Название: Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman
Автор: Kathrin Singer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heimatkinder Staffel
isbn: 9783740918057
isbn:
Deshalb meinte Karl jetzt: »Für Simmerl bekommt deine Mutter bestimmt nicht mehr viel Geld, Petra. Dann behaltet ihn lieber.«
»Mutti denkt ja auch nicht, dass sie viel Geld für Simmerl kriegt, sie hat nur Angst, dass wir den Winter über kein Futter mehr für ihn haben werden.« Petras Gesichtchen war sehr ernst. »Mein Vati hat die Mühle ausgebaut. Dann ist er gestorben und konnte uns nicht mehr helfen, die Schulden abzuzahlen. Aber Mutti schafft das schon. Wir müssten nur mehr Arbeit haben. Die Bauern fahren lieber in die großen Mühlen, weil sie Mutti nicht zutrauen, dass sie die Arbeit so gut macht wie mein Vati.«
Imma hatte Ingrid Pleyer bei einem ihrer Ausritte kennengelernt und sich ein Weilchen mit ihr unterhalten. Sie bewunderte die achtundzwanzigjährige Frau, die aus einer Kleinstadt stammte und ihrem Mann zuliebe alles gelernt hatte, um ihm helfen zu können. Nun musste sie die Mühle allein weiterführen. Wie schwer ihr das gemacht wurde, hatte Petra nun verraten.
Karl und Imma sprachen später noch lange über das, was sie von dem Mädchen aus der Mühle gehört hatten. Noch am selben Abend ritt Imma zu Herma Langen.
*
Richard Göldner, dem Verwalter des Gutes Bodenwerder im Taunus, fiel seit Tagen ein jüngerer Mann auf, der um das Gut schlich. Meistens verschwand er schnell, wenn er entdeckt wurde.
Obwohl der Verwalter glaubte, dass dieser Mann sicher Grund hatte, anderen auszuweichen, war er doch nicht in allzu großer Angst. Dieser Mann sah weder heruntergekommen noch ungepflegt aus. Freilich durfte man darauf heutzutage nicht allzu viel geben. Viele Ganoven zeigten sich in sehr bürgerlicher Aufmachung.
Heute kam Richard Göldner erst spät von den Feldern zurück, denn er musste sein Pferd führen, weil es lahmte.
Knapp vor der ersten Scheune, die in der Nähe des Verwalterhauses stand, verhielt er den Schritt.
Da lehnte der Fremde doch wieder, da drüben an einem großen Holzstoß!
Kurz entschlossen ging der Verwalter auf den Mann zu und rief: »Laufen Sie nicht weg!«
Flüchtig schien es so, als wolle der Mann verschwinden, aber dann kam er dem Verwalter sogar einige Schritte entgegen und sagte etwas verlegen: »Guten Abend.«
»Guten Abend. Ich meine, wir sehen einander hier nicht zum ersten Mal.« Die Stimme Richard Göldners klang unwillig. »Was schleichen Sie eigentlich immer um das Gut herum?«
»Vor mir brauchen Sie keine Angst zu haben«, erwiderte der Fremde und strich sich über das braune Haar. Er war groß und schlank und sah aus der Nähe erst recht nicht danach aus, als führe er etwas Böses im Schilde. »Es mag sein, dass ich Ihnen schon aufgefallen bin. Ich wohne in einem Gasthaus im Dorf.«
»Aber Sie sind mir jedes Mal ausgewichen, sonst wäre ich gar nicht auf Sie aufmerksam geworden. Was interessiert Sie bei uns so?«, fragte der Verwalter.
»Ich stamme aus der Stadt, ein Gutsbetrieb ist für mich etwas ganz Neues. Und Bodenwerder ist ein sehr schönes Gut«
Richard Göldner beruhigte sich vollends. Er lächelte. »Ja, ein schönes Gut, auf dem es viel Arbeit gibt. Da schauen Sie mich an. Ich darf mich Verwalter nennen, aber ich muss tüchtig mit zupacken, weil es uns an Arbeitskräften mangelt. Wie wäre es, hätten Sie nicht Lust, mal ein paar Tage bei uns zu arbeiten, wenn Sie das Landleben gar so sehr interessiert?«
»Mit meinen Leistungen wären Sie sicher nicht zufrieden. Ich erwähnte ja schon, dass ich aus der Stadt stamme. Dazu bin ich noch Ingenieur.« Als der Fremde das gesagt hatte, schien er zu erschrecken. Er sprach schnell weiter. »Ich habe gehört, dass Bodenwerder einem Herrn von Herwig gehört. Stimmt das?« Er wartete gespannt auf die Antwort.
