Als die Convention sich am Samstag, den 16. Mai, des Morgens wieder versammelte, wurde beantragt, daß Maßregeln für die persönliche Sicherheit der Mitglieder getroffen werden sollten. Es wurde behauptet, daß man Dundee nach dem Leben getrachtet, daß zwei Männer von verdächtigem Aussehen in der Nähe des Hauses, das er bewohnte, umhergestreift seien und daß man sie habe sagen hören, sie wollten den Hund so behandeln, wie er sie behandelt habe. Mackenzie versicherte, daß auch er in Gefahr sei, und verlangte in seiner gewohnten bilderreichen und kräftigen Sprache Schutz von den Ständen. Aber die Sache wurde von der Majorität sehr leicht genommen und die Convention ging zu anderen Gegenständen der Tagesordnung über.37
Hierauf wurde Crane als Einlaß ins Parlamentshaus begehrend angemeldet. Er wurde eingeladen und das Schriftstück, dessen Ueberbringer er war, auf den Tisch niedergelegt. Hamilton bemerkte, daß sich in den Händen des Earl von Leven eine Mittheilung von dem Prinzen befinde, kraft dessen Autorität die Stände einberufen worden seien. Diese Mittheilung schien den Vorrang zu verdienen. Die Convention war gleicher Meinung und das reiflich erwogene, einsichtsvolle Schreiben Wilhelm’s wurde vorgelesen.
Dann wurde beantragt, daß auch Jakob’s Brief geöffnet werden solle. Die Whigs wendeten dagegen ein, daß derselbe möglicherweise einen Befehl zur Auflösung der Convention enthalten könne. Sie schlugen deshalb vor, daß die Stände, ehe das Siegel erbrochen würde, beschließen sollten, trotz eines solchen Befehls beisammen zu bleiben. Die Jakobiten, welche den Inhalt des Schreibens eben so wenig kannten wie die Whigs, und die Vorlesung desselben nicht erwarten konnten, gaben bereitwillig ihre Zustimmung. Es wurde ein Beschluß gefaßt, durch den die Mitglieder sich verpflichteten, jeden Befehl, der ihnen gebieten sollte auseinander zu gehen, als null und nichtig zu betrachten und so lange beisammen zu bleiben, bis sie das Werk der Sicherung der Freiheit und Religion Schottland’s durchgeführt haben würden. Dieser Beschluß wurde von fast allen anwesenden Lords und Gentlemen unterzeichnet. Auch sieben von den neuen Bischöfen unterschrieben ihn. Die eigenhändig geschriebenen Namen Dundee’s und Balcarras’ sieht man noch auf der Originalrolle. Balcarras suchte später diesen Schritt, der nach seinen Grundsätzen ohne alle Widerrede ein abscheulicher Verrath war, damit zu entschuldigen, daß er sagte, er und seine Freunde hätten sich aus Eifer für das Interesse ihres Gebieters an einer rebellischen Erklärung gegen die Autorität ihres Gebieters betheiligt, sie hätten von dem Briefe den heilsamsten Einfluß erwartet, und der Brief würde nicht geöffnet worden sein, wenn sie nicht der Majorität ein Zugeständniß gemacht hätten.
Wirkung von Jakob’s Schreiben
In wenigen Minuten wurden Balcarras’ Erwartungen bitter getäuscht. Der Brief, von dem man so viel gehofft und gefürchtet hatte, wurde mit allen den Ehren vorgelesen, welche die schottischen Parlamente königlichen Mittheilungen zu erweisen pflegten; aber jedes Wort erfüllte die Herzen der Jakobiten mit Verzweiflung. Man sah deutlich, daß das Unglück Jakob weder weise noch nachsichtig gemacht hatte. Alles athmete Hartnäckigkeit, Grausamkeit und Uebermuth. Denjenigen Verräthern, welche binnen vierzehn Tagen zu ihrer Unterthanenpflicht zurückkehrten, war Verzeihung zugesichert, allen Anderen aber mit schonungsloser Rache gedroht. Ueber frühere Vergehen war nicht nur kein Bedauern ausgedrückt, sondern der Brief selbst war ein neues Vergehen, denn er war von dem Apostaten Melfort geschrieben und contrasignirt, der nach den Gesetzen des Reichs zur Bekleidung des Amts eines Staatssekretärs nicht befähigt war und den die protestantischen Tories nicht weniger verabscheuten als die Whigs. Die ganze Versammlung gerieth in Aufruhr. Jakob’s Feinde waren laut und heftig, und seine Freunde, welche gegen ihn aufgebracht waren und sich seiner schämten, sahen ein, daß nicht mehr daran zu denken war, den Kampf in der Convention fortzusetzen. Jede Stimme, die vor der Eröffnung des Schreibens zweifelhaft gewesen, war jetzt unwiederbringlich verloren. Die Sitzung schloß unter großer Aufregung.38
Es war Samstag Nachmittag und vor Montag früh sollte keine Sitzung wieder sein. Die jakobitischen Parteiführer hielten eine Berathung und kamen zu dem Schlusse, daß ein entscheidender Schritt gethan werden müsse. Dundee und Balcarras sollten sich der ihnen ertheilten Vollmachten bedienen; die Minorität sollte sofort Edinburg verlassen und sich in Stirling versammeln. Athol stimmte bei und nahm es auf sich, ein starkes Corps seiner Clansleute aus den Hochlanden zum Schutze der Berathungen der royalistischen Convention herbeizuziehen. Alles war für den Austritt vorbereitet; aber die Langsamkeit eines Mannes und die Uebereilung eines andren zerstörten in wenigen Stunden den ganzen Plan.
