Название: Als noch (fast ) alles möglich war
Автор: Joachim Schmierflink
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783737581615
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Als sie bei dem leerstehenden Zwei-Mann Zelt vorbeikamen, machte Renate ihm ein unsittliches Angebot. Joe, verwirrt und wohl auch nicht mehr ganz im Besitz seiner Sinne (oder vielleicht doch ?) lehnte dankend ab. Die Vorstellung, sie könnte ihn nur vorführen wollen und ihn laut lachend mit heruntergelassener Hose stehen lassen, killte seine Begierde. Das war also mal wieder nichts.
Dass dies eine Fehleinschätzung war, merkte er am nächsten Morgen. Renate würdigte ihn keines Blickes und das blieb so bis zum Ende der Reise.
Egal. Sehr früh lernte Joe, dass man auch einmal Verzicht in Kauf nehmen muss, um sein Selbstwertgefühl nicht zu beschädigen.
Hamburg, Rudi und ein Irokese
Nach dem Abitur ging Joe nach Hamburg und absolvierte eine Lehre zum Großhandelskaufmann. Dort lernte er, 20, während eines Besuchs von Freunden aus Berlin Meret (30) kennen. Oberschwester im Altonaer Krankenhaus. Der jungen Frau, Typ guter Kumpel, gefiel der junge Berliner, der sie mit Freunden besucht und – na so was - seinen Schirm bei ihr vergessen hatte. Sie landeten fast unweigerlich in ihrem Bett, und jetzt sollte das geschehen, wovon Joe schon seit Jahren geträumt hatte.
Meret konnte sich Mühe geben, wie sie wollte - Joe versagte total. Immerhin, er hatte es mit einer sehr liebevollen Krankenschwester zu tun, die ihn über diese für einen jungen Mann nicht unerhebliche Pleite hinwegtröstete. Spätere Versuche in dieser Richtung erzeugten auch nur - trotz lobenswerten Engagements der Oberschwester - sehr magere Ergebnisse.
Joe was not amused, aber auch nicht verzweifelt. Das konnte noch nicht die Vorwegnahme von 50 und mehr Jahren Sexuallebens sein.
Eine (nicht wirkliche) sexuelle Alternative bot sich dem frustrierten Jungmann fast zeitgleich an. Joe, der in Barmbeck in einem Zimmer zur Untermiete wohnte, holte sich jeden Morgen vom Bäcker um die Ecke ein Brötchen zum Frühstück. Hierbei passierte er immer eine Schneiderei, durch deren Fenster jemand jedes Mal freundlich winkte. Joe schenkte dem keine weitere Bedeutung. Bis er eines Abends vom Judotraining kam. Der Schneider schloss gerade seinen Laden und unterhielt sich mit einem älteren Hamburger, einem Arzt des Viertels. Man kam ins Gespräch und der Schneider, Rudi, schlug Joe vor, einen Spaziergang ums Karree zu machen. Joe, ohnehin noch sehr allein in der Millionenstadt, willigte gerne ein. Rudi, ca. Mitte Dreißig, klein und schmächtig, entpuppte sich als sehr liebenswürdiger Jugoslawe, der in der Schneiderei als Angestellter wie ein „Kümmeltürke“ arbeitete, um viel Geld verdienen zu können. Im Sommer fuhr er dann immer mit einer Unmenge an Geschenken in seine Heimat und schwärmte seinen Angehörigen vom Leben in Deutschland vor, wo er so viel auf Grund seiner Qualifikation verdienen konnte. Natürlich kommt auch bei einem schlechten Gehalt etwas zusammen, wenn man fast die doppelte Zeit arbeitet.
Nach dem gemeinsamen Spaziergang lud Rudi seinen neuen Bekannten auf einen Schluck Wein in sein Zimmer ein, welches er als Untermieter bei seinem Chef bewohnte. Sorglos ging Joe mit. Er hatte in Sekundenschnelle gecheckt, dass er Rudi körperlich haushoch überlegen und somit nicht in Gefahr war. Zudem schuf auch Rudis Bekanntschaft mit dem Kiezarzt ein gewisses Vertrauensverhältnis.
In seinem Zimmer ließ Rudi zunächst die Jalousien herunter und zündete dann eine Kerze an.
„Wow“, dachte Joe. „So würde ich mir die Verführung eines Mädchens vorstellen.“ Rudi wollte auf die neue Freundschaft Bruderschaft trinken, dem Joe schon mit einem gewissen Misstrauen begegnete. Dennoch machte er das Spiel mit. Als Rudi aus dem obligatorischen, flüchtigen Kuss dann aber einen Zungenkuss machen wollte, rückte Joe auf Distanz mit dem Hinweis, dass er nicht schwul wäre.
Und jetzt machte Rudi einen entscheidenden Fehler. Er bestritt seine Homosexualität.
