Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Артур Конан Дойл
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Читать онлайн книгу Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Артур Конан Дойл страница 6

СКАЧАТЬ keine fünfzig Schritte weit, als ich seinen Zuruf vernahm und sah, daß er nur mit der Hand winkte. Die Spur des Pferdes war in dem weichen Boden deutlich erkennbar, und das Hufeisen, das er aus der Tasche zog, paßte genau in den Abdruck.

      »Nun siehst du, welchen Wert die Einbildungskraft hat«, sagte Holmes. »Es ist das einzige, woran es Gregory fehlt. Wir haben uns vorgestellt, was geschehen sein könnte; wir handelten danach und fanden, daß wir uns nicht geirrt hatten. Komm, laß uns weitergehen.«

      Wir schritten über den Marschboden, dann über eine Strecke harten dürren Rasens; hierauf senkte sich der Boden wieder, und wir fanden die Hufspuren. Zwar verloren wir sie abermals während einer halben Meile, entdeckten sie jedoch ganz dicht bei Mapleton von neuem. Holmes sah sie zuerst und zeigte mit triumphierendem Blick darauf hin. Die Fußspuren eines Mannes erschienen neben denen des Pferdes.

      »Bisher war das Pferd allein«, rief ich.

      »Jawohl, es war allein. Aber halt, was ist das?«

      Die Doppelspur brach kurz ab und ging in der Richtung nach Kings Pyland weiter. Holmes pfiff vor sich hin, und wir verfolgten sie. Während er aber kein Auge davon verwandte, blickte ich ein wenig zur Seite und sah zu meiner Überraschung, daß dieselben Spuren in entgegengesetzter Richtung zurückkamen.

      »Bravo Watson«, sagte Holmes, als ich ihn darauf aufmerksam machte, »du hast uns einen weiten Weg erspart, der uns wieder auf den alten Fleck zurückgebracht hätte. Folgen wir jetzt der Spur nach rückwärts.«

      Wir brauchten nicht weit zu gehen. Sie endete bei dem Asphaltpflaster, das bis ans Tor der Stallungen von Mapleton führte. Als wir uns näherten, kam ein Stallknecht eilig heraus.

      »Hier darf sich niemand herumtreiben«, rief er uns zu.

      Holmes steckte Daumen und Zeigefinger in seine Westentasche. »Ich möchte mir nur eine Frage erlauben«, sagte er. »Könnte ich wohl Herrn Silas Brown schon morgen früh um fünf Uhr sprechen?«

      »Warum nicht? Er steht immer zeitig auf und ist zuerst um den Weg. Aber fragen Sie den Herrn selbst, da kommt er eben. – Nein, nein, jetzt kann ich nichts nehmen; sobald er sieht, daß Sie mir Geld geben wollen, verliere ich meine Stelle. – Nachher, wenn’s Ihnen beliebt.« –

      Gerade als Sherlock Holmes die halbe Krone, die er aus der Tasche geholt hatte, wieder einsteckte, kam ein grimmig dreinschauender älterer Mann, die Reitpeitsche schwingend, aus dem Tor.

      »Was soll das heißen, Dawson?« schrie er. »Ich dulde kein Geschwätz! Geh an deine Arbeit! Und Sie – was zum Henker wollen Sie hier?«

      »Eine Unterredung von zehn Minuten mit Ihnen, mein werter Herr«, sagte Holmes in verbindlichstem Ton.

      »Ich habe keine Zeit, mich mit jedem Pflastertreter einzulassen. Fremde haben hier nichts zu suchen. Machen Sie, daß Sie fortkommen, sonst sollen die Hunde Ihnen Beine machen.«

      Holmes beugte sich nieder und flüsterte dem Stallmeister etwas ins Ohr. Dieser schrak heftig zusammen und wurde rot bis an die Schläfen.

