Название: Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1
Автор: Reinhart Maurach
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811492561
isbn:
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Grundsätzlich anders fällt die Beurteilung nach der Auffassung des BGH aus, die den § 211 als Sonderdelikt gegenüber § 212 betrachtet (s.o. Rn. 5). Nach § 28 Abs. 1 erfolgt lediglich für den persönlich-qualifikationslosen Teilnehmer eine obligatorische Strafmilderung.
Bis 1968 war der Teilnehmer nach dieser Auffassung unlöslich an den vom Täter verwirklichten Tatbestand gebunden, was sich sowohl zu seinen Gunsten (Bestrafung des habgierigen Anstifters nur nach §§ 48 a.F., 212) als auch zu seinen Ungunsten (Bestrafung des nicht habgierigen Anstifters nach §§ 48 a.F., 211) auswirkte. Aber auch nach der Neuregelung (eingeführt zunächst als § 50 Abs. 2 durch das EGOWiG) ist die Auffassung des BGH unbefriedigend: 1. Der Strafrahmen ist bei der persönlich-qualifikationslosen Anstiftung zum Mord niedriger als bei der Anstiftung zum Totschlag. 2. Eine persönliche Qualifikation beim Teilnehmer kann, wenn sie beim Haupttäter fehlt, nicht erfasst werden[127]. Das missliche Ergebnis zu 1. sucht der BGH dadurch zu umgehen, dass er § 28 Abs. 1 nicht anwendet, wenn der Teilnehmer eine andere Qualifikation aufweist als der Täter[128]. Das Heilmittel, die niedrigen Beweggründe als tatbezogen anzusehen[129], hat der BGH jedoch zurückgewiesen (BGH 22, 375); er teilt hinsichtlich der „persönlichen Merkmale“ die h.L.[130]. Die Versuchung hierzu war groß, weil durch § 50 Abs. 2 a.F. die Verjährungsfrist verkürzt wurde[131]. Eine Mittäterschaft zwischen den §§ 212, 211 lässt der BGH zu, da Ersterer in Letzterem wie der Diebstahl im – ebenfalls selbstständigen – Raub enthalten sei[132].
In NJW 06, 1012 hat der BGH anerkannt, dass seiner Auffassung „gewichtige Argumente“ entgegengehalten werden, und damit eine mögliche Aufgabe seiner Auffassung angedeutet.
Als ob die Lage nicht schon verwirrend genug wäre, sieht eine Auffassung in der Wissenschaft § 28 Abs. 2 StGB nicht als Tatbestandsverschiebungs-, sondern als bloße Strafzumessungsregel an und tenoriert damit wie der BGH, bestraft aber wie die h.M. (Roxin AT § 27 Rn. 20; dagegen Küper JZ 06, 1163).
3. Übrig bleiben noch folgende Fälle:
a) der Teilnehmer kennt ein tatbezogenes Merkmal, z.B. die erhebliche Schmerzverursachung des Giftes, der Täter nicht. Hier kann wegen des überlegenen Wissens des Teilnehmers mittelbare Täterschaft bejaht werden[133].
b) der Teilnehmer nimmt fälschlich ein tatbezogenes Merkmal, z.B. die erhebliche Schmerzverursachung, an. Hier liegt neben der Teilnahme am Totschlag nur eine versuchte Teilnahme am Mord vor, die nur bei der Anstiftung strafbar ist (§ 30 StGB)[134].
Anmerkungen
Eser/Sternberg-Lieben S/S 48; Schröder JZ 69, 132; Welzel § 38 II 3 und JZ 52, 75; Maurach JuS 69, 249; Blei II § 6 IV; Arzt JZ 73, 681.
Maurach JuS 69, 256. A.A. daher Jakobs NJW 70, 1089.
Maurach JuS 69, 255; Jakobs NJW 70, 1089. A.A. Dreher JR 70, 146, auch hinsichtlich der Absicht der Befriedigung des Geschlechtstriebs, der Habgier und niedriger Beweggründe, die eine erfolgsgerichtete Absicht enthalten.
Für mittelbare Täterschaft Schröder JZ 69, 134; Jakobs NJW 69, 491; dagegen Schroeder Täter 166.
BGH 23, 39; NJW 82, 2738; ebenso Jakobs NJW 69, 491; dagegen mit Recht Arzt JZ 73, 681.
KG JR 69, 63 m.abl.Anm. Koffka 41; Generalbundesanwalt NJW 69, 1157.
BGH 22, 375; 23, 39, 103; 24, 106; NJW 72, 832; NStZ 96, 384.
Vgl. hierzu Schröder JZ 69, 132, 418; Körting NJW 69, 1393; Gehrling JZ 69, 416; Baumann NJW 69, 1279; Samson ZRP 69, 27.
BGH 36, 231 m.zust.Anm. Beulke NStZ 90, 278; Timpe JZ 90, 98; Küpper JuS 91, 639. Eingehend zur Rechtsprechung des BGH Küper JZ 91, 761 ff., 862 ff., 910 ff.; 06, 1157 ff.; Gropp FS Seebode 2008, 125.
Heine/Weißer S/S § 25 20, 24; Hoyer SK § 25 67; Roxin FS Lange 186 f.
Heine/Weißer S/S § 26 22, § 30 39; Hoyer SK § 26 27; Baumann JuS 63, 134; BGH 1, 133, 241; 9, 131.
D. Versuch
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Zum Tötungsversuch allgemein s.o. Rn. 20. Trotz vollendeter vorsätzlicher Tötung kommt nur versuchter Mord in Betracht, wenn der Täter irrig das Vorliegen eines mordqualifizierenden objektiven Tatbestandsmerkmals annahm, so, wenn er einen vermeintlichen Arg- oder Wehrlosen niederschießt, der in Wirklichkeit das Vorhaben des Täters durchschaut, aber es unterlassen hatte, Abwehrmaßnahmen zu treffen (BGH NStZ 94, 583), oder wenn das Mordmerkmal während der Ausführung wegfällt (Fi 106; Schroeder JR 08, 392); in diesem Falle Idealkonkurrenz mit vollendetem Totschlag. Umgekehrt kann vollendeter Totschlag mit einem anschließenden, durch eine selbstständige Handlung begangenen Mordversuch zusammentreffen.
E. Strafe
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