Lebenssplitter. Dietmar Wolfgang Pritzlaff
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Название: Lebenssplitter

Автор: Dietmar Wolfgang Pritzlaff

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961124756

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СКАЧАТЬ Feigling. Schluchzend schlich Dieter nach Hause und vergrub sich in sein Zimmer. Dieter hat bis heute niemandem davon erzählt. Weitere Peinlichkeiten konnte und wollte er nicht ertragen.

      Kurze Zeit später hatte die "Neue" in unserer Straße, namens Annette, Dieters Stellung bei Claudia erobert und wurde nach und nach Claudias beste Freundin. Dieter durfte nur noch manchmal im Paradiesgarten mitspielen und fühlte sich dann dort auch nur geduldet.

      Glücklicherweise gab es, wie schon erwähnt, noch andere Mädchen mit denen Dieter spielen konnte. Der Spielort wurde aus dieser Not heraus vom Paradiesgarten einfach auf die Straße verlegt. Die gemeinschaftlichen Spiele wurden meistens von sechs Mädchen und einem Jungen, unserem Dieter, gestaltet. Spiele wie "Halli-Hallo" - (Ich hoffe Du kennst dieses nette Spiel. Ein Spiel bei dem ein Spieler sich ein Wort ausdenkt, zum Beispiel einen Vornamen mit D. In jeder weiteren Runde kommen die nachfolgenden Buchstaben des Wortes dazu, solange bis das Wort gefunden wird. Sobald ein Mitspieler das Wort errät, schreit der Wort-Ausdenker "Halli-Hallo" tupft den Ball, so fest wie nur möglich auf den Boden auf, auf das er weit in die Luft zurückspringt. Je höher desto besser. Der Wort-Erräter muss nun aus seiner irgendwo kauernden Lage heraus den Ball zu fangen versuchen und wenn er ihn gefangen hat, musst er laut "STOP" rufen. Der inzwischen hoffentlich weit weggelaufene Wort-Ausdenker bleibt stehen und bildet mit seinen Armen vor seinem Körper einen Kreis. Der Wort-Erräter, der genau da stehenbleiben musst, wo er den Ball gefangen hat, musst nun versuchen den Ball in den Armen-Kreis des Wort-Ausdenkers zu werfen. Schafft er es, so darf der Wort-Erräter nun seinerseits ein Wort ausdenken, welches geraten werden musst. Schafft er es nicht, so darf der erste Wort-Ausdenker weiter ausdenken.) - oder "Dreh dich nicht um, der Plumpsack geht um", "Völkerball", "Grüne Gasse", Federball, Seilspringen oder "Gummi-Twist, machten den Kindern immer ganz besonders große Freude.

      Aber zurück zu einer weiteren Geschichte von Claudia und unserem noch immer feigen Dieter. Ja ihr habt richtig gelesen - Claudia. Sie hatte wohl an jenem Tag kein anderes Kind zum Spielen gefunden und gab sich an solchen Tagen auch mal wieder mit Dieter zufrieden. Diese Geschichte begab sich beim Vögel füttern. Es geschah ein Jahr später zur gleichen Zeit. Es war wieder Winter und Claudia und Dieter zogen am späten Nachmittag aus, um die restliche Zeit des Tages irgendwie herumzukriegen. Sie entdeckten dabei ein Vogelhäuschen, welches auf einem Pflock angebracht war, in einem benachbarten Garten. Und siehe da, die Vögel flogen nicht einmal weg. Waren sie so zahm oder nur so hungrig? Egal, jedenfalls liefen Claudia und Dieter schnell nach Hause, um sich aus dem elterlichen Vogelfuttervorrat eine Handvoll zu holen. Wieder am Vogelhäuschen angekommen, standen sie mit ausgestreckten, bekörnten, offenen Händchen am Jägerzaun des Gartens und versuchten die kleinen Piep-Mätze anzulocken. Mit "Piep-piep, piep-piep" und "Zirp-ti-zirp" und allen möglichen Pfiffen und Gebärden standen sie am Zaun, aber kein Vöglein wollte auch nur in die Nähe der Beiden kommen. Den größten Erfolg der Beiden, beschied ihnen die Unbekümmertheit einer hungrigen Drossel, die bis auf zwei Meter an den Zaun herankam und zugeworfene Körner aus dem Schnee fraß. Claudia und Dieter vergaßen bei soviel Tierliebe die Zeit. Es wurde schon langsam dunkel und die Füße froren in den Stiefeln, aber keiner von ihnen wollte die Fütterung der "Raubtiere" aufgeben. Plötzlich kamen zwei ältere Jungen auf die Beiden zu. (Schon wieder mal, ja, aber es waren nicht dieselben aus unserer ersten Geschichte.) Die Jungen gibbelten, rempelten sich gegenseitig an und beschimpften sich daraufhin lauthals. Bei diesem Lärm war es kein Wunder, dass die Vögel aufstieben und mit krächzendem Geschrei gen Himmel fuhren. Die zwei Jungen schlugen die Körner aus Claudias und Dieters Händen, zerrten an ihren Mänteln und hatten einen Heidenspaß dabei. Dieter verschlug es wieder einmal die Sprache. Er schluckte einmal kräftig, riß sich los und schwubbs - haste was kannste - ging es im Affenzahn nach Hause, in Sicherheit. Das letzte was Dieter noch mitbekommen hatte, war die Tatsache, dass Claudia wieder einmal ihren "Mann" gestanden hatte. Mit Boxen, Kneifen, Kratzen und Treten wehrte sie sich, bis Dieter - na ja, Du weißt ja was dann geschah.

