Название: Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden
isbn: 9783863775155
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»Komm, lass uns in die Küche gehen. Ich koche uns einen schönen Tee und dann erzählst du mir, was los ist.« Er klang so mitfühlend, dass Wendy diesem Angebot nicht widerstehen konnte.
»Also?«, fragte Edgar, als sie sich am Tisch gegenübersaßen, zwei dampfende Teetassen und einen Teller Gebäck vor sich. »Was ist passiert?«
Nachdenklich rührte Wendy in ihrem Tee.
»Ich glaube, ich wünsche mir einfach nur mein altes Leben zurück. Ohne Männer, ohne Stress, allein und zufrieden in meiner Wohnung.«
»Und dein Kontrolleur?«, hakte Edgar von Platen argwöhnisch nach. »Den willst du auch loswerden?«
Wendy nickte energisch.
»Das hab ich heute schon erledigt.« Ihr Herz war so voll, dass sie nicht anders konnte als Edgar von dem Abend zu erzählen, von der armen Ariane, die für einen Fehler teuer bezahlt hatte.
»Fragt sich, welches der größere Fehler war«, erklärte er lakonisch. »Ihre Angst oder die Ehe mit diesem Gutbrodt.«
Über diese wahre Bemerkung musste Wendy lachen. Es war ein befreites Lachen, und sie beugte sich vor, um ihrem Gast die Hand auf den Arm zu legen.
»Irgendwie hast du das Herz ja doch auf dem rechten Fleck«, gestand sie ein wenig reumütig ein. »Auch wenn ich froh bin, wenn ich dich endlich los bin.«
Eine dunkle Wolke huschte über Edgars Gesicht.
»Dabei hast du mir gerade Hoffnung gemacht, dass aus uns doch noch was wird.«
Schnell nahm Wendy ihre Hand wieder fort und griff nach der Teetasse.
»Oh, nein!« Das kam aus tiefstem Herzen.
Wider Erwarten lachte Edgar.
»Schon gut, ich hab verstanden. Dann wird dich meine gute Nachricht freuen. Den ganzen Abend hab ich auf dich gewartet, um mit dir zu feiern. Aber leider musstest du deine kostbare Zeit ja diesem Gutbrodt zur Verfügung stellen.«
»Dafür schlage ich mir die Nacht mit dir um die Ohren«, machte Wendy ihn auf die Tatsachen aufmerksam.
»Aber anders, als ich das gerne hätte.« Edgar schickte ihr einen so anzüglichen Blick, dass ihr Gesicht in Flammen aufging. Ihr Gast brach in schallendes Gelächter aus. »Es ist herrlich, dich in Verlegenheit zu bringen.«
»Statt dich über mich lustig zu machen, solltest du mir lieber von deiner tollen Nachricht erzählen«, wechselte Wendy schnell das Thema und versenkte ihr brennend rotes Gesicht in ihre Tasse.
Das ließ sich Edgar nicht zweimal sagen. Selbst wenn er sich dickfellig zeigte, so gab es unter der scheinbar charakterlosen Schale doch einen empfindsamen Kern, der nach Anerkennung lechzte.
»Ich hatte heute ein Gespräch mit meinem Geschäftspartner. Stell dir vor: Meine Idee hat eingeschlagen wie ein Bombe. Die jüngsten Zahlen und Statistiken haben bewiesen: Das Unternehmen hat Zukunft. Als Geschäftsführer kann ich mir in Zukunft sogar ein ordentliches Gehalt bezahlen.«
In der Vergangenheit hatte Wendy solche und ähnliche Hymnen schon zu oft aus seinem Munde gehört, dass sie ihn noch ernst nehmen konnte.
»Erzählst du mir gerade von einem weiteren Luftschloss?«, fragte sie skeptisch.
