Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Название: Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman

Автор: Patricia Vandenberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Im Sonnenwinkel Staffel

isbn: 9783740914325

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      Mary-Ann ging in Kampfstellung; man sah ihr die Jahre nicht an.

      »So, das ist beschlossen? Einen schnellen Entschluss hast du da gefasst. An wem willst du dich rächen, Titus? An einem jungen Mann, der von dir nichts weiß und auch nicht von der Vergangenheit? An deiner Tochter, weil sie kein Sohn geworden ist?«

      »Meinen Sohn habe ich hergeben müssen«, sagte er heiser.

      »Das tut mir leid. Du hast viel hergeben müssen, Titus. Aber du hast auch manches bekommen, was dir nicht zustand. Auch darüber werde ich mit dir sprechen, wenn du nicht zur Vernunft kommst, sonst soll es ein für alle Mal vergessen sein.«

      Sein Gesicht war fahl geworden.

      »Wir haben uns nichts mehr zu sagen, Frau von Rieding!«, stieß er hervor.

      »Mrs Ride, wenn’s beliebt«, erwiderte sie leichthin. »O doch, Titus, wir haben uns eine ganze Menge zu sagen, im Interesse der jungen Menschen. Und ich werde nicht schweigen. Ich habe niemals geschwiegen. Damals nicht und heute nicht. Du wirst Evi nicht verkuppeln, nur weil Freddys Großonkel nicht …«

      »Du sollst davon schweigen!«, sagte er wieder zornig.

      »Aber Frederic, mein Mann, war dein Freund, Titus«, lenkte sie ein. »Denkst du nicht auch daran?«

      »Bis er ging«, brummte er. »Ich hatte keine Freunde mehr.«

      »Er hat dir geschrieben. Du hast nicht geantwortet«, erinnerte sie ihn.

      »Ich habe nie einen Brief bekommen«, murmelte er.

      Ihre Augen weiteten sich staunend.

      »Das ist doch nicht möglich!«, rief sie.

      »Ich habe nie einen Brief bekommen, und das ist die Wahrheit!«

      Sie blickte gedankenvoll vor sich hin.

      »Es können doch nicht alle verloren gegangen sein«, flüsterte sie. »Wer war noch auf dem Hof? Käti – sie hätte bestimmt keinen Brief verschwinden lassen. Emmerich – was ist mit Emmerich?«

      »Er spinnt, er ist nicht mehr richtig im Kopf.«

      »Aber er lebt noch?«

      »Im Austrag«, brummte Titus Grossmann.

      Mary-Anns Blick schweifte in die Ferne, zum Fenster hinaus, hinauf zur Felsenburg, die man deutlich sehen konnte.

      »Emmerich war noch nie klar im Kopf«, meinte sie sinnend.

      »Dafür kann er nichts. Er war anstellig.«

      »Er tat, was man ihm sagte, ob es Recht und Unrecht war«, flüsterte sie.

      »Was willst du damit sagen, Annemarie?«

      »Ich bin am Überlegen, Titus. Ein halbes Dutzend Briefe haben wir dir geschrieben. Wenigstens einer hätte dich erreichen müssen, wenn die Zeiten auch verworren waren. Frederic hatte seinen Freund nicht vergessen. Denk du auch darüber nach. Wir werden uns ein andermal aussprechen. Dein Hass ist ungerecht. Oder willst du mir nachtragen, dass Albrecht hinter Milena her war, weil er mich nicht bekam? Milena war vernarrt in ihn, aber er konnte einer Frau kein Glück geben.«

      »Er hat ihr die Ehre genommen und sie sitzen lassen«, bemerkte er tonlos. »Soll ich das vergessen?«

      »Es wäre an der Zeit, Titus. Wie viele Jahre haben wir denn noch zu leben? Jeder Tag ist doch ein geschenkter, für dich und auch für mich. Komm mit dir ins Reine. Du weißt, wo du mich finden kannst. Ich muss jetzt gehen. Mein Sohn trifft heute ein.«

      »Die Riedings kehren zurück«, sagte er bitter. »Ich denke, ihr habt euer Glück in der Ferne gefunden und viel Geld?«

      »Geld allein macht nicht glücklich, das solltest du dir auch merken, Titus. Auf Wiedersehen.«

      »Ich will nicht, dass du mit Käti redest«, brummte er.

      »Das wirst du mir nicht verbieten können«, entgegnete sie gelassen.

      Als sie zu ihrem Wagen ging, sah sie einen hageren Mann an der Mauer lehnen, der sie unverwandt anstarrte, um dann einen tierischen Laut von sich zu geben.

      »Emmerich!«, rief sie, doch er stolperte davon.

      »Gott steh mir bei!«, kreischte er. Und da kam Titus aus dem Haus.

      »Verschwinde!«, schrie er hinter dem Mann her. »Lass dich hier nicht blicken!«

      Mary-Ann drehte sich zu ihm um.

      »Hast du immer so mit ihm geredet?«, fragte sie gedankenvoll. »Dann überleg einmal, ob es ein anderer nicht besser verstanden hat, sich ihn gefügig zu machen. Es ist nur eine Idee, Titus, aber sie gewinnt Gestalt, und so Gott will, werde ich herausfinden, wo unsere Briefe gelandet sind.«

      Als sie vorsichtig die Straße zum Erlenhof zurückfuhr, doppelt vorsichtig, weil vielerlei Gedanken sie beschäftigten, war vor ihr ein Taxi.

      Auch dieses fuhr langsam, als suche es sich erst einen Weg.

      Eric kommt, dachte sie, und Freude bewegte ihr Herz, aber dennoch fuhr sie nicht schneller.

      Das Taxi bog in die Auffahrt ein und blieb vor dem Gutshaus stehen.

      Tracy und Freddy kamen aus dem Haus gelaufen.

      »Daddy!«, riefen sie wie aus einem Mund, und da sah Mary-Ann ihren Sohn aussteigen und stieg selbst aus.

      Aber er machte sich noch am Wagen zu schaffen. Mary-Ann sah, dass er plötzlich ein Kind in den Armen hielt.

      Tracy und Freddy standen wie erstarrt, und sie selbst setzte sich nun in Bewegung.

      »Eric«, sagte sie mit dumpfer Stimme, »was bedeutet das?«

      »Pst!«, machte er. »Jacky schläft. Ich werde euch alles erklären. Wer zeigt mir den Weg zu einem Bett?«

      *

      Mary-Ann Ride tat es.

      »Uns hat er kaum angeschaut«, erklärte Tracy gekränkt. »Granny hatte recht. Er hat sich eine junge Dame aufgegabelt.«

      »Bisschen sehr jung«, stellte Freddy ironisch fest. »Daddy liebt doch sonst keine Überraschungen.«

      »Ob das der Spross eines Fehltritts ist?«, überlegte Tracy.

      Entsetzt sah ihr Bruder sie an.

      »Weiß man es? Bei Männern in seinem Alter schaut man doch nicht durch.«

      »Vielleicht hat er sie auf der Straße gefunden wie Tante Marianne und Carlo damals den Tino«, meinte Freddy sinnend.

      Währenddessen hatte Eric Ride das Kind auf ein Bett gelegt und zog ihm vorsichtig die Schuhe aus.

      Mary-Ann war noch immer so konsterniert, dass sie hilflos daneben stand und staunte.

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