Название: Ein Jahr ohne dich
Автор: Caroline Régnard-Mayer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742798015
isbn:
In Windeseile rief ich meine Eltern an, die bei uns zuhause auf die Kinder aufpassten. Mit meinem eigenen Auto und meinem Vater fuhr ich dem Krankenwagen hinterher, der auf dem Weg mit Richard in die Kopfklinik nach Mannheim war.
Am nächsten Tag operierten die Ärzte sofort den Gehirntumor meines Mannes. Anschließend musste er für Wochen in eine Rehabilitationsklinik, aus der er frühzeitig entlassen wurde, um erneut operiert zu werden. Ich besuchte ihn regelmäßig, sprach mit Ärzten und hielt Kontakt mit unseren Freunden, die ebenso in die Reha-Klinik fuhren, um ihn zu besuchen. In dieser Zeit bin ich eindeutig über meine Grenzen gegangen, überlegte ich in diesem Moment meines Rückblicks. Durch enormen Stress und seelische Belastungen kann eine Krankheit, wie die Multiple Sklerose, ausbrechen. Diese Erkenntnis half mir jetzt aber nicht weiter. Denn es kam vor vier Jahren zum Supergau.
Ohne Ankündigung zog Richard aus unserem Haus zu seinen Eltern und verschwand aus unserem Leben.
Ein Familienkrieg zwischen uns und den Eltern meines Vaters entfachte, Richard krank und vom Charakter devot, fügte sich ihren Wünschen. Conny erzählte mir kurz vor ihrer Abreise: Es war kaum auszuhalten und ich flüchtete in meine eigene Welt. Meine ach so netten Großeltern, die ich gerne nur mit Vornamen anspreche, machten dir, Mama und somit auch uns, das Leben zur Hölle. Unser schönes Haus wurde verkauft und wir zogen in diese verhasste Dachwohnung, beengt und ohne Garten. Zum Glück hast du nicht mehr im Hallenbad als Putzhilfe gearbeitet, sondern bekamst zeitgleich eine Halbtagsstelle in deinem Beruf als MTA. Blöd waren nur die Nacht- und Wochenenddienste. Oma und Opa versorgten uns ja, wenn du arbeiten musstest, und wir übernachteten viele Abende bei ihnen. Das fand ich echt toll. Sie verwöhnten uns und waren echt ein Halt in dieser schweren Zeit …
Das Familienleben mit Richard war zerbrochen und nichts war mehr wie vorher.
°Conny°
Der Anflug auf die Ostküste der USA und New York war unbeschreiblich. Auf dieser Seite der Erde war es erst 12:38 Uhr, aber ich gähnte mit den restlichen Passagieren um die Wette. In Frankfurt um 7:35 Uhr losgeflogen, landeten wir um 9:40 Uhr in London. Weiter ging es nach zweistündigem Aufenthalt, dann über den Teich und schon wieder war Mittagsessenszeit. Ich hatte tatsächlich fast den ganzen Flug geschlafen, außer die Momente der Mahlzeiten. Trotzdem fühlte ich mich wie gerädert. Aufgeregt bangte ich um mein Gepäck und das, was ich von meinem Fenster aus sah, entschädigte mich für jede Müdigkeit. Ich hielt den Atem an. Dort unten erblickte ich zum ersten Mal die Freiheitsstatue und die Skyline von Manhattan. »Wow, Constanze, der Anfang ist gemacht. Amerika, ich komme!« sprach ich zu mir selbst.
Der Kapitän machte eine Ansage: »Verehrte Gäste, in circa zehn Minuten landen wir auf dem John F. Kennedy International Airport. Es ist jetzt 12:41 Uhr, bei angenehmen 19°C. Die gesamte Crew bedankt sich bei ihren Passagieren und wir wünschen Ihnen einen unvergesslichen Aufenthalt.«
»Bitte sind sie so nett und legen sie ihre Handtasche unter den Sitz.«
Die Stewardess meinte mich und riss mich aus meinen Tagträumen. Sie lächelte und warte bis ich Gesagtes ausgeführt hatte.
Wir landeten und plötzlich kam ich mir doch recht verloren vor. Schon beim Anblick auf New York grummelte mein Bauch. Ich bekam weiche Beine, als ich die unbeschreiblich großen Hallen und Gänge sah. Allen Kulturen dieser Welt begegnete ich, während ich zur Gepäckausgabe lief. Neben mir wurde französisch gesprochen, dann huschte ein spanisch sprechendes Pärchen an mir vorbei, die Sprachen wechselten mannigfaltig von russisch zu italienisch. Zurzeit verstand ich kaum Deutsch, so verwirrt und verängstigt war ich plötzlich.
