Название: Die Äbtissin von Castro
Автор: Stendhal
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Es gelang außerordentlich leicht, ihn in die Verschwörung zu ziehen: er wurde von seinem Vater äußerst schlecht behandelt und bekam nicht die geringste Unterstützung, was ihm um so empfindlicher erschien, als er verheiratet und Vater von sechs Kindern war. Man wählte für die Zusammenkünfte, wo man beriet, wie man Francesco Cenci ermorden könnte, die Wohnung des Monsignore Guerra. Die Sache ging in angemessenen Formen vor sich, und man holte bei jeder Einzelheit die Meinung der Stiefmutter und des jungen Mädchens ein. Als endlich eine Entscheidung getroffen war, wählte man Untergebene Francesco Cencis, die ihn tödlich haßten. Der eine hieß Marzio, war ein Mann von Herz und den unglücklichen Kindern Francescos sehr anhänglich; er willigte ein, an dem Vatermord teilzunehmen, um sich ihnen angenehm zu machen. Olimpio, der zweite, war vom Fürsten Colonna zum Kastellan der Festung La Petrella im Königreich Neapel ernannt worden, aber durch seinen allmächtigen Einfluß auf den Fürsten hatte ihn Francesco Cenci davonjagen lassen.
Man verabredete alles mit den beiden Männern. Da Francesco Cenci angekündigt hatte, daß er, um der schlechten Luft in Rom zu entgehen, den folgenden Sommer auf dem Kastell La Petrella verbringen würde, war man auf den Gedanken gekommen, ein Dutzend neapolitanischer Banditen anzuwerben; Olimpio erbot sich, sie herbeizuschaffen. Man entschied sich dafür, sie in den Wäldern um La Petrella zu verbergen, damit man sie unverzüglich benachrichtigen könne; wenn Francesco Cenci sich auf den Weg mache, sollten sie ihn dann von der Straße weg entführen und seiner Familie Botschaft schicken, daß sie ihn gegen ein hohes Lösegeld frei lassen würden. Dann würden die Kinder genötigt sein, nach Rom zurückzukehren, um die von den Briganten geforderte Summe zustande zu bringen; sie sollten aber vorgeben, sie nicht in solcher Schnelligkeit aufbringen zu können und die Briganten würden, wenn sie kein Geld anlangen sähen, ihrer Drohung gemäß Francesco Cenci ermorden.
Auf diese Weise sollte niemand die wirklichen Urheber dieses Todes verdächtigen können.
Aber als Francesco Cenci Anfang des Sommers von Rom nach Petrella reiste, benachrichtigte der Spion, der die Abreise melden sollte, zu spät die in den Wäldern verstreuten Banditen, und sie hatten nicht mehr Zeit, zur Landstraße hinunterzugelangen. Cenci kam ohne Hindernis nach Petrella, und die Briganten, die keine Lust hatten, noch länger auf eine zweifelhafte Beute zu warten, gingen nun anderswo auf eigne Rechnung zu rauben aus.
Was den vorsichtigen und argwöhnischen alten Francesco Cenci betraf, so wagte er sich niemals aus seinem Kastell heraus. Und weil sich seine schlechte Laune mit den zunehmenden Altersgebrechen, die ihm unerträglich waren, steigerte, verdoppelte er die grausame Behandlung, die er die armen Frauen erdulden ließ. Er behauptete, daß sie sich über seine Gebrechlichkeit freuten.
Beatrice, welche durch die schrecklichen Dinge, die sie erleiden mußte, zum Äußersten getrieben wurde, ließ Marzio und Olimpio an die Mauer des Kastells rufen. Nachts, während ihr Vater schlief, sprach sie aus einem niedrigen Fenster mit ihnen und warf ihnen Briefe zu, die an Monsignore Guerra gerichtet waren. Mittels dieser Briefe wurde verabredet, daß Monsignore Guerra tausend Piaster an Marzio und Olimpio versprechen sollte, wenn sie Francesco Cenci ermorden würden. Ein Drittel der Summe sollte ihnen in Rom durch Monsignore Guerra im voraus gezahlt werden, und die beiden andern Drittel von Lucrezia und Beatrice, sobald sie nach vollbrachter Tat über Cencis Geldschrank verfügen könnten.
Außerdem wurde noch vereinbart, daß die Sache am Tage Mariä Geburt geschehen solle, und die beiden Männer wurden durch List in die Festung eingelassen. Aber Lucrezia ließ sich durch den Respekt, den man einem Fest der Madonna schuldet, zurückhalten und bestimmte Beatrice, den Mord einen Tag hinauszuschieben, um nicht eine doppelte Sünde zu begehen.
Es war also am 9. September 1598 abends; Mutter und Tochter hatten mit großem Geschick Francesco Cenci Mohnsaft gegeben und dieser Mann, der so schwer zu täuschen war, fiel in tiefen Schlaf.
