Deutsche Humoristen, Zweiter Band. Heinrich Zschokke
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Название: Deutsche Humoristen, Zweiter Band

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ in Ihrer Büchse keinen Platz fand, nicht zu tragen gegeben, und haben es Euer Gnaden nicht in der Eile der Reise vergessen?« ergriff Wehmüller das Bild mit Heftigkeit. Es war das Bild seiner Frau, ganz wie von ihm selbst gemalt, ja, der Name Wehmüller war unterzeichnet. Er wußte nicht, wo ihm der Kopf stand. Bald sah er den Bauer, bald Lury, bald das Bild an. »Wer gab dir das Bild?« fuhr er den Bauer an. »Euer Gnaden selbst,« sagte dieser. »Sie wollten nach Stuhlweißenburg zu Ihrer Liebsten, sagten Euer Gnaden, und den Botenlohn sind mir Euer Gnaden auch schuldig geblieben.«

      »Das ist erlogen!« schrie Wehmüller. »Es ist die Wahrheit!« sagte der Bauer. »Es ist nicht die Wahrheit!« sagte Lury, »denn dieser Herr ist seit vier Wochen nicht hier weggekommen und hat mit mir in einer Stube geschlafen.« Der Bauer aber wollte von seiner Behauptung nicht abgehen und drang auf die Bezahlung des Botenlohns oder die Rückgabe des Porträts, welches sein Pfand sei, und dem er, wenn er nicht bezahle, einen Schimpf antun wolle. Wehmüller ward außer sich. »Was?« schrie er, »ich soll für einen andern den Botenlohn zahlen oder das Porträt meiner Frau beschimpfen lassen, das ist entsetzlich!« Lury machte endlich den Schiedsrichter und sagte zu dem Bauer: »Habt ihr diesen Herrn über die Grenze gebracht?« »Ja!« sagte der Bauer. – »Wie kommt er denn wieder hierher, und wie war er die ganze Zeit hier?« erwiderte Lury. »Ihr müßt ihn daher nicht recht tüchtig hinüber gebracht haben, und könnt für so schlechte Arbeit keinen Botenlohn begehren. Bringt ihn heute nochmals hinüber, aber dermaßen, daß auch kein Stümpfchen hier in Kroatien bleibt, und laßt euch doppelt bezahlen.« Der Bauer sagte: »Ich bin es zufrieden, aber es ist doch eine sehr heillose Sache; wer von den beiden ist nun der Teufel, dieser gnädige Herr oder der andre? Es könnte mich dieser, der viel widerspenstiger scheint, vielleicht gar mit über die Grenze holen; auch ist der Weg jetzt gesperrt, und der andre war der letzte. Ich glaube doch, er muß der Teufel gewesen sein, der bei der Pest zu tun hat.« – »Was,« schrie Wehmüller, »der Teufel mit dem Porträt meiner Frau? Ich werde verrückt! Gesperrt oder nicht gesperrt, ich muß fort, der scheußlichste Betrug muß entdeckt werden. Ach, meine arme Frau, wie kann sie getäuscht werden! Adieu, Lury, ich brauche keinen Boten, ich will schon allein finden.« Und somit lief er zum offenen Hoftore mit solcher Schnelligkeit hinaus, daß ihn weder der nachlaufende Bauer, noch das Geschrei Lurys einholen konnte.

