Название: Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays
Автор: Фридрих Шиллер
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788027204274
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Königin. Läugnen sie den schönsten Zug in Karlos Herzen nicht.
Karlos. Warum mußt ich als König Philipps Sohn, und Blut vom Blute meines Nebenbuhlers, erzürnte Vorsehung, warum nicht lieber ein schlechtes Hirtenkind gebohren werden? Ich hätte sie, o Göttliche, gesehn, sie angebetet – Von der Bettlerhütte bis zu dem Tron ist für den Glücklichen, der sie gesehen hat, der Sprung nicht schwer. Mit Riesenmuth hätt’ ich den Sprung gewagt, mit Riesenkraft vollendet.
Königin. Was den König vom Bettler trennt, ist Menschenfügung – was den Sohn von seines Vaters Ehbett scheidet, ist Gottes Fluch. Ohnmächtig schlägt der Mensch auf die geweihte Rüstung der Geseze, der Kampf mit Gott ist Gaukelspiel – und doch wagt Karlos diesen Kampf vielleicht, besiegt den Abscheu der Natur, Gewissen, Welt, der Kirche Zorn, und das Geschrei der Priester, Mich aber, mich besiegt er nicht. Mein Herz wird nie der Preis für ein Verbrechen seyn, der Weg zu mir führt nicht durch Blut und Schande. Gestehen sie sichs Karlos – Stolz ist es, und Eigensinn und Troz, was ihre Wünsche so wütend nach der Mutter zieht. Die Liebe, das Herz, das sie so schwelgerisch mir opfern, gehört den Welten an, die sie dereinst regieren werden – – Sehen sie, sie prassen von ihres Mündels anvertrautem Gut. Die Liebe ist ihr großes Amt. Bis jezt verirrte sie zur Mutter – bringen sie, o bringen sie sie ihren künft’gen Reichen, und fühlen sie, statt Donnern des Gewissens, die Wollust, Gott zu seyn. Elisabeth war ihre erste Liebe – ihre zwote sei Spanien! Wie gerne, guter Karl, will ich der besseren Geliebten weichen!
Karlos. (wirft sich von Empfindungen überwältigt vor der Königin nieder, und drückt ihre Hand wider sein Gesicht) Wie groß sind sie, o Himmlische – Ja! Alles, was sie verlangen, will ich thun – auch sterben, und, wenn sie wollen, nimmer selig seyn. Verdammniß selbst und Bluturtheile lauten verführerisch in ihrem Mund. (er steht entschlossen auf) Hier steh ich in des Allmächt’gen Richterhand, und schwöre, und schwöre ihnen, schwöre ewiges – – O Himmel nein! nur ewiges Verstummen, doch ewiges Vergessen nicht.
Königin. (sehr zärtlich, indem sie ihm die Hand reicht) Wie könnt’ ich von Karlos fodern, was ich selbst zu leisten nicht Willens bin? (Man hört in der Nähe Waldhörner blasen)
Marquis. (kommt eilig und erschrocken aus dem Hintergrund der Eremitage.) Der König!
Königin. Gott!
Karlos. Bis hieher folgt uns der Fluch des Himmels nach?
Marquis. (zieht ängstlich an Karlos) Hinweg, hinweg aus dieser Gegend, Prinz.
Königin. Sein Argwohn ist fürchterlich, erblickt er sie, sind wir verloren –
Marquis. Fliehen sie!
Karlos. (zur Königin, schrecklich) vor ihrem Räuber?
Königin und Marquis. Um Gotteswillen, fliehen sie!
Karlos. Ich bleibe. Er oder Ich. Wer hat das Recht zu stehn? In dieser Laune will ich ihn drum fragen.
Königin. Und wer wird dann das Opfer seyn?
Karlos. (reißt den Marquis am Arm weg) Fort! Fort! komm Rodrigo! (indem er abgehen will, wendet er sich noch einmal zur Königin) Was darf ich mit mir nehmen?
Königin. Die Freundschaft ihrer Mutter.
Karlos. Wie? Nichts weiter?
Königin. (mit sehr viel Bedeutung, indem sie ihm einige Briefe gibt) Und diese Tränen aus den Niederlanden!
Karlos. (nimmt die Briefe – nach einer kleinen Pause, wie aus einem Traume erwacht) Ha! ich verstehe! (er geht schnell mit dem Marquis ab)
Königin. (schaut sich unruhig nach ihren Damen um, welche sich nirgends erblicken lassen, und wie sie sich nach dem Hintergrund der Bühne zurückziehen will, tritt ihr der König entgegen.)
Sechster Auftritt
König Philipp. Die Königin. Herzog von Alba. Graf von Lerma. Pater Domingo. Gefolge von Damen und andern Grandes. Bald darauf die Marquisin von Mondekar, welche von der andern Seite heraustritt, und sich verlegen unter die übrigen Damen mischt.)
Philipp. (blickt mit Befremdung umher, und schweigt einen Augenblick) So allein Madame? und auch nicht eine Dame zur Begleitung? – Das wundert mich – Wo blieben ihre Frauen?
Königin. Mein gnädigster Gemahl –
Philipp. Und was ist das? sie scheinen ganz verwirrt Madame? – Wie Feuer brennt ihr Gesicht – – Es ist nicht, wie es sollte – Warum allein? Wo blieben ihre Damen? (aufgebracht zum Gefolge) Bei Gott, und meiner königlichen Ehre! von diesem unverzeihlichen Versehn soll man die strengste Rechenschaft mir geben. Wer hat das Hofamt bei der Königin? Wen traf der Rang, sie heute zu bedienen?
Königin. (in bittendem Tone) Mein Herr und König – –
Philipp. (nachdrücklich zum Gefolge) Antwort will ich haben.
Königin. O zürnen sie nicht mein Gemahl. Ich selbst, ich bin die schuldige – auf mein Geheiß entfernte sich die Fürstin Eboli.
Philipp. Auf ihr Geheiß?
Königin. Die Kammerfrau zu rufen, weil ich ein kindisches Verlangen trug, mich mit der kleinen Klara zu vergnügen.
Philipp. Und darum die Begleitung weggeschickt? Seltsam, bei Gott! Doch gut – ich will es glauben. Nur künftig – bitt ich, gute Königin, verschonen sie mein Reich mit der Satire, daß Philipps Frau, wenn ihr der Einfall kommt mit ihrem kleinen Wiegenkind zu spielen, in einem Winkel zu Aranjuez es so erwarten soll – Kastilien und Arragon und Leon, meine Länder, sind hoffentlich an Menschen reich genug, die Königin mit Frauen zu versorgen. – Doch diß entschuldigt nur die erste Dame, wo war die zwote?
Marquisin von Mondekar. (tritt näher) Ihro Majestät, ich fühle, daß ich strafbar bin –
Philipp. Deßwegen vergönn ich ihnen zehen Jahre Zeit, fern von Madrid, darüber nachzudenken. (die Marquisin tritt mit weinenden Augen zurück. Der König fährt gegen die Versammlung fort) Und jezt erklär ich vor dem ganzen Hof, bei dem Verluste ihres Rangs und Adels wird jede mir für ihre Fürstin stehn, verdoppelt sich von jezt an ihr Gefolge. (Alle Damen sehen furchtsam und bestürzt auf die Königin. Allgemeines Stillschweigen.)
Königin. Marquisin, wen beweinen sie? (zum König СКАЧАТЬ