»Excuse me!« Es hatte mich jemand angerempelt und schon war dieser Unbekannte in der Menge verschwunden.
Constanze beruhige dich, geh zur Passkontrolle, dann dein Gepäck holen und bring den Zoll hinter dich. Danach ab ins Hotel. Du brauchst dringend eine Dusche und eine Mütze Schlaf.
Mit meinen zwei Koffern stand ich zwei Stunden später vor der Ankunftshalle, nachdem ich die Immigration durchlaufen hatte, um überhaupt in das Land einreisen zu dürfen. Ich kramte meine Notizen aus der Tasche. Zu Hause am PC hatte ich mir die Bus- und Zugverbindungen herausgeschrieben, was jetzt eine große Hilfe war.
»Entschuldigen sie bitte. Ich suche die Haltestelle ´Jamaica` der Air Train.«
Ich sprach ein Ehepaar an, das an einem Taxistand wartete und sich in meiner Sprache unterhielt.
»Sie gehen hier nach rechts, nach circa hundert Metern kommt eine Rolltreppe, die führt sie zur Air Train nach unten. Unten sehen Sie dann das Hinweisschild zur Haltestelle ´Jamaica`.«
»Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.«
Ich schnappte mein Hab und Gut und ging in die gezeigte Richtung. Nach etwa fünf Minuten saß ich endlich im Zug nach New York City. Mein Hotel lag im zentralen Bereich von Brooklyn. Unterwegs musste ich nochmals umsteigen, dann traf ich vollkommen erschöpft und müde im "The New York Loft Hostel" ein. Welch hektische Stadt habe ich mir denn hier ausgesucht? Der Lärm dröhnte mir in den Ohren und mit letzter Kraft und gestammeltem Englisch meldete ich mich an der Rezeption an.
»How are you?«, begrüßte mich eine nette Frauenstimme.
»Hello. Mein Name ist Constanze Winterstein. Ich habe ein Einzelzimmer für fünf Tage in ihrem Hostel gebucht. «
»Hier gebe ich Ihnen das Anmeldeformular, das Sie bitte ausfüllen. Ich benötige bitte Ihren Reisepass. Sie haben das Zimmer Nummer 308 im 3. Stock. Der Aufzug befindet sich dort am Ende der Halle.«
»Vielen Dank.« Mehr brachte ich nicht mehr über die Lippen. Zu müde war ich in der Zwischenzeit und wollte nur noch schlafen.
»You are welcome«, wurde ich freundlich verabschiedet.
***
Am nächsten Morgen war ich schon um sechs Uhr wach. Gemütlich ging ich duschen. Das große Badezimmer am Ende des Flurs hatte ich um diese Uhrzeit noch für mich alleine. Schnell waren die Haare geföhnt und ich ging zum Frühstück nach unten.
»Hier ist ja mächtig was los!«, murmelte ich vor mich hin. Der Frühstücksraum war um diese Uhrzeit offensichtlich von den Nachteulen gut besucht. Kleine bunte Tische waren arrangiert direkt neben dem großen Buffet an der hinteren Wand des großen Raums. Große Fenster sorgten für viel Licht und Pflanzen als Abgrenzung zwischen den Tischgruppen für Behaglichkeit. Leise Musik spielte im Hintergrund.
»Hi, ich bin Conny, ist bei euch noch ein Platz frei?«
»Klar, wir gehen jetzt schlafen, waren die ganze Nacht in der City unterwegs.«
»Wow. Und mächtig getankt, was?! Könnt ihr mir noch einen Tipp geben, womit ich heute und um diese Zeit mit dem Besichtigen von New York beginnen könnte?«
Eines der Mädchen antwortete mir: »Ich würde dir empfehlen, nach dem Frühstück gleich zur Freiheitsstatue zu fahren. Dann ist dort noch nicht so viel los. Ach ja, ich bin Peggy«, und schon war sie verschwunden.
Gesagt, getan! Aber zuvor schrieb ich meiner Mutter noch eine kurze Mail an einem PC, der allen Gästen zur Verfügung stand. Sie sollte wissen, dass ich gut angekommen war und in einem netten Hotel wohnte.
Kurze Zeit später gegen 8:00 Uhr lief ich zwei Blocks weiter zur U-Bahn und fuhr bis zur Brooklyn СКАЧАТЬ