Gesammelte Werke von Gustave Flaubert. Гюстав Флобер
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Название: Gesammelte Werke von Gustave Flaubert

Автор: Гюстав Флобер

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027209903

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СКАЧАТЬ die dünne Wand hörte man das Klappern der Gabeln auf den Tellern im Eßzimmer.

      Sie gebrauche etwas, um die Ratten zu töten, die sie nicht schlafen ließen.

      »Ich müßte den Herrn Apotheker rufen.«

      »Nein! Nicht!« Und in gleichgültigem Tone setzte sie hinzu: »Das ist nicht nötig. Ich werd es ihm nachher selber sagen. Leucht mir nur!« Sie trat in den Gang, von dem aus man in das Laboratorium gelangte. An der Wand hing ein Schlüssel mit einem Schildchen: »Kapernaum.«

      »Justin!« rief drinnen der Apotheker, dem der Lehrling zu lange wegblieb.

      »Gehn wir hinauf!« befahl Emma.

      Er folgte ihr.

      Der Schlüssel drehte sich im Schloß. Sie stürzte nach links, griff nach dem dritten Wandbrett – ihr Gedächtnis führte sie richtig – , hob den Deckel der blauen Glasbüchse, faßte mit der Hand hinein und zog die Faust voll weißen Pulvers heraus, das sie sich schnell in den Mund schüttete.

      »Halten Sie ein!« schrie Justin, ihr in die Arme fallend.

      »Still! Man könnte kommen!«

      Er war verzweifelt und wollte um Hilfe rufen.

      »Sag nichts davon! Man könnte deinen Herrn zur Verantwortung ziehen!«

      Dann ging sie hinaus, plötzlich voller Frieden, im seligen Gefühle, eine Pflicht erfüllt zu haben.

      Neuntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Emma hatte eben das Haus verlassen, als Karl heimkam. Die Nachricht von der Pfändung traf ihn wie ein Keulenschlag. Dazu seine Frau fort! Er schrie, weinte und fiel in Ohnmacht. Was nützte das? Wo konnte sie nur sein? Er schickte Felicie zu Homais, zu Tüvache, zu Lheureux, nach dem Goldenen Löwen, überallhin. Und mitten in seiner Angst um Emma quälte ihn der Gedanke, daß sein guter Ruf vernichtet, ihr gemeinsames Vermögen verloren und die Zukunft Bertas zerstört sei. Und warum? Keine Erklärung! Er wartete bis sechs Uhr abends. Endlich hielt ers nicht mehr aus; und da er vermutete, sie sei nach Rouen gefahren, ging er ihr auf der Landstraße eine halbe Wegstunde weit entgegen. Niemand kam. Er wartete noch eine Weile und kehrte dann zurück.

      Sie war zu Haus.

      »Was ist das für eine Geschichte? Wie ist das gekommen? Erklär es mir!«

      Sie saß an ihrem Schreibtisch und beendete gerade einen Brief, den sie langsam versiegelte, nachdem sie Tag und Stunde darunter gesetzt hatte. Dann sagte sie in feierlichem Tone:

      »Du wirst ihn morgen lesen! Bis dahin bitte ich dich, keine einzige Frage an mich zu richten! Keine, bitte!«

      »Aber….«

      »Ach, laß mich!«

      Sie legte sich lang auf ihr Bett.

      Ein bitterer Geschmack im Munde weckte sie auf. Sie sah Karl … verschwommen … und schloß die Augen wieder.

      Sie beobachtete sich aufmerksam, um Schmerzen festzustellen. Nein, sie fühlte noch keine! Sie hörte den Pendelschlag der Uhr, das Knistern des Feuers und Karls Atemzüge, der neben ihrem Bett stand.

      »Ach, der Tod ist gar nichts Schlimmes!« dachte sie. »Ich werde einschlafen, und dann ist alles vorüber!«

      Sie trank einen Schluck Wasser und drehte sich der Wand zu.

      Der abscheuliche Tintengeschmack war immer noch da.

      »Ich habe Durst! Großen Durst!« seufzte sie.

      »Was fehlt dir denn?« fragte Karl und reichte ihr ein Glas.

      »Es ist nichts!… Mach das Fenster auf!… Ich ersticke!«

      Ein Brechreiz überkam sie jetzt so plötzlich, daß sie kaum noch Zeit hatte, ihr Taschentuch unter dem Kopfkissen hervorzuziehen.

      »Nimms weg!« sagte sie nervös. »Wirfs weg!«

      Er fragte sie aus, aber sie antwortete nicht. Sie lag unbeweglich da, aus Furcht, sich bei der geringsten Bewegung erbrechen zu müssen. Inzwischen fühlte sie eine eisige Kälte von den Füßen zum Herzen hinaufsteigen.

      »Ach,« murmelte sie, »jetzt fängt es wohl an?«

      »Was sagst du?«

      Sie warf den Kopf in unterdrückter Unruhe hin und her. Fortwährend öffnete sie den Mund, als läge etwas Schweres auf ihrer Zunge. Um acht Uhr fing das Erbrechen wieder an.

      Karl bemerkte auf dem Boden des Napfes einen weißen Niederschlag, der sich am Porzellan ansetzte.

      »Sonderbar! Sonderbar!« wiederholte er.

      Aber sie sagte mit fester Stimme:

      »Nein, du irrst dich!«

      Da fuhr er ihr mit der Hand zart, wie liebkosend, bis in die Magengegend und drückte da. Sie stieß einen schrillen Schrei aus. Er wich erschrocken zurück.

      Dann begann sie zu wimmern, zuerst nur leise. Ein Schüttelfrost überfiel sie. Sie wurde bleicher als das Bettuch, in das sich ihre Finger krampfhaft einkrallten. Ihr unregelmäßiger Pulsschlag war kaum noch fühlbar. Kalte Schweißtropfen rannen über ihr bläulich gewordnes Gesicht; etwas wie ein metallischer Ausschlag lag über ihren erstarrten Zügen. Die Zähne schlugen ihr klappernd aufeinander. Ihre erweiterten Augen blickten ausdruckslos umher. Alle Fragen, die man an sie richtete, beantwortete sie nur mit Kopfnicken. Zwei-oder dreimal lächelte sie freilich. Allmählich wurde das Stöhnen heftiger. Ein dumpfes Geheul entrang sich ihr. Dabei behauptete sie, daß es ihr besser gehe und daß sie sofort aufstehen würde.

      Sie verfiel in Zuckungen. Sie schrie:

      »Mein Gott, ist das gräßlich!«

      Karl warf sich vor ihrem Bett auf die Knie.

      »Sprich! Was hast du gegessen? Um Gottes willen, antworte mir!«

      Er sah sie an mit Augen voller Zärtlichkeit, wie Emma keine je geschaut hatte.

      »Ja … da … da … lies!« stammelte sie mit versagender Stimme.

      Er stürzte zum Schreibtisch, riß den Brief auf und las laut:

      »Man klage niemanden an….« Er hielt inne, fuhr sich mit der Hand über die Augen und las stumm weiter….

      »Vergiftet!«

      Er konnte immer nur das eine Wort herausbringen:

      »Vergiftet! Vergiftet!«

      Dann rief er um Hilfe.

      Felicie lief zu Homais, der es aller Welt ausposaunte. Frau Franz im Goldenen Löwen erfuhr es. Manche standen aus ihren СКАЧАТЬ