Название: Edgar Wallace-Krimis: 78 Titel in einem Band
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026872146
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Sir Isaac beobachtete das Rennen von unten aus. Black stand an seiner Seite.
»Nun, was habe ich Ihnen gesagt?« fragte der Oberst befriedigt. »Sie haben das Geld so gut wie in der Tasche, mein Junge. Sehen Sie doch, Ikey, mit drei Längen in Front! Das Rennen können Sie ja gar nicht mehr verlieren.«
Der Jockei von ›Nemesis‹ trieb sein Pferd nicht vor der Zeit an, hielt die Zügel kurz und schien sich damit zufriedenzugeben, drei Längen zurückzuliegen. Gresham beobachtete die beiden Pferde durch den Feldstecher und war mit dem Verhalten seines Jockeis zufrieden.
»Sie laufen nicht allzu schnell«, sagte er zu dem Herrn an seiner Seite. »Aber vorhin war ›Nemesis‹ an diesem Punkt noch weiter zurück als jetzt.«
Beide Pferde lagen ruhig im Rennen. Bei dem fünften Achtmeilenpfosten gab der Jockei ›Nemesis‹ die Zügel etwas frei, und ohne offensichtliche Anstrengung verbesserte die Stute ihre Position. Er wußte genau, was er ihr zutrauen konnte, und hielt sie vorläufig zurück.
Der Rest des Rennens ist rasch geschildert. Es war in keiner Weise aufregend, bis sie den letzten Pfosten vor dem Ziel erreichten. In diesem Augenblick sah sich der Jockei von ›Timbolino‹ um.
»Er ist geschlagen«, sagte Gresham halb zu sich selbst. Er wußte aus Erfahrung, daß einige Jockeis die Angewohnheit haben, sich umzudrehen, wenn das Pferd unter ihnen nachläßt.
Zweihundert Yard vom Ziel entfernt holte ›Nemesis‹ mühelos auf, so daß sie mit ihrem Gegner auf gleiche Höhe kam. ›Timbolinos‹ Jockei hob die Peitsche.
Zwei kurze, scharfe Schläge, und das Pferd schoß eine Kopflänge vor. Aber ›Nemesis‹ griff aus, ging an dem rasch zurückfallenden ›Timbolino‹ vorüber und gewann das Rennen leicht mit eineinhalb Längen.
Sir Isaac wollte seinen Augen nicht trauen. Er keuchte schwer, ließ den Feldstecher sinken und starrte bestürzt auf die Pferde.
Es war klar, daß sein Pferd geschlagen war, schon lange, bevor es das Ziel erreicht hatte.
»Er hält das Pferd absichtlich zurück«, schrie er, außer sich vor Wut und Ärger. »Seht doch diesen Betrüger an, ich werde ihn vor das Ehrengericht bringen! So reitet man doch kein Pferd!«
Blacks Hand spannte sich stahlhart um seinen Arm.
»Halten Sie doch den Mund«, flüsterte er ihm zu. »Wollen Sie denn allen Leuten hier auf die Nase binden, daß Sie bankrott sind? Das Rennen ist ganz in Ordnung, Sie sind besiegt. Ich habe ebensoviel verloren wie Sie – machen Sie, daß Sie von hier wegkommen.«
Sir Isaac eilte mitten durch die große Menschenmenge, die erregt über den Ausgang des Rennens debattierte. Er fühlte sich wie betäubt und konnte noch nicht fassen, was das für ihn bedeutete. In seiner Verstörtheit und Verwirrung war ihm nur eins klar: ›Timbolino‹ hatte verloren! Ein dunkles Gefühl sagte ihm, daß er ein ruinierter Mann war, wenn nicht Black ihn auf irgendeine wunderbare Weise aus dieser Situation rettete. Das war die einzige Hoffnung, die ihm blieb – und an diese klammerte er sich jetzt.
