Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ Brautgabe für die Enkelinnen bestimmten Brillanten und vor allem das Geld aufbewahrt wurde. Die Schlüssel der Speisekammer und der sonstigen Behältnisse, in denen Tee, Zucker, Kaffee und andere Vorräte aufbewahrt wurden, befanden sich in Wassilissas Händen.

      Hatte die Großtante am Morgen ihre Anordnungen in der Wirtschaft getroffen und nach dem Kaffee, am Schreibtisch stehend, an der Rechenmaschine die Kasse kontrolliert, dann setzte sie sich auf ihren Platz am Fenster und schaute aufs Feld hinaus, verfolgte die Arbeiten, beobachtete, was im Hofe getrieben wurde, und schickte Jakow oder Wassilissa hinaus, wenn etwas nicht so gemacht wurde, wie sie es wollte.

      Hierauf fuhr sie, wenn etwas einzukaufen war, nach der Stadt, besuchte die Läden und machte einige Visiten. Doch blieb sie nirgends lange, sprach nur an zwei, drei Stellen fünf Minuten lang vor und war zum Mittagessen wieder zu Hause.

      Nicht so schnell ließ sie ihre eigenen Gäste los – wer kam, mußte, wenn es irgend ging, zum Frühstück oder Mittagessen bleiben. Nie, solange sie lebte, war jemand von ihr gegangen, ohne daß sie ihn, ganz gleich womit und zu welcher Tageszeit, bis oben hinauf vollgestopft hätte. Nach dem Mittagessen saß sie, wenn sie allein war, im Winter gern in nachdenklichem Schweigen am Kamin. In schöner Pose, als die vornehme Dame, die keine Sorgen hat, saß sie da, wie in tiefes Nachsinnen oder in Erinnerungen versunken, die sie weit, weit entführten. Dann mußte es ganz still um sie sein. Im Sommer hielt sie sich am Nachmittag im Garten oder im Park auf: hier zog sie auch wohl gern einmal ein Paar Gemslederhandschuhe an, nahm den Spaten, die Harke oder die Gießkanne zur Hand und begann – »aus Gesundheitsrücksichten« – ein Beet umzugraben, oder begoß die Blumen, raupte einen Strauch ab, entfernte das Spinngewebe von den Johannisbeersträuchern und endete schließlich, nachdem sie müde geworden, den Tag am Teetisch, wo ihr guter alter Freund und Berater Tit Nikonytsch Watutin ihr Gesellschaft leistete.

      Neuntes Kapitel

      Tit Nikonytsch war der geborene Gentleman. Er besaß in demselben Gouvernement ein Gut von zweihundertfünfzig bis dreihundert Seelen – er wußte selbst nicht, wieviel es waren, denn er war nie auf seinem Gute und ließ die Bauern treiben, was sie wollten, und die Pacht, die sie ihm zahlten, nach eigenem Ermessen bestimmen. Nie übte er eine Kontrolle über sie aus. Mit verschämter Miene nahm er das Geld, das sie ihm brachten, legte es, ohne es nachzuzählen, in seinen Schreibtisch und winkte ihnen ab – sie konnten wieder heimfahren und tun, was sie wollten.

      Er hatte früher in der Armee gedient. Die älteren Leute erinnerten sich seiner noch als eines stattlichen jungen Offiziers von trefflicher Erziehung, bescheidenem Wesen und offenem, tapferem Charakter.

      In seiner Jugend hatte er häufig seine Mutter auf dem Gute besucht, hatte da seinen Urlaub zugebracht und war wieder abgereist, und schließlich nahm er den Abschied, zog in die Stadt, kaufte sich dort ein kleines graues Häuschen mit drei auf die Straße hinausgehenden Fenstern und richtete sich hier für immer sein Nest ein.

      Er hatte eine ziemlich mangelhafte Bildung in irgendeinem Kadettenkorps erhalten, las jedoch gern, namentlich Bücher politischen und naturwissenschaftlichen Inhalts. Seine Sprechweise, seine Manieren, sein ganzes Auftreten hatten etwas Sanftes, Verschämtes; das Bewußtsein der eigenen Würde barg sich wohl dahinter und kam zwar nicht sichtbar zum Vorschein, schien aber stets bereit, wenn es not tat, sich offen zu bekunden.

      Er bewahrte, mit wem er auch sprechen mochte, stets eine gewisse respektvolle Zurückhaltung in Worten und Gesten. Ob er dem Gouverneur, oder einem Freunde, oder einem ihm eben erst vorgestellten Fremden gegenüberstand, jedesmal verbeugte er sich auf die gleiche höfliche Weise, scharrte leicht mit dem Fuße und hob ihn ein wenig nach hinten empor, ganz nach Vorschrift des alten Zeremoniells. In Gegenwart einer Dame setzte er sich nie, selbst auf der Straße sprach er mit Damen nur unbedeckten Hauptes; er war der erste, der sich nach einem zur Erde fallenden Taschentuch bückte, oder ein Fußbänkchen herbeiholte. Waren junge Mädchen in einem Hause, so brachte er jedesmal ein Pfund Konfekt oder einen Blumenstrauß mit und suchte den Ton der Unterhaltung ihrem Alter, ihrer Beschäftigung, ihren Neigungen anzupassen, wobei er stets die größte Ehrerbietung und Ritterlichkeit an den Tag legte und sich nicht die geringste Freiheit, nicht die kleinste Anspielung herausnahm. Nie erschien er in Damengesellschaft anders als im Frack.