Dundee’s Flucht
Der Montag kam. Die jakobitischen Lords und Gentlemen waren eben im Begriff nach Stirling aufzubrechen, als Athol einen vierundzwanzigstündigen Aufschub verlangte. Er für seine Person habe keinen Grund, sich zu beeilen. Wenn er bliebe, liefe er nicht Gefahr ermordet zu werden. Wenn er aber ginge, setze er sich den von einem Bürgerkriege unzertrennlichen Gefahren aus. Da die Mitglieder seiner Partei sich nicht von ihm trennen wollten, willigten sie in den von ihm verlangten Aufschub und begaben sich noch einmal in das Parlamentsgebäude. Nur Dundee weigerte sich, noch länger zu bleiben. Er sagte, sein Leben sei in Gefahr. Die Convention habe sich geweigert, ihn zu beschützen, und er wolle nicht bleiben, um der Zielpunkt für die Pistolen und Dolche von Meuchelmördern zu sein. Balcarras machte vergebliche Vorstellungen. „Wenn Sie allein abreisen,“ sagte er, „so wird das Aufsehen machen, und den ganzen Plan vereiteln.“ Aber Dundee blieb bei seinem Vorsatze. Tapfer, wie er unzweifelhaft war, schien er, gleich vielen anderen tapferen Männern, gegen die Gefahr eines Meuchelmords weniger gestählt zu sein als gegen jede andre Form der Gefahr. Er kannte den Haß der Covenanters, er wußte wie sehr er ihren Haß verdient hatte, und er wurde von dem Bewußtsein unsühnbarer Schuld und von der Furcht vor einer entsetzlichen Wiedervergeltung gequält, welche die Polytheisten des Alterthums unter dem furchtbaren Namen der Furien personificirten. Seine alten Reiter, die Satans und Beelzebubs, die seine Verbrechen getheilt hatten und die jetzt seine Gefahren theilten, waren bereit, ihn auf seiner Flucht zu begleiten.
Tumultuarische Sitzung der Stände
Inzwischen hatte sich die Convention wieder versammelt. Mackenzie hatte sich erhoben, und beklagte in pathetischen Ausdrücken die schlimme Lage der Stände, welche zu gleicher Zeit von den Kanonen einer Festung und von einem fanatischen Pöbel bedroht würden, als er durch einige Schildwachen unterbrochen wurde, die von den Posten in der Nähe des Schlosses herbeikamen. Sie hatten Dundee an der Spitze von funfzig Reitern auf der Straße nach Stirling gesehen. Diese Straße führte dicht an dem mächtigen Felsen vorbei, auf dem die Citadelle erbaut ist. Gordon war auf den Wällen erschienen und hatte durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, daß er etwas zu sagen habe. Dundee war nun so hoch hinaufgeklommen, daß er hören und gehört werden konnte, und so besprach er sich eben jetzt mit dem Herzoge. Bis diesen Augenblick war der Haß, mit dem die presbyterianischen Mitglieder der Versammlung den unbarmherzigen Verfolger ihrer Glaubensbrüder betrachteten, durch die schicklichen Formen der parlamentarischen Berathung gedämpft worden. Jetzt aber erfolgte ein furchtbarer Ausbruch. Hamilton selbst, der, wie sogar seine Gegner zugaben, die Pflichten eines Präsidenten bisher mit Würde und Unparteilichkeit versehen hatte, war der Lauteste und Heftigste im Saale. „Es ist hohe Zeit“ rief er aus, „daß wir auf uns selbst denken. Die Feinde unsrer Religion und unsrer bürgerlichen Freiheit sammeln sich rings um uns, und wir dürfen wohl argwöhnen, daß sie selbst hier Complicen haben. Man verschließe die Thüren und lege die Schlüssel auf den Tisch. Niemand soll hinaus als diejenigen Lords und Gentlemen, die wir beauftragen werden, die Bürger zu den Waffen zu rufen. Es sind einige wackere Männer aus dem Westen in Edinburg, Männer, für die ich stehen kann.“ Die Versammlung erhob einen allgemeinen Ruf der Zustimmung. Mehrere Mitglieder der Majorität rühmten sich, daß auch sie zuverlässige Anhänger mitgebracht hätten, die auf den ersten Wink gegen Claverhouse und seine Dragoner ziehen würden. Alles was Hamilton vorschlug, wurde sofort ins Werk gesetzt. Die Jakobiten gaben СКАЧАТЬ
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Balcarras’s Memoirs. Den vollständigsten Bericht über diese Verhandlungen geben jedoch einige handschriftliche Notizen, welche sich in der Bibliothek der Advokatenfacultät befinden. Balcarras’ Angaben sind nicht ganz genau. Er verließ sich wahrscheinlich zu sehr auf sein Gedächtniß. Ich habe dieselben nach den Parlamentsacten berichtigt.
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Act. Parl. Scot. March 16. 1688/89; Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689; London Gazette, March 25. 1689; Life of James II. 342. Burnet irrt sonderbar in Bezug auf diese Vorgänge.