Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ den grauen Kopf, jedoch, als wollte er Epiphania mit seinem Unglauben nicht kränken, strich er ihr mit den Fingerspitzen schmeichelnd die Wangen und sagte: »Gehe, pflege Leonore! Sobald mich die Fremden verlassen haben, bin ich bei Euch. Deine Botschaft kann mich nicht erquicken, wie herrlich sie auch aus Deinem Munde klingt. Gehe, Kind! Wenn eine Lampe erlöschen will, flammt sie noch einmal auf: auch die Schneeberge, wenn sie nach Sonnenuntergang leichenblaß dastehen, erglühen zuweilen unvermutet wieder, ehe sie in finstere Nacht fallen. Verstehst Du mich? Gehe, gehe!«

      Epiphania gehorchte schweigend und kopfschüttelnd.

      16.

       Die Botin von Seon.

       Inhaltsverzeichnis

      Alle Anwesenden blickten der schönen Gestalt, als sie das Zimmer verließ, mit Wohlgefallen nach und konnten, während sie sich zur Abreise rüsteten, kein Ende finden, sowohl dem Oheim, als dem Hauptmann Renold, die schmeichelhaftesten Dinge über die Jungfrau zu sagen. Über die große Zukunft indessen, welche vor den Verschwornen lag, wurde von ihnen bald das Anmutigere vergessen. Die letzten Abreden mußten genommen, die letzten Versicherungen unter herzhaftem Handschlag gegenseitig gegeben werden. Hätte nicht der sinkende Tag zu stark an die Abreise gemahnt, der Abschied wäre unter neuen Beratungen und Wortwechseln vergessen worden.

      Als sie schon vor Addrichs Hause standen und ihrem gastfreundlichen Wirte beim Lebewohl noch einmal dankbar die Hand schüttelten, wurden sie durch eine neue Erscheinung aufgehalten.

      Längs dem Walde, von der Höhe der Bampf herab, kam, an der Seite eines der Moosknechte, ein junges Bauernweib. Beide waren schon ziemlich nahe, als man ihrer gewahr wurde.

      »Woher das Weib, Baschi?« frug Addrich den Knecht.

      »Droben auf der Bampf fing ich es auf,« antwortete dieser. »Es ist mit ihm gewiß nicht richtig. Als ich es anhielt, weil ich bemerkte, es wolle zum Moos schleichen, fragte es nach dem Faneli.«

      »Ei, Du falscher Gesell, Du Duckmäuser,« schrie die junge Frau zornig. »Wer ist geschlichen? Ich darf mich am Tageslicht auf offenem Wege zeigen eher als Du, dem die sieben Todsünden ins Schelmengesicht gemalt sind. Sehe doch einer! Mich aufgefangen! Wer hat Dich zum Weibel gemacht? Verdächtiges Gesindel, Deinesgleichen fängt man auf, aber nicht ehrlicher Leute Kind.«

      »Eh! Warum wolltest Du mir denn droben ausweichen und Dich linksum kehren, als ich Dir in den Weg trat?« erwiderte Baschi, etwas überrascht durch die unerwarteten Ehrentitel, mit denen ihn die geläufige Zunge der Bäuerin schmückte.

      »Ich kenne den Hafen am Klang,« erwiderte sie, »und sehe solchen Strick lieber am Galgen, als neben mir. Aber ich ging meiner Wege in Gottes Namen, Ihr guten Leute, und bekümmerte mich um den Tölpel nicht, der mir wie ein verlaufener Hund nachstrich.«

      »Glaubet doch der Lästerzunge nicht,« unterbrach sie Baschi. »Sie ist ausgeschickt, um zu kundschaften. Das böse Gewissen schaut ihr aus den Augen.«

      »Ei, behüte uns Gott!« rief das Weib. »Ich müßte schier zum Krüglein werden und zum Gläschen herausschauen. Seht doch, kundschaften! Wer in der Welt verlangt von solchem schäbigen Kerl etwas zu wissen? Ich habe an den Galgenvogel keine Frage gethan, weil ich wohl wußte, Aas sei kein Fraß. Ihm aber ging das kläffige Maul wie Müllers Rad, und er konnte des Fragens und Forschens nicht satt werden. Er weiß darum doch weder Gix noch Gax.«

      »Ich habe keine Lust, mit Dir zu zanken, Weib,« schrie Baschi ärgerlich. »Man müßte vielen Brei haben, Dir den Mund zu stopfen. Heirate einen harthörigen Mann, wenn er vierzehn Tage am Leben bleiben soll. Ich will hängen, Ihr Herren, wenn die mit ihrer Dohlenzunge und ihren Sperberaugen nicht ins Moos auf Kundschaft geschickt ist. Was sie sieht, geht mit Geschrei ebenso geschwind wieder aus dem Munde, wie Wasser durchs Sieb. Ich erfuhr unterwegs auch von ihr . . .«

      Das junge Weib, das jede Bewegung seiner Lippen mit den Augen verfolgte, war ihm schon zehnmal ins Wort gefallen, und unterbrach ihn auch diesmal. Addrich aber und seine Gäste beruhigten sie jedesmal mit Drohung, Bitte und dem Versprechen, sie anzuhören, sobald der Knecht zu Ende gesprochen haben würde.

