Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke
Автор: Heinrich Zschokke
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788027214945
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Er ging ihr nach und sprach mit bitterstolzem Lächeln: »Engeln? O ja, gefallenen! Du bist das mir zugefallene ewige Eigentum. Wehe dem, der Dich anrührt! Er wahre sich! Ich habe mich selbst durch Dein thörichtes Geschwätz wiedergefunden, und der Fund ist etwas wert. Ade, mein Schatz! Bereite Dir Deinen Brautschmuck. Lacht mir das Glück, erbeute ich mir ein Schloß zu Bern. Ade!« Er schlug seinen Arm um sie und drückte einen Kuß auf ihre Wangen, während sie erschrocken das Antlitz abwandte.
»Weiche von mir,« rief sie, »oder mein Geschrei ruft Addrich und das ganze Haus zum Schutz gegen Deine Frechheit herbei.«
»Närrin, meinst Du, Dein Geschrei und Toben schrecke mich? Ich glaube, Du zitterst? Pfui, das ziemt dem Soldatenweibe schlecht, Fania, Du mußt mir im Pulverdampf und Kugelregen gegenüber stehen und dabei Scherz treiben.«
Sie riß sich mit Unwillen von ihm und sagte: »Frecher Gesell, wie darfst Du mich mit That und Wort mißhandeln?«
Gideon erwiderte lachend: »Schönstes Kind, ein Kuß ist für Jungfrauen kein schlechter Lohn, aber anbeten kann ich Dich nicht mehr, noch galante Bücklinge vor Dir machen, wie Du dessen von mir gewöhnt warest; denn jener Galeeren-Kandidat hat Deinen Glanz verwischt. Du bist von der Höhe zu mir niedergestiegen, jedoch noch ein schönes Mädchen geblieben; wohl beachtet! . . . nichts mehr, als ein Mädchen, wie alle. Indessen hoffe ich, daß, wenn Du mein Weib geworden, ich nicht Dein Kukuk oder Hans mit dem spitzigen Hut sein und heißen soll.«
Epiphania wendete sich schaudernd von ihm ab und sagte: »Nun sehe ich deutlich, wie der böse Geist die Krallen aus Dir vorstreckt und hinter Deiner Larve grinset. Das Blendwerk ist zerflossen. Schmähe nur den guten Jüngling Fabian; Du kannst ihn so wenig, als die Hölle den Himmel rühmen. Ich bin nicht seine Braut, noch minder die Deine; eher werde ich die des Todes sein!«
»Hm!« versetzte er hämisch. »Alle Bräute sprechen diese Sprache. Man tadelt die Ware, die man zu haben wünscht. Du wirst ein anderes Liedchen singen, wenn Du Frau Hauptmännin heißest und mit mir in eine Residenz von Deutschland oder in ein Schloß ziehest. Da wird gespielt, getändelt, getanzt und fein gespeist; da giebt es lustige Treib- und Hetzjagden für uns Edelleute, Prachtzimmer mit Uhren, Gemälden und gestickten Polstern; Lustgärten, Feuerwerke, allerlei Kurzweil, Saus und Braus alle Tage vollauf.«
»O,« rief Epiphania, »welcher höllische Dunst konnte mir so grausam Vernunft und Augen trüben! Du bist nicht nur ein ganz gemeiner, roher Landsknecht, übermütig, verschwenderisch, unbarmherzig, gottlos . . . Du bist noch höchst ekelhaft dazu.«
»Mit Gunst, Fania,« entgegnete Gideon, »keife mit mir, wie's Dir gefällt; aber sprich mit Ehrerbietung vom Soldatenstand. Wer für Vaterland und Kirche, für Haus und Hof anderer sein Blut hinzugeben allezeit bereit ist, steht so hoch über dem Schellenwerker als der Adler über dem stinkenden Mistkäfer, und ist von Mit- und Nachwelt geachtet, wenn er gleich nicht unseres Herrgotts Gaukelsack sein mag. Im übrigen, Kind, unsere Sache ist ein für allemal abgethan. Basta! Ich werde mein Recht an Dir schon handhaben. Ade, mein Schatz, auf Wiedersehen!«
»Nimm meinen Abscheu mit Dir,« rief sie ihm nach, als er die Thür öffnete. Er wandte sich zurück und versetzte: »Komplimente mache ich Dir nicht mehr, Du hast Dich derselben unwert gezeigt; hast mit meiner Abgötterei Hohn und Verrat getrieben und sie einem entsprungenen Schellenwerker zum Spott aufgetischt. Daß er aber zur Hölle fahre, dafür lasse mich sorgen. Kann ich ihn lebendig fangen, so will ich ihm mit allerlei Qualen auf gut Schwedisch zusprechen; er soll braunschweigische Stiefel anlegen, dänische Kappe, spanischen Mantel tragen, bis er Kyrie eleison anstimmt. Ade, Schatz, gedenke mein! Auf Wiedersehen!«
Damit schloß er die Thür und ging in heftiger Bewegung, die er kaum zu bewältigen vermochte, hinab. Als er in das Gemach trat, wo Addrich und seine Gäste saßen, stellte er sich zum wärmenden Ofen, und hörte dem Gespräch der Redenden, anfangs mit geringer Aufmerksamkeit, zu.
