König Lear der Steppe. Иван Тургенев
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Название: König Lear der Steppe

Автор: Иван Тургенев

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ Bitschkoff, der Bruder seiner verstorbenen Frau, der sich in unserem Hause als Hofnarr oder Parasit eingenistet hatte. Von seinen Kindesbeinen an hatte man ihn stets nur »Souvenir« genannt und so blieb er auch für Alle »Souvenir«, selbst für die Diener, welche ihn übrigens »Souvenir Thimotheewitsch« nannten Seinen wirklichen Namen schien er selbst nicht zu kennen.

      Es war ein elender, von Allen verachteter Mensch, mit einem Wort ein Schmarotzer. An der einen Seite des Mundes fehlten ihm alle Zähne, deshalb schien auch sein kleines, runzliches Gesicht schief zu sein. Er machte sich stets etwas zu schaffen, mischte sich in Alles; bald schmiegte er sich in das Mägdezimmer, bald in das Wirthschaftsamt hinein, bald ist er beim Pfaffen, bald beim Dorfältesten; überall jagt man ihn weg, er aber macht sich möglichst klein, spitzt seine schiefen Augen und lacht so widerwärtig, so wässrig, als ob er eine Flasche spühle. Es schien mir immer, daß Souvenir, hätte er Vermögen gehabt, ein scheußlicher Mensch, sittenlos, boshaft, ja grausam geworden wäre. Die Armuth hatte ihm nothgedrungen die Flügel gestutzt. Trinken durfte er nur an Feiertagen; auf den Befehl meiner Mutter kleidete man ihn aber sehr anständig, weil er Abends ihre Partie Piquet oder Boston bilden half.

      Souvenir wußte nichts, als ewig zu wiederholen: »Erlauben Sie, ich werde sofort —« »Was sofort?« fragte ihn ärgerlich meine Mutter. Er bekommt Angst, nimmt eine unterthänige Miene an und flüstert: »Wie Sie befehlen!« Unter der Thüre, lauschen, klatschen und namentlich sticheln und necken, waren seine einzigen Sorgen, und er stichelte in einer Weise, als ob er sich für etwas zu rächen hätte. Martin Petrowitsch nannte er »Brüderchen« und war stets wie der leibhaftige Teufel hinter ihm her. »Weßhalb haben Sie die Schwester Margarita Timotheewna in die andere Welt befördert?« pflegte er ihn anzufallen, sich vor ihm drehend und giftig lachend. Einst saß Martin Petrowitsch im Billardzimmer, dem kühlsten des ganzen Hauses, in dem Niemand je eine Fliege gesehen hatte, und welches deshalb von unserem Nachbar, einem Feinde der Hitze und Sonne, sehr geschätzt wurde. Er hatte seinen Platz zwischen dem Billard und der Wand. Souvenir trippelte um ihn herum, neckte ihn, schnitt ihm Gesichter. . . Martin Petrowitsch wollte ihn wegstoßen – und bewegte beide Hände wie abwehrend gegen ihn nach vorne, Souvenir gelang es zu seinem Glücke, ihm zu entwischen – die Hände seines Brüderchens stießen sich am Billardrande und das schwere ländliche Billard stürzte zu Boden trotz der sechs Schrauben die dasselbe festzuhalten bestimmt waren . . . Zu welchem Brei wäre Souvenir verwandelt worden, wäre er unter die mächtigen Hände gerathen!

      VI

      Ich war immer neugierig, Martin Petrowitsch’s Wohnort und Haus zu sehen. Einst schlug ich ihm vor, ihn zu Pferde bis Eskowo, so hieß sein Gut, zu begleiten. »Ah! Du willst Dir meine Wirthschaft ansehen,« sagte Martin Petrowitsch, »gut, ich will Dir den Garten, das Haus, die Tenne, Alles zeigen. Ich habe was zu zeigen!« Wir machten uns auf den Weg. Von unserem Gut bis Eskowo ist’s kaum eine viertel Meile. »Da ist sie, meine Herrschaft!« donnerte Martin Petrowitsch, sich anstrengend, seinen unbeweglichen Kopf mir zuzudrehen und mit der Hand nach rechts und links deutend. »Das Alles ist mein!« Charloff’s Gutshof befand sich auf einer sacht aufsteigenden Anhöhe, an deren Fuße, einem kleinen Teiche entlang, einige schlichte Bauernhäuschen standen. Beim Teiche schlug eine alte Frau im carrirten Unterrock auf dem Floß stehend mit dem hölzernen Schlägel die ausgewundene Wäsche.

      »Aksinja!« dröhnte Martin Petrowitsch’s Stimme, und ein Schwarm Krammetsvögel erhob sich vom anliegenden Haferfelde. »Du wäscht wohl Deinem Manne die Hosen?«

      Die Frau drehte sich jählings um und verbeugte sich tief.

