Gesammelte Werke von Gustave Flaubert. Гюстав Флобер
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Название: Gesammelte Werke von Gustave Flaubert

Автор: Гюстав Флобер

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027209903

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СКАЧАТЬ in den Armen; Giaurs, Türkensäbel, phrygische Mützen, nicht zu vergessen die faden heroischen Landschaften, auf denen Palmen und Fichten, Tiger und Löwen friedlich beieinanderstehen, und Minaretts am Horizonte und römische Ruinen im Vordergrunde eine Gruppe lagernder Kamele überragen, während auf der einen Seite ein wohlgepflegtes Stück Urwald steht, auf der andern ein See, eine Riesensonne mit stechenden Strahlen darüber und auf seiner stahlblauen, hie und da weiß aufschäumenden Flut, in die Ferne verstreut, gleitende Schwäne….

      Das matte Licht der Lampe, die zu Emmas Häupten an der Wand hing, blinzelte auf alle diese weltlichen Bilder, die eins nach dem andern an ihr vorüberzogen, in des Schlafsaales Stille, in die kein Geräusch drang, höchstens das ferne Rollen eines späten Fuhrwerks.

      Als ihr die Mutter starb, weinte Emma die ersten Tage viel. Sie ließ sich eine Locke der Verstorbenen in einen Glasrahmen fassen, schrieb ihrem Vater einen Brief ganz voller wehmütiger Betrachtungen über das Leben und bat ihn, man möge sie dereinst in demselben Grabe bestatten. Der gute Mann dachte, sie sei krank, und besuchte sie. Emma empfand eine innere Befriedigung darin, daß sie mit einem Male emporgehoben worden war in die hohen Regionen einer seltenen Gefühlswelt, in die Alltagsherzen niemals gelangen. Sie verlor sich in Lamartinischen Rührseligkeiten, hörte Harfenklänge über den Weihern und Schwanengesänge, die Klagen des fallenden Laubes, die Himmelfahrten jungfräulicher Seelen und die Stimme des Ewigen, die in den Tiefen flüstert.

      Eines Tages jedoch ward ihr alles das langweilig, aber ohne sichs einzugestehen, und so blieb sie dabei zunächst aus Gewohnheit, dann aus Eitelkeit, und schließlich war sie überrascht, daß sie den inneren Frieden wiedergefunden hatte und daß ihr Herz ebensowenig schwermütig war wie ihre jugendliche Stirne runzelig.

      Die frommen Schwestern, die stark auf Emmas heilige Mission gehofft hatten, bemerkten zu ihrem höchsten Befremden, daß Fräulein Rouault ihrem Einfluß zu entschlüpfen drohte. Man hatte ihr allzu reichliche Gebete, Andachtslieder, Predigten und Fasten angedeihen lassen, ihr zu trefflich vorgeredet, welch große Verehrung die Heiligen und Märtyrer genössen, und ihr zu vorzügliche Ratschläge gegeben, wie man den Leib kasteie und die Seele der ewigen Seligkeit zuführe; und so ging es mit ihr wie mit einem Pferd, das man zu straff an die Kandare genommen hat: sie blieb plötzlich stehen und machte nicht mehr mit.

      Bei aller Schwärmerei war sie doch eine Verstandesnatur; sie hatte die Kirche wegen ihrer Blumen, die Musik wegen der Liedertexte und die Dichterwerke wegen ihrer sinnlichen Wirkung geliebt. Ihr Geist empörte sich gegen die Mysterien des Glaubens, und noch mehr lehnte sie sich nunmehr gegen die Klosterzucht auf, die ihrem tiefsten Wesen völlig zuwider war. Als ihr Vater sie aus dem Kloster nahm, hatte man durchaus nichts dagegen; die Oberin fand sogar, Emma habe es in der letzten Zeit an Ehrfurcht vor der Schwesternschaft recht fehlen lassen.

      Wieder zu Hause, gefiel sich das junge Mädchen zunächst darin, das Gesinde zu kommandieren, bald jedoch ward sie des Landlebens überdrüssig, und nun sehnte sie sich nach dem Kloster zurück. Als Karl zum ersten Male das Gut betrat, war sie just überzeugt, daß sie alle Illusionen verloren habe, daß es nichts mehr auf der Welt gäbe, was ihr Hirn oder Herz rühren könne. Dann aber waren das mit jedem neuen Zustande verbundene wirre Gefühl und die Unruhe, die sich ihrer diesem Manne gegenüber bemächtigte, stark genug, um in ihr den Glauben zu erwecken: endlich sei jene wunderbare Leidenschaft in ihr erstanden, die bisher nicht anders als wie ein Riesenvogel mit rosigem Gefieder hoch in der Herrlichkeit himmlischer Traumfernen geschwebt hatte. Doch jetzt, in ihrer Ehe, hatte sie keine Kraft zu glauben, daß die Friedsamkeit, in der sie hinlebte, das erträumte Glück sei.