»Das Pferd ist mit Absicht zurückgehalten worden«, wiederholte er düster. »Es war ganz unmöglich, daß es verlieren konnte! Das ist doch richtig, Black?«
»Wollen Sie wohl ruhig sein«, fuhr ihn der Oberst an. »Sie werden noch die größten Unannehmlichkeiten haben, wenn Sie Ihre Zunge nicht im Zaum halten.«
Er führte den zitternden Mann von der Bahn fort und ließ ihn einen steifen Brandy trinken.
Allmählich fand der Baronet in die Wirklichkeit zurück, und seine schreckliche Lage kam ihm zum Bewußtsein.
»Ich kann nicht zahlen, Black«, jammerte er. »Was für eine fürchterliche Katastrophe für mich! Was war ich doch für ein Narr, daß ich Ihren Rat annahm! Verdammt noch mal, Sie haben mit Gresham unter einer Decke gesteckt – warum hätten Sie mir sonst den Rat gegeben! Was haben Sie denn bei dem Schwindel verdient?«
»Seien Sie jetzt sofort ruhig! Sie sind wie ein dummes Kind, Ikey. Wozu machen Sie denn diesen Krach? Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich ebensoviel verloren habe wie Sie. Nun heißt es sich hinsetzen und einen neuen Plan ausdenken, wie wir zu Geld kommen können. Wieviel haben Sie denn eigentlich verloren?«
Sir Isaac schüttelte hilflos den Kopf.
»Ich weiß es nicht«, sagte er teilnahmslos. »Sechs-oder siebentausend Pfund. Und ich habe augenblicklich nicht einmal sechs-oder siebentausend Pence. Es ist eine schreckliche Katastrophe für mich, Black! Ein Mann in meiner gesellschaftlichen Stellung – ich werde meine Pferde verkaufen müssen!«
»Gesellschaftliche Stellung!« Black lachte geringschätzig. »Darum würde ich mich jetzt am allerwenigsten grämen! Ich glaube, Sie leben tatsächlich nicht in der Wirklichkeit! Ist Ihnen denn nicht klar, daß Sie ebensowenig eine gesellschaftliche Stellung haben wie ich? Wer sorgt sich denn darum, ob Sie Ihre Ehrenschulden zahlen oder nicht? Die Leute werden mehr erstaunt sein, wenn Sie zahlen, als wenn Sie Ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Schlagen Sie sich jetzt einmal all diesen Unsinn aus dem Kopf und werden Sie vernünftig. Sie können alles, was Sie verloren haben, wieder hereinholen und noch viel mehr verdienen. Vor allem müssen Sie heiraten – und zwar schnell. Und dann muß Lady Mary eben das Geld ihres Onkels erben – fast ebenso schnell.«
Ikey sah ihn verzweifelt an.
»Selbst wenn sie mich heiraten würde«, sagte er kleinlaut, »müßte ich noch jahrelang auf das Geld warten.«
Black lachte verächtlich.
*
Auf ihrem Heimweg von der Rennbahn wurden sie von einem Mann überholt, der den Baronet am Arm berührte.
»Entschuldigen Sie, Sir Isaac«, sagte er und überreichte ihm ein Kuvert.
»Für mich?«
Ikey öffnete verwundert den Umschlag. Ein kleiner Zettel und vier Banknoten zu je tausend Pfund kamen zum Vorschein.
Tramber las atemlos:
›Zahlen Sie Ihre Schulden und führen Sie von jetzt an ein anständiges Leben. Meiden Sie Oberst Black wie den Teufel und arbeiten Sie, um Ihren Lebensunterhalt zu verdienen.‹
Die Handschrift sah verstellt aus, aber an der Ausdrucksweise war leicht Lord Verlond zu erkennen.
15
Lord Verlond las beim Frühstück die ›Times‹. Das Frühstück war im Hause des Lords kein sehr geselliges Mahl. Lady Mary saß ihm in ihrem hübschen Morgenrock gegenüber und war zufrieden, daß sie ungestört ihre Briefe und Zeitungen lesen konnte. Sie erwartete nicht, daß der alte Herr sich mit ihr unterhielt.
Er sah über den Tisch nachdenklich zu ihr hinüber. Sein Gesicht erschien ihr immer geistvoll und fein, wenn er sich nicht gerade feindselig mit anderen unterhielt. СКАЧАТЬ