      »Ja, die Hosen, Herr,« hörte man ihre schwache Stimme.

      »So ist es gut! Sieh’ hierher,« fuhr Martin Petrowitsch fort, sich zu mir wendend, als wir bei einem halb verfaulten Zaune vorbeitrabten, »das ist, mein Hanf – und jener da gehört den Bauern; siehst i Du den Unterschied? Und das ist mein Garten, die Aepfel und die Birnenbäume habe ich selbst gepflanzt. Früher war hier kein Baum zu sehen. So macht man es, lerne!«

      Wir fuhren in den mit Brettern umzäunten Hof. Gerade dem Thore gegenüber erhob sich ein ganz altes, kleines Häuschen mit Strohdach und einem Balcon auf dünnen Säulen; etwas seitwärts stand ein anderes, ganz neues, mit einem kleinen Aufbau oben in der Mitte; es machte aber den Eindruck ziemlicher Gebrechlichkeit.

      »Lerne hier wiederum,« sagte Charloff, »siehst Du, in welcher Hütte unsere Väter gewohnt haben und was für einen Palast ich mir erbaut habe!«

      Dieser Palast sah jedoch einem Kartenhäuschen ähnlich. Ungefähr fünf bis sechs Hunde, einer zottiger und unförmlicher als der andere, empfingen uns mit Gebell.

      »Schäferhunde,« bemerkte Charloff. »Echte aus der Krim! Kuscht euch, verfluchte! Wartet – ich hänge euch alle auf!«

      Auf dem Balcon des neuen Hauses zeigte sich ein junger Mensch im langen Rock von Nanking, der Mann der ältesten Tochter des Martin Petrowitsch. Er kam schnell zum Wagen herab, half ehrerbietig dem Schwiegervater herunter und gab sich selbst den Anschein, als wolle er mit der einen Hand den Riesenfuß er greifen, den dieser, nach vorne geneigt, mit einer Art von Anschwung über das Sitzbrett auf die Erde setzte; nachdem half er mir vom Pferde.

      »Anna!« rief Charloff, »der Sohn der Natalia Nikolaewna ist zu uns gekommen; man muß ihn bewirthen. Und wo ist Eulampia?«

      (Anna hieß die ältere, Eulampia die jüngere Tochter.)

      »Sie ist nicht zu Hause; sie ist auf das Feld gegangen, Kornblumen zu pflücken,« antwortete Anna sich im Fenster bei der Thüre zeigend.

      »Gibt es frischen Käse?« fragte Charloff.

      »Ja wohl.«

      »Auch Sahne?«

      »Ebenfalls.«

      »Bringe Alles auf den Tisch; und ich will Ihnen unterdessen mein Arbeitszimmer zeigen, kommen Sie hierher,« fügte er hinzu, sich zu mir wendend und mit dem Zeigefinger mich herbeiwinkend. Bei sich zu Hause redete er mich nicht mit »Du« an, als Wirth wollte er – höflich sein. Er führte mich durch den Corridor. – »Hier hause ich,« sagte er, seitwärts durch eine breite Thür schreitend. »Das ist mein Zimmer. Seien Sie willkommen!«

      Das Arbeitszimmer war ein großes, nicht tapezirtes und beinahe ganz leeres Zimmer; an den Wänden hingen an unegal eingeschlagenen Nägeln zwei Peitschen, ein dreieckiger vergilbter Hut, eine einläufige Flinte, ein Säbel, ein seltsames Pferdegeschirr mit großen Blechknöpfen und das Bild, ein brennendes Licht mitten unter den Winden darstellend. In einer Ecke stand ein hölzerner Divan, eine bunte Decke darüber. Hunderte von Fliegen summten oben unter der Decke des Zimmers; übrigens war es kühl in demselben, nur herrschte hier unvermischt jener besondere Erdgeruch, welcher Martin Petrowitsch überall begleitete.

      »Wie gefällt Dir das Arbeitszimmer?« fragte nun Charloff.

      »Seht gut.«

      »Sieh’, hier hängt ein holländisches Pferdegeschirr,« fuhr Charloff fort, wieder mich dutzend. »Ein prachtvolles Pferdegeschirr! Ich habe es bei einem Juden eingetauscht. Betrachte es ordentlich.«

      »Es ist wunderschön.«

      »Ein besseres kann man für die Wirthschaft nicht bekommen! Rieche doch . . . was für ein Leder!«

      Ich roch daran. Es roch nach ranzigem Thran.

      »Setzen Sie sich doch da auf den Stuhl, seien Sie hier zu Haus,« sagte Charloff und ließ sich selber auf den Divan nieder. Er schien einzuschlafen, denn er schloß die Augen, ja schnarchte selbst ein wenig. Ich betrachtete ihn schweigend und konnte ihn nicht genug bewundern. »Ein Berg, ein wirklicher Berg!« dachte СКАЧАТЬ