      Später haben Claudia und Dieter nie wieder über diesen Vorfall gesprochen. (Gott sei Dank, würde Dieter sagen.) Zuhause angekommen, lief Dieter in sein Zimmer und zitterte am ganzen Körper. Alle Fragerei, Drängen und Gut-zu-reden seiner Eltern konnten nicht helfen, etwas aus ihm herauszubekommen. Er blieb stumm und druckste nur so herum.

      Aber nicht nur mit dem Mädchen Claudia passierten Dieter solche Sachen. Die nächste Feigheits-Story ereignete sich in Anwesenheit eines blonden, mit dicken Gläsern bebrillten Mädchen beim Rollschuhlaufen. Dieter fühlte sich stark, ärgerte und stänkerte aus Spaß und Langeweile das blonde Mädchen namens Regina, bis ein viel jüngerer, aber von seiner Statur her, kräftigerer Junge des Weges kam. Regina kannte ihn aus der Schule und bat ihn um Hilfe. Ein "nichts leichter als das" war in seinen Augen zu lesen und dann jagte der Junge hinter unserem armen berollschuhten Dieter her. Der Überraschungsangriff gelang. Der Junge erwischte ihn beim Ärmel, zerrte ihn herum und klatsch - hatte Dieter eine knallrote Wange geschlagen bekommen. Anstatt sich zu wehren, dachte Dieter beleidigt, wütend und traurig zugleich nur darüber nach, wie man sich in solch einer Lage denn hätte anders verhalten, sich wehren, sich helfen können und warum Regina so etwas mit ihm anstellen ließ. Er zog die Rollschuhe aus und ging verstört nach Hause. Dieter verschloss sich immer mehr und mehr, in seinem Geist und in seinem Zimmer vor der Außenwelt. Traute sich schon gar nicht mehr auf die Straße, und wurde langsam aber sicher, so ein richtiger ungenießbarer Einzelgänger.

      Einmal ging er allein in den Wald, um Pilze zu suchen. Ganz allein, mit einem großen geflochtenen Korb in der Hand, schlich er durch den herbstlichen Wald und durchwatete knöcheltiefes Laub. Als er den Korb voll der schönsten und kräftigsten Steinpilze und Rotkappen gesammelt hatte und ein Lied summend, den Heimweg antreten wollte, kamen ihm zwei Jungen in die Quere. (Schon wieder!) Die beiden waren viel jünger aber in der Überzahl (Zwei, immerhin.) Die beiden Jungen pöbelten Dieter an. Das reichte Dieter schon für einen kurzen Sprint. (Schnell weglaufen hat Dieter dadurch gelernt.) Wir wollen ehrlich sein, Dieter lief nicht, er hetzte durch den Wald nach Hause. Verlor dabei die ganzen Pilze und log seiner Mutter vor, dass er keine gefunden habe.

      Die beiden Jungen kannten Dieter jetzt, wussten wo er wohnte und erfuhren auch, dass Dieter der einzige Junge in seiner Straße war. Die Jungen kamen jetzt immer öfter, gerade in diese Straße und Dieter blieb immer öfter zu Hause. Sah Dieter die Jungen von weitem, so machte er einen großen Bogen um sie, und versuchte auf allen möglichen und unmöglichen Schleichwegen nach Hause zu kommen, um sich dort vor ihnen und der Umwelt zu verstecken.

      Informationshalber sollten wir noch in einer so traurigen Geschichte zwei Freudenerlebnisse des feigen Dieters, die in ganz besonderer Art und Weise mit den zuletzt geschilderten Begebenheiten in Verbindung standen, erwähnen.

      Das Erste war die Nachricht, dass einer der beiden oben erwähnten Jungen, durch einen Verkehrsunfall gestorben, und der andere Junge mit samt seiner ganzen Familie, wer weiß wohin verzogen war.

      Welches Glück, welche Freude erlebte Dieter, ausgelöst durch diese wunderbaren Umstände, die ihn von einem der größten Übel seines Lebens befreite. Seine Freude, seine Schadenfreude sprang in seinem Geiste über Tisch und Bänke und er dankte sogar gen Himmel dafür.

      Nach vier quälenden Grundschuljahren löste sich Dieters Klasse auf. Quälende Jahre, weil Dieter immer den anderen Jungen aus der Klasse, mit den tollsten Tricks und meist mit riesigen Umwegen, auf dem Weg zur Schule und wieder nach Hause, auszuweichen versuchte. Manche Kinder aus seiner Klasse gingen zur Realschule oder auf das Gymnasium. Und was tat Dieter? Er ging zur Hauptschule, denn dorthin gingen auch die ihm so liebgewonnenen Freunde (ja, auch Dieter hatte tatsächlich ein paar Freunde gefunden) und vor allem Freundinnen. Claudia, zum Beispiel, ging auch in das Hauptschul-Zeitalter über. Großmäuler, Schläger und Kravallisten ließen sich angeblich nur zu anderen Schulen versetzen. Davon wollte Dieter nichts wissen. (Dennoch gab es weiterhin genug Pöbler und Stänkerer an der Hauptschule und auch in seiner Klasse. ÄTSCH!)

      Dieters bester Freund Peter wohnte einige Straßen weiter. Um dort hinzugelangen, musste Dieter wohl oder übel an einem Treffpunkt СКАЧАТЬ