14.
Der Rat der Verschworenen.
»Keineswegs, Ihr Herren,« fuhr der Untervogt von Buchsiten fort, der eben das Wort führte und sich durch die Ankunft des Hauptmanns nicht unterbrechen ließ, »Kapitulationen und Verträge mit den Städten sind eitel Tinte auf Papier. Wir auf dem Lande bleiben nur so lange furchtbar, als wir einträchtig zusammen in Waffen stehen. Sie werden freilich im ersten Schrecken alles bewilligen, hier Ohmgeld und Zölle herabsetzen, dort das Land dem freien Handel offen lassen, anderswo den Lohn der Schuldenboten, die Hoffart der Landvögte beschränken, oder die abgeschafften Gerechtsame des Volkes und der Landschaften herstellen. Aber auf wie lange? Ist die Gefahr vorbei, ist die Achtung für uns dahin. Dann hat ihre Arglist leichtes Spiel, uns zu trennen: dort mit Verheißungen, hier mit Drohworten. Sie geben dem einen ein Geldstück, dem andern ein Ämtchen, stellen diesen in Schatten, streicheln den andern mit dem Fuchsschwanze. Wir haben leider der Leute genug, die den Mantel nach dem Winde hängen. Dann wird binnen wenigen Jahren wieder alles auf dem vorigen Fuße stehen; niemand mehr von Kapitulationen und Vertrag etwas wissen wollen. Wer dann noch rechtschaffen denken und daran erinnern will, wird Rebell heißen und ihm legt man, zur Belehrung der Übrigen, den Kopf vor die Füße. Vater Ulli Schad von Waldenburg hätte wohl recht, wenn alle so ehrlich dächten, wie er. Aber die Städter haben ein weites Gewissen und halten treulich Wort, so lange man sie am Seil hält. Bei ihnen ist Eidbruch nur ein Kniebruch. Wir haben das Wort für uns und Brief und Spiegel, die Städte aber die Gewalt und die starken Festungsmauern. Ohne genügende Gewährleistung ist eine Kapitulation mit den Städten nicht so viel wert.« Er blies über seine leere Handfläche hin.
Alle bejahten und stimmten ihm beifallgebend zu.
»Beim Sanniklaus!« rief Schybi. »Was habe ich denn vorhin anderes begehrt? Warum widersprach mir Ulli Schad? Die beste Gewährleistung, wenn der Hund nicht beißen soll, bleibt: daß man ihm die Zähne ausbricht. Schleift die Wälle und Ringmauern, stürzt die Basteien in die Gräben, daß der Bauer bei Tag und Nacht frei wie die Luft durch die Straßen der Hauptstadt ziehe: so stirbt die Aristokratie darin von selbst. Wer Geßler sein will, gebraucht Zwing-Uri. Keine Burg, kein Tyrann; und wo kein Harnisch, da ist kein Ritter!«
»Nicht so hitzig!« unterbrach ihn der Untervogt. »Vater Ulli hatte vorhin nicht ganz ohne gute Gründe gesprochen. Den Städten die Festungswerke schleifen, heißt ihnen die Städte nehmen. Sie würden hundert Jahre lang Krieg führen; es würde Seen Blutes kosten. Zudem, woher beziehen wir Belagerungsgeschütz? Und wenn wir die Mauern der Städte gebrochen hätten, würde es wohl von uns gethan sein? Schybi, Deine Vergleichung ist richtiger, als Du selber willst. Der Hund, dem die Zähne ausgebrochen sind, beißt zwar nicht; es scheuen ihn dann aber auch die Diebe nicht. Wir müssen Festungen behalten, damit ein auswärtiger Feind nicht beim ersten Stoße das ganze Land überschwemme.«
Schybi schielte ihn höhnisch von der Seite an und sagte: »Du willst die Pracht des Schweizerlandes mit geschornen Bäumen vermehren und unsere unüberwindlichen Engpässe, Gebirge und Seen mit Maulwurfshaufen befestigen.«
»Wir sollten uns,« fuhr Adam Zöllner fort, »unblutige und stärkere Garantie suchen. Die finden wir nirgends sicherer, als in der Gewalt des großmächtigen Königs von Frankreich, unseres Nachbarn. Nimmt er die Vermittlung an, so wird er Gewährleister unserer Rechte und Freiheiten den Städten gegenüber. Was schüttelt Ihr die Köpfe? Ihr Herren, erlaubt mir, hinzuzufügen, der Weg ist schon angebahnt, und zweifelt nicht, daß der König bereit sein werde. Was saget Ihr dazu? So höret denn! Ich habe zum französischen Gesandten, Herrn Jean de la Barde, welcher für den СКАЧАТЬ