Gegen Mitternacht ließ Beatrice selbst Marzio und Olimpio in die Festung ein; darauf führten sie Lucrezia und Beatrice in das Zimmer des alten Mannes, welcher fest schlief. Dort verließ man sie, damit sie das vollbringen sollten, was ausgemacht war, und die beiden Frauen warteten im Nebenzimmer. Plötzlich sahen sie die zwei Männer bleich und ganz außer sich zurückkommen.
„Was gibt es?“ riefen die Frauen. „Daß es eine Schande und Schmach ist, einen armen schlafenden Greis zu töten!“ antworteten die Männer. „Das Mitleid hat uns gehindert zu handeln.“
Als sie diese Entschuldigung hörte, wurde Beatrice von Empörung ergriffen und begann sie zu beschimpfen, indem sie sagte: „Also Ihr Männer, die Ihr für solche Tat wohl vorbereitet seid, habt nicht den Mut, einen schlafenden Mann zu töten! Wie viel weniger würdet Ihr wagen, ihm ins Gesicht zu sehen, wenn er wach ist! Und, um es so zu Ende zu führen, habt Ihr gewagt, Geld zu nehmen! Nun wohl, da Eure Feigheit es will, werde ich selbst meinen Vater töten; und was Euch betrifft, sollt Ihr dann nicht mehr lange leben!“
Durch diese wenigen zündenden Worte wieder angefeuert und auch, weil sie eine Verminderung des festgesetzten Preises fürchteten, traten die Männer von neuem ins Zimmer ein und die Frauen folgten ihnen. Der eine nahm einen großen Nagel, setzte ihn senkrecht aufs Auge des schlafenden Alten, der andere trieb diesen Nagel mit einem Hammer in den Kopf. In der gleichen Weise ließ man einen großen Nagel in den Hals eindringen, so daß diese arme, von so vielen frischen Sünden belastete Seele vom Teufel geholt wurde; der Körper sträubte sich, allein vergeblich.
Als die Sache abgetan war, gab das junge Mädchen Olimpio eine dicke goldgefüllte Börse, Marzio gab sie einen Tuchmantel ihres Vaters, der mit goldener Tresse besetzt war und schickte die beiden fort.
Als die Frauen allein geblieben waren, begannen sie den großen in den Kopf gedrungenen Nagel, sowie den im Halse zu entfernen; dann schleiften sie den Körper, nachdem sie ihn in ein Leintuch eingewickelt hatten, durch eine lange Reihe von Zimmern bis zu einer Galerie, die auf einen verödeten Garten führte. Von dort warfen sie den Körper auf einen großen Holunderbaum, der an diesem einsamen Ort wuchs, hinab. Da am Ende dieser kleinen Galerie die Abtritte lagen, hofften sie, wenn man am nächsten Morgen den Körper des Alten in den Ästen des Holunders finden würde, auf die Vermutung, er sei am Wege zum Abtritt ausgeglitten und hinuntergestürzt.
Es geschah genau so, wie sie es vorausgesehen hatten. Am Morgen, als man den Leichnam fand, erhob sich großer Lärm in dem Kastell; die Frauen selber verabsäumten nicht, laut zu schluchzen und über den unglücklichen Tod des Vaters und Gatten zu klagen. Allein, wenn die junge Beatrice auch den Mut der beleidigten Tugend besaß, die nötige Klugheit für das Leben hatte sie noch nicht: schon am frühen Morgen hatte sie der Frau, die in der Festung die Wäsche besorgte, ein blutbeflecktes Leintuch gegeben, wobei sie ihr sagte, sie möge sich nicht über eine solche Menge Blut wundern, denn sie habe während der ganzen Nacht an großem Blutverlust gelitten, und so ging für den Augenblick alles gut.
Man gab Francesco Cenci ein ehrenvolles Begräbnis, und die Frauen kehrten nach Rom zurück, um die langersehnte Ruhe zu genießen. Sie glaubten an die Dauer ihres Glückes, weil sie nicht wußten, was in Neapel vor sich ging.
Die Gerechtigkeit Gottes, der nicht wollte, daß ein so fürchterlicher Vatermord unbestraft bleibe, veranlaßte, daß der oberste Richter, als man in dieser Hauptstadt erfuhr, was im Kastell Petrella vor sich gegangen war, sofort Mißtrauen empfand und einen königlichen Kommissär sandte, um den Leichnam zu untersuchen und alle verdächtigen Personen festzunehmen.
Der königliche Kommissär ließ alle, die in der Festung wohnten, verhaften. Alle diese wurden in Ketten nach Neapel geführt, aber nichts erschien in ihren Aussagen verdächtig, außer, daß die Wäscherin aussagte, sie hätte von Beatrice ein blutiges Tuch oder deren mehrere erhalten. Man fragte СКАЧАТЬ