Hätte er zu seiner Veranlagung gestanden, wären die Grenzen abgesteckt gewesen und man hätte sich gegenseitig respektiert.
In den folgenden Wochen nutzte Joe seinen verhinderten Lover gnadenlos aus.
Kam er von der Arbeit oder vom Training, Rudi hatte schon in der Werkstatt ein hervorragendes Sandwich für ihn bereitet. Joe liebte es, den Rücken gekratzt zu bekommen. Dafür war jetzt Rudi zuständig. Wenn dieser mit seinen Händen einmal etwas tiefer gleiten wollte, spannte Joe einfach seinen muskulösen Bauch an und der Zugang zu dem von Rudi Erhofften war blockiert.
Dann kam der für einen schwulen Schneider klassische Trick. Rudi wollte für Joe eine Hose schneidern. Dazu muss man natürlich Maß nehmen. Was Rudi auch ausgiebig tat. Das Ergebnis war eine altersangemessene Erektion des jungen Mannes, die lediglich durch die zwei engen Slips im Zaume gehalten wurde, die Joe für die „Maßnahme“ sicherheitshalber angezogen hatte.
Joe reizte das Spiel mit dem Feuer, das ja besser gesagt eher ein Lagerfeuer, da jederzeit beherrschbar war.
Besuch eines Stripclubs auf der Reeperbahn mit anschließendem Essen ? Rudi bezahlte alles. Einmal wäre es fast zu einer sexuellen Handlung gekommen. Joe, unbefriedigt und geil, ließ den netten Schneider länger als sonst gewähren und war fast bereit, sich gehen zu lassen. Die Vorstellung jedoch, wie er sich anschließend fühlen und dass er den kleinen Jugoslawen angeekelt aus dem Fenster werfen könnte, riefen ihn rechtzeitig zur Raison.
Als Joe sich dann endlich in eine Frau verliebte, mit der er auch befriedigenden Verkehr hatte, war diese Zeit der sexuellen Orientierungslosigkeit vorüber.
Er lernte Ruthie in einem zionistischen Jugendcamp kennen. Das war Liebe auf den ersten Blick, „le coup de foudre“, wie die Franzosen sagen würden. Ihre kräftige, sportliche Figur, das wilde schwarze Haar, die provozierende leichte Himmelfahrtsnase mit den scharf gezeichneten Nasenflügeln, die schwarzen Augen, die kräftig entwickelten Brüste, ihre Stimme. Sie saßen nächtelang zusammen und lösten die Probleme der Welt. Also mehr oder weniger.
Ruthie, 23, studierte in Amsterdam Ballettpädagogik. Joe sah sie alle zwei Wochen, im Sommer trampte er im Anschluss an die Arbeit nach Amsterdam, im Winter fuhr er mit dem Zug hin. Dann, mit 21 Jahren endlich die Volljährigkeit erreicht und den Führerschein gemacht, kaufte er sich einen gebrauchten VW-Käfer. Als er einmal mit diesem alten Gefährt mit Ruthie im Transitbereich der DDR nach Berlin fuhr, überkamen das Mädchen heftige Bedürfnisse, weshalb sie, ungeachtet der Schlaglöcher, die zu umfahren Joe sich konzentrieren musste, dem Freund an der Hose herumspielte, was auf die Dauer nicht gut gehen konnte. So suchte Joe einen einsamen Parkplatz und das Paar begab sich in den Fond des Wagens. Joe’s Bedenken, eventuell von anderen Parkenden beim Liebesakt beobachtet zu werden, erwiesen sich als unnötig. Der Wagen hielt, was man sich über das Modell erzählte. Das war der luftdichteste Wagen seiner Zeit. Hierdurch entwickelte sich durch die mit dem Akt zwangsläufig verbundene Bewegung und heftiges Ausatmen ein innerer Beschlag, der jede Gardine ersetzt hätte.
Leider rüttelte Ruthies provozierender Charakter immer wieder an der sich entwickelnden Bindung, Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle, und in einer dieser Talsohlen geschah Folgendes:
Joe campte mit seinem VW Käfer im dänischen Sönderborg in freier Natur am Strand. Dort beobachtete er eine junge Frau, vielleicht Mitte Dreißig, schlank, sportlich, die mit ihrer Tochter spielte. Joe fand diese Frau so hinreißend, dass er ihr einen Zettel mit einer Einladung hinter den Scheibenwischer klemmte.
Sie erschien tatsächlich in dem kleinen gemütlichen Weinlokal und beide mochten sich und den Wein auf Anhieb. Die Frau, Gattin eines reichen Weinhändlers in Bad Nauheim, bot dem jungen Mann an, statt in seinem unwirtlichen VW bei ihr zu übernachten. Und was tat der Idiot ? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie СКАЧАТЬ