      »Das ist nicht wahr«, schrie er. »Es ist eine verdammte Lüge.«

      »Sehr wohl. Sollen wir hier draußen öffentlich darüber verhandeln oder drinnen in Ihrem Wohnzimmer?«

      »Kommen Sie meinetwegen herein, wenn Sie wollen.«

      Holmes lächelte. »Ich bin gleich wieder hier, du brauchst nur ein paar Minuten auf mich zu warten, Watson«, sagte er. »Nun stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung, Herr Brown.«

      Es vergingen wohl zwanzig Minuten; das Wendrot hatte bereits einer grauen Dämmerung Platz gemacht, als Holmes und der Stallmeister wieder erschienen. In der kurzen Zeit war mit Silas Brown eine Veränderung vorgegangen, wie ich das nie zuvor gesehen hatte. Sein Gesicht war aschbleich, Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, und er zitterte so heftig, daß die Reitpeitsche in seiner Hand hin und her schwankte, wie ein Zweig, den der Wind bewegt. Das herrische, unverschämte Wesen, das er zur Schau getragen, war völlig verschwunden; er begleitete meinen Gefährten mit kriechender Höflichkeit, wie ein Hund, der neben seinem Herrn herläuft.

      »Ihre Anweisungen sollen befolgt werden; ich will alles pünktlich ausrichten«, sagte er.

      »Es darf keinerlei Mißverständnis vorkommen, beherzigen Sie das wohl«, erwiderte Holmes, und der andere erschrak, als er seinem drohenden Blick begegnete.

      »O nein, jeder Irrtum ist ausgeschlossen. Es wird zur Stelle sein. Soll ich erst die Veränderung vornehmen oder nicht?«

      Holmes überlegte ein wenig und lachte dann hell auf. »Nein, tun Sie’s nicht«, sagte er. »Ich schreibe Ihnen noch darüber. Aber spielen Sie mir keinen Streich, sonst –«

      »Oh, Sie können mir trauen; verlassen Sie sich fest auf mich.«

      »Sie müssen an dem Tage dafür sorgen, als ob es Ihr eigenes wäre.«

      »Das versteht sich.«

      »Ich glaube, Sie werden Wort halten. Morgen sollen Sie noch von mir hören.« Er wandte sich ab, ohne zu beachten, daß der andere ihm zitternd die Hand bot, und wir machten uns wieder nach Kings Pyland auf den Weg.

      »Ein solches Gemisch von Unverschämtheit, Feigheit und Hinterlist wie bei diesem Herrn Silas Brown ist mir noch selten begegnet«, äußerte Holmes, während wir zurückwanderten.

      »Also, er hat das Pferd?«

      »Er versuchte, es zu leugnen; aber ich habe ihm alles, was er an jenem Morgen getan hat, ganz genau beschrieben, und er ist überzeugt, daß ich ihn dabei beobachtet haben muß. Natürlich sind dir bei dem Abdruck der Stiefel die ungewöhnlich breiten Spitzen aufgefallen, und daß seine eigenen Stiefel genau dieselbe Form hatten. Wie sollte sich auch ein Untergebener so etwas herausnehmen! Er war, seiner Gewohnheit gemäß, der erste auf dem Platz gewesen, hatte ein fremdes Pferd bemerkt, welches über das Moor dahergetrabt kam, ging ihm entgegen und erkannte es mit Staunen an dem weißen Streifen vorn am Kopf, dem es seinen Namen verdankt. Der Zufall hatte ihm das einzige Pferd zugeführt, welches den Renner besiegen konnte, auf den er sein Geld gesetzt hatte. Das alles sagte ich ihm und schilderte ihm dann, wie sein erster Antrieb gewesen wäre, das Tier nach Kings Pyland zurückzuführen. Da habe ihm aber der Teufel den Gedanken eingegeben, auf welche Art er Silberstrahl verbergen könne, bis das Wettrennen vorüber wäre; worauf er wieder mit ihm umgekehrt sei, um ihn in Mapleton zu verstecken. Als ich ihm das alles haarklein auseinandersetzte, gab er das Leugnen auf und war nur noch bedacht, seine Haut zu retten.«

      »Aber seine Ställe sind doch durchsucht worden.«

      »Bah, ein alter Pferdehändler wie Brown versteht sich auf allerlei Kniffe.«

      »Aber fürchtest du denn nicht, das Pferd in seiner Gewalt zu lassen, da er ein Interesse daran hat, ihm Schaden zuzufügen?«

      »Er wird es hüten, wie seinen Augapfel, liebster Freund. Nur wenn er es gesund und heil zum Vorschein bringt, darf er auf Gnade hoffen.«

      »Oberst Roß sieht mir nicht gerade aus wie jemand, der sehr geneigt wäre, Gnade für Recht gelten zu lassen.«

      »Über die Sache hat auch der Oberst nicht zu entscheiden. Ich verfahre stets nach eigener Methode und teile den andern so viel oder so wenig mit, wie mir beliebt. СКАЧАТЬ