Название: Seefahrt ist not!
Автор: Gorch Fock
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066113100
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Störtebeker sprang wie ein Wiesel, hüpfte wie ein Heister, wie ein Wippsteert auf dem Ewer umher: als aber das Brechen losging, stand er neben seinem Vater, der unermüdlich anfeuerte, und hielt sich am Vorderpoller fest. Das war was für ihn. „Junge, Junge, Vadder, so geiht he god.“
Stoppi — stoppi —
Nun mußte ein Tau achterut geschoren werden und sie mußten den Ewer ein Stück rückwärts ziehen, damit sie Anlaufraum gewännen. Klaus Mewes und seine Leute gingen mit Haken daran, die Schollen vor dem Bug zu entfernen.
Kord Külper aber, der spaßige, der Ontjekolontje hieß (er hatte aus dem bremischen Dreimaster, der mit Stückgut nach Valparaiso wollte und auf Scharhörn strandete, eine ganze Kiste Kölnischen Wassers — Eau de Cologne — erbeutet und bespritzte seitdem Taschentuch und Südwester, Buscherump und Ölbüx damit, wie behauptet wurde, jedenfalls aber roch alles an ihm nach Ontjekolontje), Kord Külper kam heran und rief: „Klaus Störtebeker mütt no achtern gohn, anners speel ik ne mihr mit: de drückt dat Fohrtüch vör to deep dol.“ „Deit he ok!“ riefen einige Knechte zur Bekräftigung.
Da trat Störtebeker schweigend ab, wie Wallenstein auf dem Reichstag zu Regensburg, ging langsam nach dem Heck und stellte sich neben Kap Horn ans Ruder, damit der Ewer den Steven höher höbe.
Und Jan Kröger, der laute, kam über das Eis und sagte zu Klaus Mewes: „Klaus, du büst en fixen Kirl bi de Klütjenpann, dat weet wi all, du weest, wat vör un achter is annen Schipp un büst vörn doden Kiwitt ne bang: ober dat Gröhlen, weest du, dat Bölken, versteihst du, dat Andrieben, hürst du, dat Beterbi, mien Jung, dat hest du doch noch ne rut! Dat mütt ganz anners rutflegen! Ik kann gröhlen: lot mi dor mol stohn un kummandiern!“
Klaus Mewes aber lachte: „Hier kummandier ik, Jan, dat weest du woll; blief du man anne Kurrlien!“ „Egenbuck!“ rief Jan laut und ging an seinen Törn.
Dann erhob Klaus Mewes wieder Arm und Stimme und alle zogen an.
„Huroh! Togliek! Hödjihöh!“
So rief es auf dem Ewer, so rief es auf den Schallen, so rief es vom Deich, und das Fahrzeug gnosterte wieder durch das Eis und brach den Weg weiter. Zwei Ewerlängen wurden gemeistert, dafür mußten aber auch drei Mann ausscheiden, die eingebrochen waren: Jakob Walroß, der eigentlich Jakob Witt hieß und seinen Ökelnamen von seinem herunterhängenden, borstigen Schnurrbart hatte, und Hein Mewes, den sie Hein Lompdom nannten, weil er einmal geantwortet hatte, als ein Altenwerder ihn fragte, wie es auf Finkenwärder ginge: Och dat weest woll, Siem Achner, jümmer lompdom, lompdom! Der dritte aber, der eine Quappe stach, war Störtebeker: er hatte sich den kleinen Haken hergekriegt und die Eisblöschen mit weggeschoben: dabei war er über Bord gefallen und wäre beinahe unter das Eis gekommen, wenn Kap Horn ihn nicht noch mit dem Haken erwischt hätte. Er zog ihn wie einen Seehund an Deck, und nun war die Herrlichkeit aus: Klaus Mewes ging mit seinem Jungen nach unten, zog ihn aus, hängte das nasse Zeug um den Ofen und steckte den nackten Mann in seine Koje. Dann mußte er wieder hinauf, denn das Eisen war schon wieder in vollem Gange: er schickte aber Hein Mück, der Feuer machen mußte, damit es trockne. Oben rief es wieder von allen Seiten, am Bug scheuerte und stieß das Eis, dann donnerte und krachte es, als bräche der Ewer in Stücke! Hein Mück sagte: „Och wat, dat Für will woll van sülben inne Gangen kommen!“ und rannte die Treppe hinauf, zu sehen und zu helfen.
Klaus Störtebeker blieb allein in der Kajüte und horchte auf den Lärm. Nun treckten sie wieder, nun mußte der Ewer erst wieder über Steuer! „Bang dött ik ne warrn, anners komm ik ne mit no See,“ sagte er vor sich hin, wenn das furchtbare Poltern wieder anfing. Mitunter stand er auf und befühlte das Zeug, ob es noch nicht trocken wäre, dann kroch er frierend wieder unter die Decke und horchte abermals.