      Nach dieser Scene trat der Graf Giulowitsch, der Prinzipal Lurys, aus dem Schloß, um auf seinen Finkenherd zu fahren. Lury erzählte ihm die Geschichte, und der Graf, neugierig, mehr von der Sache zu hören, bestieg seinen Wurstwagen und fuhr dem Maler in vollem Trabe nach. Das leichte Fuhrwerk, mit zwei raschen Pferden bespannt, flog über die Stoppelfelder, welche einen festeren Boden als die moorichte Landstraße darboten. Bald war der Maler eingeholt. Der Graf bat ihn aufzusitzen mit dem Anerbieten, ihn einige Meilen bis an die Grenze seiner Güter zu bringen, wo er noch eine halbe Stunde nach dem letzten Grenzdorf habe. Wehmüller der schon viel Grund und Boden an seinen Stiefeln hängen hatte, nahm den Vorschlag mit untertänigstem Dank an. Er mußte einige Züge alten Slibowitz aus des Grafen Jagdflasche tun, und fand dadurch schon etwas mehr Mut, sich selbst auf der eignen Fährte zu seiner Frau nachzueilen. Der Graf fragte ihn: »Ob er denn niemand kenne, der ihm so ähnlich sei, und so malen könne wie er?« Wehmüller sagte: »Nein!« und das Porträt ängstige ihn am meisten, denn dadurch zeige sich eine Beziehung des falschen Wehmüllers auf seine Frau, welche ihm besonders fatal werden könne. Der Graf sagte ihm: »Der falsche Wehmüller sei wohl nur eine Strafe Gottes für den echten Wehmüller, weil dieser alle Ungarn über einen Leisten male. So gäbe es jetzt auch mehrere Wehmüller über einen Leisten.« Wehmüller meinte: »Alles sei ihm einerlei, aber seine Frau, seine Frau, wenn sie sich nur nicht irre.« Der Graf stellte ihm nochmals vor, er möge lieber mit ihm auf seinen Finkenherd und dann zurückfahren; er gefährde, wenn er auch höchst unwahrscheinlich den Pest-Cordon durchschleichen sollte, jenseits an der Pest zu sterben. Wehmüller aber meinte: »Ein zweiter Wehmüller, der zu meiner Frau reist, ist auch eine Pest, an der man sterben kann, und er wolle so wenig als die Schneegänse, welche schreiend über ihnen hinstrichen, den Pest-Cordon respektieren, er habe keine Ruhe, bis er bei seiner Tonerl sei.« So kamen sie bis auf die Grenze der Giulowitschschen Güter, und der Graf schenkte Wehmüllern noch eine Flasche Tokaier mit den Worten: »Wenn Sie diese ausstechen, lieber Wehmüller, werden Sie sich nicht wundern, daß man Sie doppelt gesehen, denn Sie selbst werden alles doppelt sehen. Geben Sie uns so bald als möglich Bericht von Ihrem Abenteuer, und möge Ihre Gemahlin anders sehen, als der Bauer gesehen hat. Leben Sie wohl!«

      Nun eilte Wehmüller, so schnell er konnte, nach dem nächsten Dorf, und kaum war er in die kleine dumpfigte Schenke eingetreten, als die alte Wirtin, in Husaren-Uniform, ihm entgegenschrie: »Ha, ha! da sind der Herr wieder zurück, ich hab es gleich gesagt, daß Sie nicht durch den Cordon würden hinüber gelassen werden.« Wehmüller sagte: daß er hier niemals gewesen und daß er gleich jetzt erst versuchen wolle, durch den Cordon zu kommen. Da lachte Frau Tschermack und ihr Gesinde ihm ins Angesicht, und behaupteten steif und fest: er sei vor einigen Tagen hier durchpassiert, von einem Giulowitscher Bauern begleitet, dem er den Botenlohn zu zahlen vergessen; er habe ja hier gefrühstückt und erzählt: daß er nach Stuhlweißenburg zu seiner Frau Tonerl wolle, um dort das hochlöbliche Offizier-Korps zu malen. Wehmüller kam durch die neue Bestätigung, daß er doppelt in der Welt herum reise, beinahe in Verzweiflung. Er sagte der Wirtin mit kurzen Worten seine ganze Lage; sie wußte nicht, was sie glauben sollte, und sah ihn sehr kurios an. Es war ihr nicht allzu heimlich bei ihm. Aber er wartete alle ihre Skrupel nicht ab, und lief wie toll und blind zum Dorfe hinaus und dem Pest-Cordon zu.

