Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Bernd Heinrich
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811456655
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b) Rehabilitationsbehandlung
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Ist eine Kausalität festgestellt, muss sich der Verurteilte für eine Zurückstellungsentscheidung bereits in einer Rehabilitationsbehandlung befinden bzw. deren Beginn muss gewährleistet sein. Die Ablehnung der Zurückstellung der Strafvollstreckung kann also – um missbräuchliche Antragstellungen auszuscheiden und die begrenzte Anzahl kostspieliger Therapieplätze ernsthaft therapiewilligen Patienten vorzubehalten – grundsätzlich auch auf den fehlenden Therapiewillen bzw. die fehlende Therapiebereitschaft eines Verurteilten gestützt werden. Dies deutet bereits der Wortlaut des § 35 BtMG an, der die Zurückstellung von der Zusage des Verurteilten abhängig macht.[245] Doch dürfen an die Feststellung der Therapiewilligkeit ebenso wie an diejenige der Therapiefähigkeit keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. „Grundsätzlich ausreichend ist die ernsthafte Bereitschaft, die Therapie zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer geeigneten Einrichtung nach den dort geltenden Regeln, Anweisungen und Bedingungen anzutreten und durchzustehen, um eine bestehende Drogenabhängigkeit zu beseitigen, und an diesem Ziel aktiv mitzuarbeiten.“[246]
2. Verfahren
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Die Zurückstellung erfolgt auf Antrag des Verurteilten. Nach Zustimmung des Gerichts (es handelt sich um eine Prozesserklärung, nicht um eine Sachentscheidung, d.h. die Ablehnung der Zustimmung ist mit der Beschwerde anzufechten), entscheidet die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde (§ 451 StPO) über die Zurückstellung.[247] Dabei können unterschiedliche Kriterien (Therapiebereitschaft und -fähigkeit, Verwahrlosung, „kalter Entzug“, drohende Abschiebung) im Rahmen der Ermessensentscheidung herangezogen werden, welche nur eingeschränkt überprüfbar ist.[248]
I. Strafgesetzgebung zwischen Verfassungsrecht und Rechtsgutslehre
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Das Verbot mit Betäubungsmitteln umzugehen, das zudem (neben anderen strafbewehrten Verhaltensweisen) an die Kriminalstrafe knüpft, stellt einen Eingriff in Grundrechte, insbesondere in die allgemeine Handlungsfreiheit, das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG (und gegebenenfalls auch sonstige Grundrechte wie die der Meinungs-, Kunst- und Berufsfreiheit, Art. 5 Abs. 1, Abs. 3, Art. 12 GG[249]) dar. Legitimiert wird der Eingriff mittels Kriminalstrafe nicht selten durch die objektiv-rechtliche Funktion von Grundrechten[250] (mithin derjenigen, die Bürger vor Eingriffen Dritter zu schützen). Dabei ist bereits umstritten, ob jene objektiv-rechtliche Dimension auch zu einer Pflicht des Staates führt, den Bürger auch vor sich selbst zu schützen,[251] sodass das Verbot und die daran knüpfende Sanktion bereits (aber nicht nur) aus diesem Grunde zwischen Händlern und Konsumenten differenzieren muss, auch wenn im Hinblick auf die „Wechselwirkung“ von Angebot und Nachfrage eine einheitliche Betrachtung naheliegend erscheint.
