Название: Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Laurin
isbn: 9783959796644
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»Und von wem hat Emilia das Geld?«
»Das weiß ich auch nicht.«
»Ist es vielleicht in diesen Koffern?«
»Mutter«, schrie er auf, »das kannst du doch nicht glauben!«
Kommissar Thal war hellwach. Er hörte nicht mehr zu. Er tat schon den nächsten Schritt.
Wenig später erfuhr Kommissar Thal auch aus Charlotte Geßners Mund noch einmal von diesen Koffern.
»Vielleicht bin ich auch schon durchgedreht, Herr Kommissar«, sagte sie. »Ich will endlich Gewißheit haben. Das Verschwinden meiner Tochter bereitet mir große Sorgen. Ich habe so entsetzlich geträumt.«
»Wir werden uns um den Verbleib Ihrer Tochter kümmern«, sagte er beruhigend. »Können Sie uns einen Anhaltspunkt geben?«
»Horst sprach davon, daß sie in Innsbruck sei. Ihre Adresse weiß er auch nicht.«
»Wenn es Ihnen recht ist, werden wir jetzt gemeinsam zur Wohnung Ihrer Tochter fahren.«
Er hatte bereits einen Durchsuchungsbefehl beantragt.
Die Wohnung war so, wie sie sie verlassen hatte.
Wenig später standen die Koffer verstaubt auf dem Tisch. Sie waren verschlossen.
»Wir werden sie mitnehmen«, sagte Kommissar Thal.
»Das ist mir auch lieber. Ich bleibe nicht in der Wohnung. Ich gehe in ein Hotel und werde hier eine Nachricht hinterlassen, falls meine Tochter doch noch kommen sollte.«
Sie sagte es so, als könne sie daran schon nicht mehr glauben.
»Ich muß auch Emilia besuchen. Sie darf von alledem nichts erfahren«, flüsterte sie. »Es wäre furchtbar, wenn Horst…«
Sie unterbrach sich und preßte die Lippen fest aufeinander, aber er wußte, wie ihr zumute sein mußte, und sein eigenes Konzept war auch ins Wanken geraten.
*
Die junge Frau im Kamelhaarmantel eilte durch die Straßen. Was um sie herum geschah, war ihr völlig gleichgültig.
Sie kam von ihrer Wohnung, in der sie die Nachricht ihrer Mutter vorgefunden hatte. Mutter in München, dachte sie unentwegt. Wie kam sie in meine Wohnung? Wer hat sie eingelassen, und warum ist sie dann doch in ein Hotel gezogen?
Sie ging schneller, und dann stand sie plötzlich vor dem kleinen Hotel in der Seitenstraße.
Ihr Herz schlug bis zum Halse, als sie an die Rezeption trat, hinter der ein junges Mädchen saß.
»Frau Geßner? Ja, sie ist im Hause. Zimmer 21. Soll ich die Dame herunterbitten?«
»Ich gehe hinauf. Ich bin die Tochter«, sagte Irene geistesabwesend.
Sie bemerkte den Herrn nicht, der gleich nach ihr die kleine Hotelhalle betreten hatte und sich in einem Sessel niederließ. Sie war schon die Treppe hinaufgeeilt, als das junge Mädchen an der Rezeption ihn fragte, wen er zu sprechen wünsche.
»Ich warte«, erwiderte er liebenswürdig, aber wortkarg.
Irene stand ein paar Sekunden vor der Tür, bevor sie anklopfte. Ein Schlüssel drehte sich, und dann stand sie vor ihrer Mutter.
Wortlos blickten sie sich an. Frau Geßner wich zurück, als Irene sie umarmen wollte. Ihr Gesicht drückte Abweisung aus.
»Was ist denn los, Mutti?« fragte Irene heiser. »Warum tust du so fremd?«
Frau Geßner schloß sorgfältig die Tür wieder ab. »Ich glaube, ich bin es, die Fragen zu stellen hat«, sagte sie kühl.
»Ich wollte dich besuchen, fand alles verschlossen – dann hier in meiner Wohnung deine Nachricht. Da mußte ich mich doch wundern.«
»Ich wundere mich über manches«, sagte Frau Geßner.
»Wie bist du in meine Wohnung hineingelangt?«
»Horst hat mir die Tür aufgemacht.«
»Horst? Mein Gott, wo ist er denn jetzt?«
»Im Untersuchungsgefängnis.«
Irene wurde bleich. Sie klammerte sich an die Tischkante. »Und Emilia?«
»Sie ist in der Klinik. Ihretwegen bin ich hiergeblieben. Meine Kinder brauchen mich jetzt wohl nicht mehr, aber mein Enkel wird mich brauchen. Das Kind eines Bankräubers!« Es klang hart und verächtlich.
»Du bist wahnsinnig, Mutter«, stieß Irene hervor. »Wie kannst du das sagen?«
»Ich kann es sagen, weil es Beweise dafür gibt. Ja, ich gehe noch weiter und behaupte, daß du mit ihm unter einer Decke steckst.«
Irene starrte ihre Mutter an.
»Beweise, welche Beweise?« fragte sie tonlos.
»Tu nicht so scheinheilig. Hast du Emilia Geld geschickt oder nicht?«
»Ja, ich habe es ihr geschickt, aber…«
»Es waren Noten aus dem Bankraub. In den beiden Koffern unter deinem Bett war die übrige Beute. Wenigstens der größte Teil. Ja, da staunst du, daß ich die Koffer entdeckt habe.«
»Koffer unter meinem Bett?« murmelte sie. »O Gott!«
Sie lief zur Tür, aber Charlotte verstellte ihr den Weg. »Wohin willst du? Dich etwa auch Monate verstecken? Aber Sie werden dich schnell kriegen. Ich werde dich nicht decken. Meine Kinder – das sind meine Kinder!«
»Ich fahre zur Polizei, Mutter«, flüsterte Irene. »Ich schwöre es dir. Mehr kann ich jetzt nicht sagen.«
»Ja, hoffentlich hast du noch so viel Anstand, daß du es deinen Bruder nicht allein ausbaden läßt«, sagte Charlotte kalt. »Ich habe jetzt wenigstens Emilia, und dem armen Kind habe ich so sehr unrecht getan.«
Die letzten Worte hörte Irene schon nicht mehr. Sie jagte die Treppe hinunter, an der Rezeption vorbei, hinaus ins Freie.
Doch da packte sie plötzlich eine feste Hand. »Wohin so eilig, Fräulein Geßner?« fragte eine tiefe Männerstimme.
Sie blickte in ein noch junges Gesicht, das aber jetzt hart und entschlossen wirkte.
»Was wollen Sie? Lassen Sie mich los? Ich habe es eilig.«
»Das sehe ich, und deswegen halte ich Sie fest. Fräulein Geßner, Sie sind verhaftet.«
»Ich wollte ohnehin zur Polizei«, stieß sie hervor, als sie endlich begriffen hatte.
»Das können Sie jetzt leicht sagen«, meinte der Beamte spöttisch.
*
Dr. Laurin war bestürzt, als Kommissar Thal Emilia Geßner nun doch СКАЧАТЬ