Название: Herz, Schmerz und Gänsehaut
Автор: Dieter Adam
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783741816932
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"Ach, versöhnen wolltest du dich also mit mir?", rief sie höhnisch. "Woher wusstest du denn, ob ich mich überhaupt mit dir versöhnen will?"
"Ich hoffte es", entgegnete er etwas ruhiger. "Weil unser ganzer Streit nämlich auf einem gewaltigen Missverständnis beruhte."
"Auf einem Missverständnis?", lachte sie grimmig. "Was ich gesehen habe, war eindeutig. Eindeutiger geht es gar nicht mehr."
"Was soll ich dir jetzt noch mit Erklärungen kommen, da du dich offensichtlich schon anderweitig getröstet hast", sagte Andy mit umwölkter Stirn.
"Ja, sollte ich vielleicht die trauernde Witwe spielen?", zischte Babsie. "Das habe ich nun wirklich nicht nötig."
"Nein, das hat sie nun wirklich nicht nötig", bestätigte der Fremde.
"Halten Sie sich da gefälligst heraus", knurrte ihn Andy unfreundlich an, und zu Babsie gewandt fragte er: "Wer ist das überhaupt? Von hier ist er jedenfalls nicht. Ich habe ihn nämlich noch niemals gesehen."
"Mein Name ist Peter", stellte sich der junge Mann, dem Babsies Verlegenheit bezüglich der Unkenntnis über seine Person nicht entging, vor. "Peter Grammich."
"Glauben Sie, das interessiert mich die Bohne?", versetzte Andy.
"Sie fragten aber eben danach", stellte Peter überaus freundlich klar.
"Das war nur so dahergeschwätzt", brummte Andy, und zu Babsie sagte er: "Musstest du ihm ausgerechnet meinen Morgenmantel geben? Schläft er eventuell auch in meinem Pyjama?"
"Ich benutze sogar Ihr Rasierwasser", schwindelte Peter. "Es ist übrigens eine aufdringlich riechende Marke, passt aber irgendwie zu Ihnen."
"Werden Sie bloß nicht frech", drohte Andy. "Sonst fehlt Ihnen gleich ein Satz Ohren."
"Wem hier gleich ein Satz Ohren fehlen wird, wird sich noch herausstellen", fauchte Babsie ärgerlich. "Du dringst ungebeten in meine Wohnung ein und willst jetzt auch noch den starken Mann spielen? Wo sind wir denn? Sei bitte so gut und lebe wohl, sonst rufe ich die Polizei; denn was du hier tust, ist Hausfriedensbruch."
"Du musst mich nicht hinauswerfen", erwiderte Andy säuerlich,
"denn ich wollte eh gerade gehen. Gestattest du mir wenigstens, meine paar verbliebenen Sachen - darunter diesen Morgenmantel - mitzunehmen?"
"Natürlich gestatte ich dir das", fauchte Babsie. "Wenn du den Kram nicht abgeholt hättest, hätte ich ihn in die Mülltonne gesteckt. Ich möchte nämlich nichts mehr um mich haben, was mich eventuell an dich erinnern könnte."
"Vergessen Sie vor allen Dingen das Rasierwasser nicht", sagte Peter. "Es riecht wirklich scheußlich."
"Armleuchter", knirschte Andy. "Los, ziehen Sie endlich meinen Morgenmantel aus."
"Aber ich habe nichts an darunter", widersprach Peter.
"Das ist mir völlig gleichgültig", knirschte Andy. "Ziehen Sie ihn aus - und zwar sofort."
"Darf ich mir wenigstens ein Handtuch umhängen?"
"Welche Umstände", höhnte Andy. "Als ob Babsie Sie noch nie nackt gesehen hätte; wo ich Sie doch offensichtlich gerade beim schönsten aller Spielchen gestört habe."
"Beim allerschönsten", sagte Peter, begab sich ins Badezimmer und tauschte den Morgenmantel gegen ein Handtuch aus, das er sich wie ein Hulamädchen um die Hüften wickelte.
"Süß", kicherte Babsie, als er damit aus dem Bad kam. "Man fühlt sich fast nach Hawaii versetzt. Fehlen bloß noch die Blumenkränze und die entsprechende Musik."
"Aloha hé...", begann Peter leise zu singen und sich dabei in den Hüften zu wiegen, "...mein Herz tut weh, weil ich dich, Babsie, nicht mehr nackig seh...hee...hee...heeee....!"
Babsie errötete bis zu den Haarwurzeln und drohte ihm gespielt streng mit dem Finger.
Unterdessen hatte Andy seine Sachen zusammengesucht. Er ließ sich von Babsie eine Plastiktüte geben und verstaute alles darin. Den Morgenmantel hängte er sich über den Arm.
"Das war`s", sagte er. "Ich gehe jetzt. Und es hätte mit uns wieder alles so schön sein können."
"Wenn der Hund nicht hätte....", entgegnete Babsie frostig. "Zieh endlich Leine, du Westentaschencasanova. Tanja brauchst du übrigens nicht von mir zu grüßen, falls du sie siehst. Und lass den Schlüssel für den Aufzug da. Ich möchte keine zweite unangenehme Überraschung mit dir erleben."
Andy knallte den Schlüssel auf die Flurgarderobe, murmelte sich etwas Unverständliches in den Bart und trat über den Aufzug den Rückzug an.
"So, den wäre ich los", atmete Babsie auf. "Vielen Dank, dass Sie so nett mitgespielt haben."
"Es war mir nicht nur eine Ehre, Ihnen helfen zu können", grinste Peter, "es war mir sogar ein Vergnügen. Hat eventuell noch ein früherer Verehrer von Ihnen einen Aufzugschlüssel?"
"Nein, warum?"
"Nun", lächelte Peter, "vielleicht bekäme ich dann wieder die einmalige Gelegenheit, Sie küssen zu dürfen."
"Muss dazu denn unbedingt einer mit dem Aufzug kommen?", fragte Babsie leise und trat einen Schritt auf ihn zu.
"Nein", schmunzelte Peter, betrachtete ihre Worte als Einladung und setzte das mit ihr fort, bei dem Andy sie gestört hatte.----
"Wenn Otto repariert ist", sagte Peter später, als sie im Bett eine Zigarette rauchten, "lade ich dich ein, mit mir in den Himmel zu schweben."
"Dort war ich doch gerade", erwiderte sie glücklich. "Im sie-
benten Himmel nämlich."
DIE GRAUE MAUS
nachdenkliche Weihnachtsgeschichte
erstmals in einer hessischen Version in meinem Buch
HESSISCHES ADVENTSKALLENNER BUCH
Mundartverlag Naumann, Hanau
erschienen
"Ich hätte gerne eine neue Mami", sagte der siebenjährige Andreas zu seinem Vater, als dieser ihn fragte, was er sich denn zu Weihnachten wünsche. "Alle Kinder in meiner Klasse haben eine, bloß ich nicht, weil meine ja vor ein paar Jahren gestorben ist. Deshalb hätte ich gern eine neue."
"Tja, mein Sohn", seufzte Hans Tönnissen, der geplagte Vater und kratzte sich verlegen am Kopf. "Mamis gibts nun mal nicht zu kaufen wie all die anderen Weihnachtsgeschenke. Man kann in keinen Laden gehen und den Verkäufer bitten: 'Zeigen Sie mir mal, was Sie so an Mamis auf Lager haben. Mein Herr Sohn wünscht sich nämlich eine.' Das geht nun mal leider nicht."
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