich für den Vormittag mit Soltescu verabredet und war schon sehr ungehalten, daß seine beiden Komplicen so spät kamen. Aber er mußte sie unbedingt sprechen, bevor der Rumäne im Hotel erschien. Er erklärte ihnen nun in kurzen Worten, wie er mit Soltescu vorgehen wollte.
»Wahrscheinlich wird er jetzt nicht mehr mitmachen«, klagte Toady Wilton.
»Nein, so ist er nicht«, entgegnete Sir George überzeugt. »Er hat unendlich viel Geld und kann noch zehnmal soviel verlieren wie in der vorigen Nacht, ohne daß es ihm etwas ausmacht. Sie haben ja keine Ahnung, wie reich dieser Mann ist. Sie werden sehen, daß er noch ebenso scharf auf die Sache ist wie vorher.«
»Ich wundere mich nur, daß er Ihnen sein Vertrauen schenkt.« Wilton ging zum Kamin und nahm eine Zigarre aus dem Kasten, der dort stand.
»Er hat alle Ursache, mir zu trauen«, erwiderte der Baronet mit einem schlauen Lächeln. »Ich habe ihn im vorigen Jahr überall in London herumgeführt. Und wenn ich nicht gewesen wäre, hätte er zwölftausend Pfund verloren.«
Wilton sah ihn ungläubig an.
»Ich dachte mir schon, daß Sie das überraschen würde«, sagte Sir George ironisch. »Es kam durch diesen Millington. Sie kennen ihn doch? Er unterhält die Spielhölle in Pimlico. Durch irgendwelche Manipulationen hat er es verstanden, Soltescu in sein Lokal zu locken, und die Leute spielten damals sehr hoch. Man sollte allerdings kaum annehmen,, daß sich ein so gerissener Spieler wie Soltescu rupfen ließe, aber merkwürdigerweise waren ihm die anderen über. Als ich sah, wie der Hase lief, ging ich zu Millington, nahm ihn beiseite und fragte ihn, wieviel Kommission er mir einräumen würde. Aber der Mann war unvernünftig, wollte nicht mit sich reden lassen und lachte mich nur aus.«
»Daraufhin sind Sie wohl mit Soltescu fortgegangen?« fragte Wilton und nickte beifällig.
»Ganz recht.«
»Aber wie können Sie sagen, daß Sie ihm zwölftausend Pfund gerettet haben?«
»Soviel hatte er an dem Abend bei sich, und ich kenne die Millington-Bande. Die hätten ihn bis aufs Hemd ausgezogen.«
Es klopfte, und ein Kellner kündigte Monsieur. Soltescu an. Der Rumäne sah bleich und müde aus und war vollkommen nüchtern. Trotzdem schien ihn der Verlust kaum berührt zu haben.
In gewisser Weise war der kleine Mann wirklich bewunderungswürdig. Er besaß große Selbstbeherrschung, und er war weit und breit wegen seines Wagemuts bekannt. Fast alle anrüchigen Unternehmungen Europas finanzierte er, und wenn auch die Regierungen der verschiedenen Staaten seine Tätigkeit nicht schätzten, so galt sein Name doch viel bei den internationalen Abenteurern, die er gut für ihre Dienste bezahlte.
Er erwähnte seinen Verlust nur mit wenigen Worten.
»Es ist ein unglücklicher Zufall. Aber ich habe eine so hohe Belohnung ausgesetzt, daß ich mit Sicherheit auf die Rückgabe der Mappe rechnen kann.«
»Wieviel Geld hatten Sie denn eigentlich noch darin?«
»Die Summe war nicht so unbedeutend«, entgegnete Soltescu leichthin. »Vierzigtausend Pfund in englischen Banknoten. Aber nicht das verlorene Geld macht mir soviel Sorge. Der Verlust der Schriftstücke trifft mich am schwersten.«
Er sprach an diesem Morgen fließend Englisch.
»Aber Sie sind doch Fachmann, kennen die Formel und haben die ganze Beschreibung des Herstellungsprozesses gelesen, wie Sie sagten? Genügt das nicht? Könnten Sie nicht wieder alles aufschreiben? Vielleicht gelingt es Ihnen, die Formel noch einmal aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren«, meinte Sir George.
Soltescu schüttelte lächelnd den Kopf.
»Nein, ich war gestern nicht auf der Höhe«, gestand er offen ein. »Und ich habe mir schon angewöhnt, mich nicht auf die Dinge zu besinnen, die ich in solchen Fällen erlebe. Wenn ich über all meine dummen Streiche nachdächte, bekäme ich ein zu großes moralisches Minus.«
»Schreiben Sie die Belohnung öffentlich aus?«
»Ja. Die genauen Einzelheiten kann ich natürlich nicht in die Zeitung bringen. Ich hatte die Papiere aus dem Umschlag herausgenommen und das Kuvert zerrissen, denn es standen einige Worte darauf, die mir unangenehm waren: ›Das biegsame Glas. Die Art der Herstellung. Eine Erfindung von John President.‹«
»John President?« fragte Sir George atemlos. »Donnerwetter, ich glaube, ich weiß jetzt, wer Ihre Mappe hat!«
Soltescu sah ihn verblüfft an.
»Woher wissen Sie es denn?« fragte er ungläubig.
»Ich bin meiner Sache ganz sicher. Was für eine Belohnung haben Sie denn ausgesetzt?«
Der Rumäne drohte Sir George mit dem Finger.
»Mein Freund, Sie sind tatsächlich sehr schlau und gerissen«, sagte er bewundernd. »Ich habe eine Belohnung von vierzigtausend Pfund ausgesetzt, doppelt soviel, wie mich die Schriftstücke ursprünglich gekostet haben. Die Sache ist es mir wert.«
»Vierzigtausend Pfund!« wiederholte Sir George. »Wissen Sie denn, wer in dem Abteil neben Ihnen schlief?«
»Darum habe ich mich nicht gekümmert«, entgegnete Soltescu ironisch. »Ich schicke meine Visitenkarte nicht zu meinen Nachbarn, wenn ich den Schlafwagen benütze.«
»Nun, dann will ich es Ihnen sagen. Es war die Enkelin John Presidents«, entgegnete Sir George langsam und mit Nachdruck. »Wenn Sie die Papiere von ihm gekauft haben –«
»Ich habe sie nicht von ihm, sondern von einem Mann, der sie dem Erfinder wahrscheinlich gestohlen hat. Also das war John Presidents Enkelin?« fragte er und versuchte, sich an die Vorgänge der Nacht zu erinnern. »Ich möchte nur wissen – ja, es muß stimmen«, sagte er dann und fuhr erregt mit der Hand durch sein Haar. »Ich besinne mich jetzt genau. Ich habe die Mappe fallen lassen, und dabei flog der Umschlag mit den Schriftstücken heraus. Sie hob das Kuvert auf – ja, das muß sie gewesen sein.«
Aufgeregt ging er im Zimmer auf und ab.
»Wo ist sie jetzt?« fragte, er dann schnell. »Ist sie in Paris oder in London?«
»Sie kam mit meinem Zug nach Paris. Ich habe sie auch gesehen. Sie ist sehr hübsch. Dunkle Haare und dunkelbraune Augen, gut gewachsen – direkt mein Typ. Ich glaube allerdings kaum, daß sie noch in Paris ist. Sie wird nach London durchgefahren sein. Aber das können wir ja bald herausbringen. Ich werde meinen Diener in London anrufen; er soll sich erkundigen, ob sie angekommen ist.«
»Ich СКАЧАТЬ