»Von wegen Luftschloss!«, widersprach er theatralisch, wie es nun mal seine Art war. »Diesmal hat alles Hand und Fuß. Als ich letztes Mal hier in München war, hab ich gemeinsam mit meinem Geschäftspartner einen Handwerker-Service für Wohnungs- und Hausbesitzer ins Leben gerufen. Paul hat sich hier in München drum gekümmert, während ich in anderen Städten unterwegs war, um die Lage zu sondieren. Und was soll ich sagen: Es läuft!« Am liebsten hätte er Wendy umarmt und wäre mit ihr durch die Küche getanzt. Da er aber ahnte, dass das nicht in ihrem Sinne war, begnügte er sich damit, glücklich die Arme in die Luft zu werfen.
Wendy hätte nicht gedacht, dass sie sich einmal in Gesellschaft dieses Mannes amüsieren würde. Doch wenn sie ehrlich war, dann tat sie genau das in dieser Nacht. Es war schön, seine ehrliche Freude über diesen Erfolg zu teilen. Selbst wenn sie die Sache nicht ganz selbstlos sah.
»Das heißt, dass ich mein Geld von dir zurückbekomme?«, fragte sie erwartungsvoll.
Statt beleidigt zu sein, wurde das Grinsen auf Edgars Gesicht noch tiefer.
»Natürlich, sobald die Banken morgen früh öffnen. Aber nicht nur das. Es heißt auch, dass ich schon morgen früh abreisen werde, um mich um die anderen Geschäfte zu kümmern.«
»Morgen!« Ein wunderbarer Gedanke. Schon morgen sollte sie ihren Frieden, ihr geliebtes Singleleben wiederhaben.
»Morgen bist du mich endlich los«, versicherte Edgar von Platen noch einmal und betrachtete sie forschend. »Bist du wenigstens ein bisschen traurig.«
Obwohl Edgar sie viele Nerven gekostet hatte, konnte Wendy ihm letztlich nicht böse sein.
»Also schön«, ließ sie sich von ihrem weichen Herzen dirigieren. »Ein ganz kleines bisschen.«
Edgar strahlt sie an.
»Komm her!«, sagte er. Er stand auf und zog sie ohne Umschweife in eine freundschaftliche Umarmung. »Lass dich trösten. Nur ein einziges Mal.«
Dagegen hatte Wendy nichts einzuwenden und als sie wenig später ins Bett ging, fielen ihr sofort die Augen zu. Wie ein Stein schlief sie durch bis zum nächsten Morgen und fühlte sich trotzdem frisch und ausgeruht wie lange nicht.
*
Auch für Manfred Holler verlief die Nacht ruhig, und am nächsten Tag konnte er von der Intensivstation in ein schönes ruhiges Einzelzimmer in der Behnisch-Klinik umziehen. Dieser Tag versprach, ein aufregender zu werden.
»Heute testen wir die Reflexe der Beine. Wenn alles gut geht, werden Sie mit Hilfe von Frau Dr. Schreiner zum ersten Mal aufstehen«, erklärte Dr. Norden, der es sich nicht hatte nehmen lassen, dieses Ereignis selbst zu begleiten. Mit keinem Wort verriet er, dass Natascha draußen auf dem Flur nur auf ein Zeichen der Ärzte wartete.
»Zuerst werden wir die Patellarreflexe testen«, erklärte Daniel Norden, doch Manfred Holler hob die Hand und winkte ab.
»Tun Sie, was immer Sie wollen. Aber tun Sie es schnell!«, forderte er den Arzt ungeduldig auf.
»Immer mit der Ruhe«, mahnte Dr. Verena Schreiner lächelnd und schlug die Bettdecke zurück. Sie wollte Manfred helfen, sich aufzusetzen, als er einen triumphierenden, heiseren Schrei ausstieß.
»Da! Haben Sie das gesehen?«
»Was denn?« Irritiert blickte sie hinab auf seine bloßen Füße.
»Meine Zehen! Ich kann die Zehen bewegen!«, rief Manfred Holler aufgeregt. »Und ich spüre sie sogar.« Seit er wieder bei Bewusstsein war, hatte er heimlich im Krankenbett geübt, in sich hineingelauscht, ob er irgendetwas bemerkte. Doch da war nichts gewesen und die Enttäuschung in ihm riesig groß.
Verena СКАЧАТЬ