      Er rauchte keinen Tabak, gebrauchte keine Parfüms, tat nichts, um jugendlicher zu erscheinen, und machte in seinem Äußeren, seinen Bewegungen, seinen Umgangsformen stets einen schlicht eleganten, untadeligen, vornehmen Eindruck. Seiner Wäsche schenkte er die größte Sorgfalt, gab nichts auf die Fasson oder auf eine besonders zierliche Ausführung, sondern legte einzig Wert auf blendende Sauberkeit.

      Alles an ihm war einfach und sozusagen strahlend. Die Nankingbeinkleider waren immer frisch und glatt gebügelt; der blaue Frack schien eben vom Schneider zu kommen. Er war bereits fünfzig Jahre alt, machte jedoch, dank einer Perücke und dem stets glattrasierten Kinn, den Eindruck eines frischen, rotwangigen Vierzigers.

      Sein Blick und sein Lächeln hatten etwas so Liebenswürdiges, daß sie vom ersten Augenblick an für ihn einnahmen. Obschon seine Mittel nur beschränkt waren, machte er doch den Eindruck des freigebigen großen Herrn – so leicht und freudig warf er seinen Hundertrubelschein hin, als wären es Tausende.

      Für Tatjana Markowna hegte er ein Gefühl ehrerbietiger, fast andächtiger Freundschaft, in dem so viel Wärme lag, daß schon die Art, wie er bei ihr eintrat, wie er sich setzte und sie ansah, darauf schließen ließ, daß er sie über alles liebte. Dabei gestattete er sich jedoch, obschon er ihr täglicher Gast war, im Verkehr mit ihr nie irgendeine noch so harmlose Vertraulichkeit.

      Sie vergalt ihm mit gleicher Freundschaft, doch lag in dem Tone, in dem sie mit ihm verkehrte, mehr Lebhaftigkeit und Familiarität. Sie beherrschte ihn sogar ein klein wenig, was bei ihrem raschen, beweglichen Naturell nicht wundernehmen konnte.

      Leute, die sie in ihrer Jugend gekannt hatten, erzählten, sie sei ein lebhaftes, sehr hübsches, schlankes, ein wenig affektiertes Mädchen gewesen, erst die Beschäftigung mit der Wirtschaft habe diese bewegliche, etwas scharfzüngige Frau aus ihr gemacht. Aber bis ins spätere Alter hinein hatte sie sich doch recht viel von ihrer jugendlichen Art bewahrt.

      Wenn sie den alten türkischen Schal um hatte und so in Nachdenken versunken dasaß, hatte sie große Ähnlichkeit mit einem alten Frauenporträt, das sich in der Ahnengalerie drüben im alten Hause befand.

      Etwas Kraftvolles, Gebieterisches, Stolzes kam zuweilen ganz plötzlich bei ihr zum Durchbruch: sie richtete sich hoch empor, und ihr Gesicht strahlte, als würde es von innen durch einen jäh aufsteigenden, bedeutsamen Gedanken erleuchtet, der sie hinwegtrug über dieses kleinliche Leben in eine andere, erhabene Welt.

      Wenn sie so allein dasaß, lächelte sie bisweilen so anmutig-träumerisch, daß sie ganz das Aussehen einer sorglosen, reichen, verwöhnten Dame hatte. Und wenn sie, die Arme auf die Hüften gestützt oder über der Brust gekreuzt, dastand und, allen häuslichen Ärger vergessend, auf die Wolga hinausschaute, dann nahm ihr Gesicht einen verklärten, fast poetisch schönen Ausdruck an.

      Kaum ein Tag verging, ohne daß Tit Nikonytsch irgendein Geschenk für die Großtante oder die kleinen Nichten mitbrachte. Im März, wenn noch alle Gärten unter der Schneedecke lagen, brachte er eine grüne Gurke oder ein Körbchen voll Erdbeeren, im April eine Handvoll frischer Pilze als »erste Saisonneuheit«. Kamen die ersten Pfirsichsendungen an, so konnte man sicher sein, daß diese Frucht zuerst auf Tatjana Markownas Tafel erschien.

      In der Stadt war einmal vor Jahren das Gerücht verbreitet gewesen, daß Tit Nikonytsch als junger Mann sich bei einem Besuche in Tatjana Markowna verliebt und bei ihr auch Gegenliebe gefunden habe. Die Eltern hätten jedoch ihre Wahl nicht gebilligt und einen anderen zu ihrem Gatten bestimmt. Gegen diese Wahl habe sie sich gesträubt, und so sei sie schließlich unvermählt geblieben. Im Laufe der Zeit war dieses Gerücht dann verstummt, und ob etwas СКАЧАТЬ