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In der konkreten Diskussion sind die verfassungsrechtliche Einordnung und Bewertung des Cannabisverbotes bzw. der Prohibition im Allgemeinen eng mit den kriminalpolitischen Erwägungen auf der einen, den rechtsgutsbezogen-dogmatischen Überlegungen auf der anderen Seite verknüpft.[252] Gerade aus diesem Grund sollte der Grundsatzstreit um die Berechtigung und Funktion der Rechtsgutslehre neben einem Strafgesetzgebungsverfassungsrecht nicht überbewertet werden, da zahlreiche Erwägungen, die im Rahmen der Rechtsgutslehre für oder wider einer Legitimität der Strafnorm sprechen, in die verfassungsrechtliche Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Sanktionsnorm (legitimer Zweck – Geeignetheit – Erforderlichkeit – Angemessenheit) implementiert werden können und auch tatsächlich werden. Und gerade im Rahmen dieser Prüfung wird schnell deutlich, dass sich die Probleme der Rechtsgutslehre lediglich verlagern, man mithin mit ähnlichen Hürden zu kämpfen hat, die sich unter Zugrundelegung eines Rechtsguts als Legitimationspfeiler einer Strafnorm ergeben. Die Parallelen werden deutlich, wenn dem Rechtsgutsbegriff die Leistungsfähigkeit abgesprochen wird, da sich jeder Strafvorschrift ein Rechtsgut zuordnen lasse[253] (mithin der unscharfe Rechtsgutsbegriff jederzeit „funktionalisiert“ werden könne – diese Gefahr hat sich i.Ü. im Betäubungsmittelstrafrecht realisiert, vgl. noch im Folgenden), zugleich aber keine hohen Anforderungen an den Begriff des legitimen Zwecks gestellt werden (Rn. 111 f.).
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Wenn zum anderen die normative Verbindlichkeit des Rechtsgüterschutzprinzips bestritten wird,[254] so steht dem die auf der Ebene der Geeignetheit über die Erforderlichkeit hin zur Angemessenheit der Strafvorschrift eingeräumte Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gegenüber,[255] die als „maßstabsabschwächende Sonderdogmatik“[256] fast jedes Strafgesetz gegen verfassungsrechtliche Gegenerwägungen (und innerhalb des Tatsachenvorbringens empirisch und sozialwissenschaftlich abgesegnete Thesen) weitgehend immunisiert, soweit man von diesen nicht „überzeugt“ ist. Wie auch bei der Rechtsgutsdiskussion wird so aus einer „materiellen Legitimitätsprüfung“ eine Plausibilitätskontrolle, bei der andere Auffassungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit sich kaum durchsetzen können, sondern auf der Ebene der Zweckmäßigkeit, also politisch (nämlich durch tragende und überzeugende Sachargumente) erkämpft werden müssen.
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Schwächen des Rechtsgutskonzepts sind insofern meistens auch Schwächen der verfassungsrechtlichen Argumentation, die aber erst auf der kriminalpolitischen Ebene Gehör finden. Das hat die jüngere Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit von Strafgesetzen, aber auch der Cannabis-Beschluss des BVerfG im Jahre 1994 deutlich gemacht, in welchem – durch und durch pragmatisch – eine „Verfassungswidrigkeit“ der Praxis der Einstellung nach § 31a BtMG anklang,[257] aber das BtMG für verfassungsgemäß erklärt wurde, trotz (damals bereits, aber heute umso mehr) berechtigter Einwände gegen die strenge Prohibition. Dies geschah u.a. unter Rückgriff auf den Schutz von Gemeinschaftsbelangen, die sich in der Terminologie der Rechtsgutslehre als „hypostasiert“,[258] mithin ohne Gehalt bezeichnen lassen. Das AG Bernau hat die Thematik mit einer aufwendig begründeten Richtervorlage (hierauf deutet bereits der Umfang des Beschlusses von 141 Seiten hin) wieder auf die Agenda des BVerfG gebracht.[259] Bereits 2002 hatte das AG Bernau den „Zweiten Cannabisbeschluss“ (in Form eines Nichtannahmebeschlusses) veranlasst.[260] Damals hatte das BVerfG angenommen, dass das Gericht „keine neuen Tatsachen“ dargelegt habe, „die geeignet seien, eine von der früheren Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts abweichende Entscheidung zu ermöglichen“. Seitdem hat sich allerdings viel getan, sowohl in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht als auch aus empirischer Perspektive, sodass mit Spannung zu erwarten ist, ob das BVerfG die Richtervorlage zur Entscheidung annehmen, insbesondere die (diesseits geteilte) Einschätzung übernehmen wird, dass sich die Entscheidungsgrundlage (nicht nur aufgrund des Zeitablaufs per se, sondern auch im Hinblick auf neuere Erkenntnisse aus internationalen Studien zu Wirkungen und Gefährlichkeit von СКАЧАТЬ