      Als er eine Viertelmeile auf der Landstraße gelaufen war, sah er auf dem Stoppelfeld eine Reihe von Rauchsäulen aufsteigen, und ein angenehmer Wachholdergeruch dampfte ihm entgegen. Er sah bald eine Reihe von Erdhütten und Soldaten, welche kochten und sangen; es war ein Hauptbiwak des Pest-Cordons. Als er sich der Schildwache näherte, rief sie ihm ein schreckliches: »Halt!« entgegen und schlug zugleich ihr Gewehr auf ihn an. – Wehmüller stand wie angewurzelt. Die Schildwache rief den Unteroffizier und nach einigen Minuten sprengte ein Szekler Husar gegen ihn heran und schrie aus der Ferne: »Wos willstu, quid vis? Wo kommst her, unde venis? An welchen Ort willst du, ad quem locum vis? Bist du nicht vorige Woche hier durchpassiert, es tu non altera hebdomada hic perpassatus?« Er fragte ihn so auf Deutsch und Husarenlateinisch zugleich, weil er nicht wußte, ob er ein Deutscher oder ein Ungar sei. Wehmüller mußte aus den letzten Worten des Husaren abermals hören, daß er hier schon durchgereist sei, welche Nachricht ihm eiskalt über den Rücken lief. Er schrie sich beinah' die Kehle aus, daß er gerade von dem Grafen Giulowitsch komme, daß er in seinem Leben nicht hier gewesen. Der Husar aber lachte und sprach: »Du lügst, mentiris! Hast du nicht dem Herrn Chirurg sein Bild gegeben, non dedidisti Domino Chirurgo suam imaginem? Daß er durch die Finger gesehen und dich passieren lassen, ut vidit per digitos et te fecit passare? Du bist zurückgekehrt aus den Pest-Örtern, es returnatus ex pestiferatis locis!« Wehmüller sank auf die Kniee nieder und bat, man möge den Chirurgen doch herbeirufen. Während dieses Gespräches waren mehrere Soldaten um den Husaren herum getreten, zuzuhören; endlich kam der Chirurg auch, und nachdem er Wehmüllers Klagen angehört, der sich die Lunge fast weggeschrieen, befahl er ihm, sich einem der Feuer von Wachholderholz zu nähern, so daß es zwischen ihnen beiden sei, dann wolle er mit ihm reden. Wehmüller tat dies, und erzählte ihm die ganze Aussage über einen zweiten Wehmüller, der hier durchgereist sei, und seine große Sorge, daß ihn dieser um all sein Glück betrügen könne, und bot dem Chirurgen alles an, was er besitze, er möge ihm nur durchhelfen. Der Chirurg holte nun eine Rolle Wachsleinwand aus seiner Erdhütte, und Wehmüller erblickte auf derselben eines der ungarischen Nationalgesichter, gerade, wie er sie selbst zu malen pflegte, auch sein Name stand drunter, und da der Chirurg sagte: »Ob er dies Bild nicht gemalt und ihm neulich geschenkt habe, weil er ihn passieren lassen?« gestand Wehmüller: »Er würde nie dies Bild von den seinigen unterscheiden können, aber durchpassiert sei er hier nie, und habe nie die Gelegenheit gehabt, den Herrn Chirurgen zu sprechen.« Da sagte der Chirurg: »Hatten Sie nicht heftiges Zahnweh, habe ich Ihnen nicht noch einen Zahn ausgezogen für das Bild?« »Nein, Herr Chirurg,« erwiderte Wehmüller, »ich habe alle meine Zähne frisch und gesund, wenn Sie zuschauen wollen.« Nun faßte der Feldscher einigen Mut; Wehmüller sperrte das Maul auf, er sah nach und gestand ihm zu, daß er ganz ein anderer Mensch sei; denn jetzt, da СКАЧАТЬ