Oder er guckte die goldnen Sprüche an, die unter den Kojen eingeschnitzt waren.
* *
*
Was für Sprüche waren das? — fragt die Seele. —
Wer im Altonaer Museum gewesen ist und die Ausstellung des Deutschen Seefischerei-Vereins gesehen hat (Deutscher Seefischerei-Verein: ich möchte seinen Namen golden schreiben, weil er so viel für unsere Fischerei getan hat und noch tut!) — der hat auch in die puppenküchenenge Kambüse des Blankeneser Fischerewers aus den sechziger Jahren hineingeguckt und die Sprüche gelesen, die darin stehen: unter der Schifferkoje: In Storm un Noth / Bewahr uns Gott: unter der Knechtenkoje: Hier eben öber hin / Is beter as op den Bünn: unter der Jungenkoje: Hüt Klüt un morgen Fisch / Vergnögt gaht wi to Disch. Und er hat wohl gefragt, ob auch die anderen Fischerfahrzeuge sich solcher Zier erfreuten.
Sie taten es. Wie jedes alte Bauernhaus seinen Segen trug, so hatten auch die Ewer ihre Sprüche, köstliche Bibelverse zumeist.
Bei Klaus Mewes stand unter der Koje des Koches sogar ein lateinisches Wort:
Mediis tranquillus in undis.
Und das war so gekommen: als Klaus das Fahrzeug bauen ließ, bei Jochen Behrens an der Süderelbe, der ein gutes Stück der Flotte gezimmert hat, dachte er selbst viel über einen Bordsegen nach, blätterte die Bibel und das Gesangbuch durch und zerbrach sich bannig den Kopf, aber er konnte nichts ketschern, das ihm gut genug war. Da ging er denn eines Tages, als er wieder nach der Werft wollte, beim Pastoren vor und fragte den. Bodemann, der schon manchem Fischermann geraten hatte, mußte etwas wissen.
Nun hatte er den Tag aber gerade einen Auszug aus dem Borkumer Kirchenbuch über eine angeschwemmte Finkenwärder Leiche bekommen und über den lateinischen Spruch auf dem roten Siegel nachgedacht; er nötigte den Besuch deshalb in einen Stuhl, der so weich war, daß Klaus Mewes an Abrahams Schoß erinnert wurde, und schrieb ihm die vier Wörter auf. „Sühso, mien lebe Klaus Mees,“ sagte er und fragte nach Schiff und Stapellauf.
Der Fischermann bedankte sich, dann aber drehte er den Zettel überkopf, als wenn die Worte in Spiegelschrift abgefaßt wären, guckte ihn nochmals scharf an und sagte dann: „Dat is woll latiensch, Herr Pastur, wat?“ „Jawoll, Herr Mees, latiensch!“ „So, so! Non, Herr Pastur, weten Se: son betjen latiensch kann ik jo: an Jan Eitzen sien Kutter steiht Ora et labora, un dat heet: Bete und arbeite. Un an Neßbur sien Hus steiht Soli deo gloria, un dat heet: Gott allein die Ehre. Ober mit düt Medis sitt ik all gliek fast!“
„Mediis tranquillus in undis: Klaus Mewes: geruhig inmitten der Meereswogen heet dat!“ sagte der Pastor ernst. „Mit den Spruch lett sik woll no See fohren.“
Da hatte Klaus Mewes sich bedankt und war seines Weges gegangen. Der Spruch gleißte zwei Jahre unter seiner Koje, dann ging einmal ein Schullehrer in der Stachelbeerzeit mit ihm nach See, ein deutschgesinnter, begeisterter Junggast, der schlug großen Lärm darum: „Schiffer Mewes, was soll das Latein dort? Ist Ihr Schiff kein deutsches und muß es keinen deutschen Spruch haben, den Sie verstehen und bei dem Sie sich etwas denken können? Was sollen überhaupt alle die lateinischen, griechischen, hebräischen, englischen und französischen Namen, die Eure Schiffe haben? Wer heckt sie aus, wer hat sie bedacht, wer tauft hier deutsche Fahrzeuge Sagitta, Poseidon, Ebenezer, Avance, Courier, Salamander, Pescatore, Vlieboot und Cito? Die Alten machten es besser, die nannten die Schiffe wie ihre Frauen: danach müßte Ihr Ewer Gesa heißen und nicht Laertes. Und statt des Lateins müßte hier ein guter deutscher Spruch stehen!“
„Schallst recht hebben, mien Jung,“ sagte Klaus Mewes, „ik frei mi jümmer, wenn een kleuker is as ik bün. An den Laertes lett sik jo nu nix mihr innern, ober wenn du en scheunen Spruch för de Koi weest, denn weut wi mol sehn.“ Da kam das starke, ewige Lutherwort unter die Koje:
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