      Siebentes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Zuweilen machte sie sich Gedanken, ob das wirklich die schönsten Tage ihres Lebens sein sollten: ihre Flitterwochen, wie man zu sagen pflegt. Um ihre Wonnen zu spüren, hätten sie wohl in jene Länder mit klangvollen Namen reisen müssen, wo der Morgen nach der Hochzeit in süßem Nichtstun verrinnt. Man fährt gemächlich in einer Postkutsche mit blauseidnen Vorhängen die Gebirgsstraßen hinauf und lauscht dem Lied des Postillions, das in den Bergen zusammen mit den Herdenglocken und dem dumpfen Rauschen des Gießbachs sein Echo findet. Wenn die Sonne sinkt, atmet man am Golf den Duft der Limonen, und dann nachts steht man auf der Terrasse einer Villa am Meere, einsam zu zweit, mit verschlungenen Händen, schaut zu den Gestirnen empor und baut Luftschlösser. Es kam ihr vor, als seien nur gewisse Erdenwinkel Heimstätten des Glücks, genau so wie bestimmte Pflanzen nur an sonnigen Orten gedeihen und nirgends anders. Warum war es ihr nicht beschieden, sich auf den Altan eines Schweizerhäuschens zu lehnen oder ihre Trübsal in einem schottischen Landhause zu vergessen, an der Seite eines Gatten, der einen langen schwarzen Gehrock, feine Schuhe, einen eleganten Hut und Manschettenhemden trüge?

      Alle diese Grübeleien hätte sie wohl irgendwem anvertrauen mögen. Hätte sie aber ihr namenloses Unbehagen, das sich aller Augenblicke neu formte wie leichtes Gewölk und das wie der Wind wirbelte, in Worte zu fassen verstanden? Ach, es fehlten ihr die Worte, die Gelegenheit, der Mut! Ja, wenn Karl gewollt hätte, wenn er eine Ahnung davon gehabt hätte, wenn sein Blick nur ein einzigesmal ihren Gedanken begegnet wäre, dann hätte sich alles das, so meinte sie, sofort von ihrem Herzen losgelöst wie eine reife Frucht vom Spalier, wenn eine Hand daran rührt. So aber ward die innere Entfremdung, die sie gegen ihren Mann empfand, immer größer, je intimer ihr eheliches Leben wurde.

      Karls Art zu sprechen war platt wie das Trottoir auf der Straße: Allerweltsgedanken und Alltäglichkeiten, die niemanden rührten, über die kein Mensch lachte, die nie einen Nachklang erweckten. Solange er in Rouen gelebt hatte, sagte er, hätte er niemals den Drang verspürt, ein Pariser Gastspiel im Theater zu sehen. Er konnte weder schwimmen noch fechten; er war auch kein Pistolenschütze, und gelegentlich kam es zutage, daß er Emma einen Ausdruck des Reitsports nicht erklären konnte, der ihr in einem Romane begegnet war. Muß ein Mann nicht vielmehr alles kennen, auf allen Gebieten bewandert sein und seine Frau in die großen Leidenschaften des Lebens, in seine erlesensten Genüsse und in alle Geheimnisse einweihen? Der ihre aber lehrte sie nichts, verstand von nichts und erstrebte nichts. Er glaubte, sie sei glücklich, indes sie sich über seine satte Trägheit empörte, seinen zufriedenen Stumpfsinn, ja selbst über die Wonnen, die sie ihm gewährte.

      Manchmal zeichnete sie. Es belustigte ihn ungemein, dabeizustehen und zuzusehn, wie sie sich über das Blatt beugte oder wie sie die Augen zukniff und ihr Werk kritisch betrachtete oder wie sie mit den Fingern Brotkügelchen drehte, die sie zum Verwischen brauchte. Wenn sie am Klavier saß, war sein Entzücken um so größer, je geschwinder ihre Hände über die Tasten sprangen. Dann trommelte sie ordentlich auf dem Klavier herum und machte ein Höllenkonzert. Das alte Instrument dröhnte und wackelte, und wenn das Fenster offen stand, hörte man das Spiel im ganzen Dorfe. Der Gemeindediener, der im bloßen Kopfe und in Pantoffeln, Akten unterm Arme, über die Straße humpelte, blieb stehen und lauschte.

      Dabei war Emma eine vorzügliche Hausfrau. Sie schickte die Liquidationen an die Patienten aus und zwar in höflichster Briefform, die gar nicht an Rechnungen erinnerte. Wenn sie Sonntags irgendwen aus der Nachbarschaft zu Gaste hatten, wußte sie es immer einzurichten, daß etwas Besonderes auf den Tisch kam. Sie schichtete auf Weinblättern Pyramiden von Reineclauden auf und verstand, die eingezuckerten Früchte so aus ihren Büchsen zu stürzen, daß sie noch in der Form serviert wurden. Demnächst sollten auch kleine Waschschalen für den Nachtisch angeschafft werden. Mit alledem vermehrte sie das öffentliche Ansehen ihres Mannes. Schließlich fing er selbst an, mehr und mehr Respekt vor sich zu bekommen, weil er solch eine Frau besaß. Mit Stolz zeigte er zwei kleine Bleistiftzeichnungen Emmas, die er in ziemlich breite Rahmen hatte fassen lassen und in der Großen Stube an langen grünen Schnuren an den Wänden aufgehängt hatte. Wenn die Kirche zu Ende war, sah man Herrn Bovary in schöngestickten Hausschuhen vor der Haustüre stehen.

      Er СКАЧАТЬ