      »Unterwegs also vernahm ich von ihr auch,« fuhr der Knecht fort, »daß hinter Brugg vom Schaffhausener Kriegsvolk alles schwarz sei, daß die Züricher mit vielen tausend Mann über Wettingen und den Heitersberg folgen würden; daß die Mühlhausener und Baseler schon vor Aarau ständen; daß die Welschberner über Morgenthal heranzögen und geschworen hätten, die Dörfer zu verbrennen, Mann und Maus niederzumachen und des Kindes im Mutterleib nicht zu schonen. Es sei alles verloren.«

      »Bist Du nun fertig?« unterbrach ihn die Frau heftig.

      »Jetzt soll die Reihe an Dich kommen, Fräulein,« sagte Addrich mit dem Tone der Zutraulichkeit. »Rede Du jetzt. Ist es wahr, was er erzählt hat?«

      »Wahr und nicht wahr,« antwortete sie. »Wie kann der faule Brunnenstock das reine Wasser wieder geben? Alles verloren? Ja, wenn unsere Männer feige Memmen wären, wie Du, zweibeiniger Hase. Gehe, laufe, die Furcht wird Dir vier Füße machen. Glaubt ihm kein Wort, Ihr Männer. Morgen zieht unser Volk mit dem Landsturm gegen Aarau, wir Weiber folgen mit Fuhrwerk und Säcken. Das Städtchen wird geplündert, denn es hält zu den Bernern. Die fremden Soldaten werden wie Engerlinge verfolgt und ausgerottet, daß von ihnen kein halbes Gebein über die Berge zurückkommt.«

      »Glaubst Du,« sagte Leuenberg lächelnd, »das werde so rasch gehen?«

      »O, dafür laß ich mir den Kummer nicht über das Knie wachsen,« erwiderte sie. »Es ist endlich Zeit, daß wir Rechnung machen mit den Herren und sie einmal für allemal abschaffen. Denn so können's die armen Leute nicht länger aushalten, wenn sie nicht von den Schuldenboten aufgefressen sein wollen. Ich möchte auch den Brief sehen, den unser Herrgott den Herren gegeben, daß sie Land und Leute ungestraft verschlucken, alles für sich behalten, und uns kaum Luft und Grab umsonst gönnen. Das kann nicht länger gehen und gelten. Bei meiner Treu, keine Sechswöchnerin darf ihre Schale Milch trinken, daß nicht Vögte und Weibel zuvor die Nideln davon abschlürfen. Ich hoffe aber zu Gott, man wird morgen Feierabend mit ihnen machen. Denkt an mich. Ich heiße Käthi.«

      »Bist ein rechtschaffenes Weib. Laß ihm Ruhe, Baschi,« sagte Addrich »Wo bist Du daheim, Frau?«

      »Zu Seon. Ihr kennt gewiß alle meinen Mann, den Karl Marti Gloor, Anken-Jogglis. Wir sind arme Leute und müssen es den Menschen sauer bezahlen, daß uns der liebe Herrgott geschaffen hat. Mein Mann tagelohnt in allen drei Städtchen umher, oder trägt Ware. Ich spinne Wolle und Flachs. Seit dem Tode meiner Muhme, der alten Tschöpli-Liesi, wie man sie nannte, sie war des Alt-Untervogts Schwester, halten wir zu unseren drei Geißen noch eine Kuh, die wir auf dem letzten Lenzburger Markt kauften. Das kleine Erbe von der Muhme, Gott habe sie selig! hat uns gar wohlgethan! Wußten wir doch zuzeiten kaum, wie uns mit unsern drei Kindern von einem Tag zum andern das Leben fristen.«

      »Schon gut, Frauli, schon gut!« unterbrach Adam Zeltner den Strom ihrer Rede. »Wir kennen nun Deine ganze Hof- und Haushaltung, aber wissen noch nicht, wer Dir von den Schaffhausenern und Baselern bei Brugg und Aarau erzählt hat?«

      »Ei, jedes Kind zu Seon wußte das schon vor anderthalb Stunden,« СКАЧАТЬ