Der Verwalter starrte ihn verblüfft an. »Bodenwerder gehört dem Ehepaar Ledebur. Das ist im weiten Umkreis bekannt.«
Jetzt wurde das Gesicht Richard Göldners wieder misstrauisch. »Wenn Sie im Dorf in einem Gasthof wohnen, können Sie den Unsinn nicht gehört haben, dass Herr von Herwig der Besitzer von Bodenwerder ist.«
»Es wurde so viel von einem Herrn von Herwig erzählt, da dachte ich, das sei der Besitzer von Bodenwerder. Ich habe Herrn von Herwig auch mal gesehen.«
Jetzt lachte Richard Göldner. »Unseren stattlichen Herrn von Herwig. Ja, er ist eine eindrucksvolle Erscheinung. Leider ist er verarmt und wohnt nur hier bei seinen Verwandten. Das heißt, im Augenblick wohnt er nicht hier. Er ist bei seiner Tochter. Sie hat in Bayern einen kleinen Hof.«
Plötzlich erklang eine Kinderstimme: »Vati, hallo, Vati, wo bleibst du denn so lange?« Das Töchterchen des Verwalters kam ihrem Vater entgegengelaufen.
»Sie sehen, ich werde erwartet. Es ist heute sehr spät geworden. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine schöne Zeit im Taunus.«
Richard Göldner hob grüßend die Hand, es fiel ihm dann jedoch noch etwas ein. Er fragte: »Sie wollen Herrn von Herwig gesehen haben? So lange können Sie doch noch gar nicht hier sein. Jedenfalls habe ich Sie zu der Zeit noch nicht bemerkt, als Herr von Herwig noch auf Bodenwerder war. Er ist bereits vier Wochen auf dem Birkenhof bei Bachhausen.«
»Ich bin schon lange hier«, sagte der Fremde nervös und ging schnell davon.
*
Die kleine Petra stand mit verweinten Augen vor der Pferdekoppel des Birkenhofes. Sie wartete auf den alten Karl.
Als es ihr zu langweilig wurde, kroch sie unter dem Gatter hindurch. Das braune Fohlen preschte auf sie zu, blieb aber wenige Meter vor ihr so abrupt stehen, dass es beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Sofort folgte ihm die Mutter.
Petra lachte, obwohl ihr heute gar nicht danach zumute war. »Pascha, deine Mutti hat Angst um dich, wenn du so wild bist. Du brauchst vor mir nicht zu erschrecken.« Sie trat auf das Fohlen zu.
Es äugte ihr entgegen. Auf seinen hohen Beinen kam es dann herangestakst. Seine Mutter begleitete es und wieherte stolz.
Petra schlang die Arme um Paschas Hals. »Du hast eine Mutter und einen Vater, Pascha. Das ist schön. Schau, ich habe keinen Vater mehr. Wenn er nicht gestorben wäre, brauchten wir jetzt auch den Simmerl nicht zu verkaufen.« Petra kamen schon wieder die Tränen. »Wo bleibt denn heute Karl so lange? Er ist doch sonst um diese Zeit meistens auf der Koppel.« Sie sah zum Birkenhof. Plötzlich ließ sie das Fohlen stehen und rannte zum Tor des Gatters.
Karl stapfte auf die Koppel zu. Er hatte eine grüne Arbeitsschürze umgebunden.
Kaum hatte er das Tor geöffnet, warf sich Petra an seine Brust.
»Jetzt muss Mutti meinen Simmerl doch verkaufen, Karl«, klagte sie.
Karl legte den Arm um sie. »Diese Gefahr kennen wir ja schon eine ganze Weile, Petra, warum also heulen? Ich mag es nicht, wenn kleine Mädchen weinen. Komm, wir setzen uns da oben auf den Steinhaufen. Da erzählst du mir, was mit deinem Simmerl geschehen soll.«
Petra fasste nach der Hand des alten Karls. Sie hatte ihn sehr gern.
Auf dem Steinhaufen schmiegte sie sich eng an ihn. »Weißt du, warum ich heute auf dich gewartet habe?«
»Ich kann СКАЧАТЬ