Durch die Bank. Dieter Lüders
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Название: Durch die Bank

Автор: Dieter Lüders

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783737565554

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СКАЧАТЬ gelernt. Die meisten waren schon verheiratet, und wenn nicht, dann hatte das meistens seine Gründe. Schlechte Gründe. Beziehungsfähige Frauen waren vergeben, beziehungsunfähige waren alleine. Manuel schätzte sie in die zweite Kategorie ein. Leichte Beute, weil sie diesen Blick hatte. Er war besonders, dieser Blick. Ein Flirtblick mit dem Unterton der Unbemanntheit. Unausgeglichen und mit einem Extra-Bonus-Moment. Sie musste es nötig haben, anderen Männern zu gefallen. Nie wieder eine von dieser Sorte, dachte sich Manuel. Und weil er sich da so sicher war, dass sich da nichts entwickeln durfte, konnte er frei und ohne Hintergedanken reagieren. Die letzte Beziehung war zu anstrengend. Sie machte die grundsätzlichen Fehler. In vielen Zeitschriften und auch sonst kursierten Top-Ten-Listen. Was denkst du gerade? Bin ich zu dick? und so weiter. Diese zwei Punkte fielen ihm ein. Manuels letzte Freundin war eine Intellektuelle, eine Frau mit Grips. Gut, man müsste denken, dass das etwas Gutes sei, aber warum in Gottes Namen musste sie ständig jeden Gedanken äußern? fragte sich Manuel. Diese Frage hatte er ihr auch einmal gestellt, was er besser nicht getan hätte. Er hatte gesagt, was er dachte. Die Frage nach ihrer Figur hatte er nicht beantwortet. Über eine Antwort, die damals richtig gewesen wäre, dachte er noch oft nach. Ihm fiel aber bis heute nichts Befriedigendes ein. Claudia Petersen würde diese gewichtige Frage nicht stellen, sie war schlank und groß. Geradezu ideal, sportlich und knackig. Dass die noch keiner vor eine Fotokamera gezerrt hatte? Und diese Haare, kraftvoll und dynamisch. Alles passte zusammen.

      Sie stellte ihren Wagen neben seinem ab. Dann stieg sie aus, und zusammen gingen sie in die Höhle des Löwen namens Schlüter & Schlüter Privatbank seit 1889. Sie sprachen nicht mehr miteinander. Sie dachten und grübelten, sie hofften und phantasierten. Selbst im Aufzug sahen sie sich nicht an. Sporadische Blicke folgten. Es war, als wäre nichts gewesen, bis es dann zur Sache ging: die Landmaschinenfirma des Herrn Horst Wohlert. Horst Wohlert, der Landmaschinenhändler, der bald nach dem Tod seiner Frau verschwand, und die Privatbank, die von der Landmaschinenfirma seit Monaten kein Geld mehr gesehen hat. Zwei Welten von Gläubigern und Schuldnern. Plus und Minus, die ohne einander nichts waren. Hund und Katz, Katz und Maus, Vater und Sohn.

      Manuel und Claudia kamen den Flur entlang. Sie wollten zu Peter. Der wartete schon auf die beiden, und seine Laune war auf dem Tiefpunkt.

      „Mein Gott, Manuel, was soll aus dir einmal werden?“ Peter hatte noch nicht einmal Platz genommen. Sein Büro war riesig. Man konnte den ganzen Hafen überblicken, bis zu den Harburger Bergen. Abertausende Container in zig Farben, darüber der blaue Frühlingshimmel, und keiner sah hin.

      „Vater, das weißt du doch. Ich will um die Welt segeln. Such dir jemand anderen, der deine Bank weiter führt.“ Manuel leierte diesen Satz herunter, als hätte er es schon mehrmals gesagt und wurde doch nie ernst genommen.

      „Reich deine Diplomarbeit ein, und alles wird gut.“ Als Peter das sagte, suchte er Papiere in den Schubladen. Claudia schien keiner sonderlich zu beachten. Manuel nahm Peter einige Zettel ab und sah sie sich an. Dann machte er zwei Häufchen und sortierte sie nach Regeln, die nur er kannte.

      Dass man in Hamburg zuweilen etwas kühl mit seinen Mitmenschen umging, das war Claudia bekannt. Viele mochten das nicht. In Amerika war das genau umgekehrt. Erst ‘hello’ und ‘how are you?’, und danach wurde man wie Luft behandelt. Es war aber nur der durchschnittliche Umgangston, denn es gab auch Ausnahmen. Hier aber nicht. Peter und Manuel waren sogar überdurchschnittlich im Ignorieren. Claudia dachte sich nichts dabei. Sie kannte beide Mentalitäten, und ihr war es recht so, wie es war. Hauptsache, wieder im Berufsleben. Auf dem Arbeitsamt war es teils noch viel schlimmer. Ihr zuständiger Sachbearbeiter hatte sie sogar einmal überhaupt nicht begrüßt. Er musste sehr überfordert gewesen sein. Claudia konnte sich diesen Angestellten des Jobcenters beim besten Willen nicht als Bankangestellten vorstellen. Kunden einer Bank waren so wichtig wie in Indien die Kühe. Kunden eines Jobcenters waren für ihn alles andere als gern gesehen. Sie selber gab sogar einmal die Parole raus; ‘Der Kunde ist nicht König, der Kunde ist Gott!’ Das richtete sich nicht gegen den Schöpfer, es brachte nur den verirrten Glauben auf den Punkt. Die einen tanzten um das goldene Kalb, und die anderen tanzten um die Melkkuh namens Kunde. Was manchmal als goldenes Kalb anfing und sich zur Melkkuh entwickelte, das endete ab und zu auch als störrischer Ochse.

      Horst Wohlert, ihr Vater, war dafür ein Beispiel. Er trug sein Joch und zog den Karren durch den Dreck, bis er desertierte. Er ließ seine Landmaschinenfirma im Morast stecken, und Claudia sollte nun den Matsch auslöffeln. Ein Gedanke, der sie herausforderte. Lange genug hatte sie auf ihren Einsatz gewartet. Und heute war ihr großer Tag. Die Uhr war zurück gedreht auf die Stunde Null. Es konnte nur noch wenige Sekunden dauern, bis einer der beiden Bankiers etwas sagte, und zwar zu ihr.

      Dann hatten die beiden die Zettel studiert und sortiert. Manuel trat zurück, Peter ergriff das Wort: „Seit drei Monaten sind keine Zahlungen mehr eingegangen.“

      Manuel sah zu Claudia herüber. Sie sah schuldbewusst zurück. Manuel tat es etwas leid, dass Claudia in der Mithaftung stand. Nicht rechtlich, aber moralisch und auch beruflich. Ihr Vater wollte sie nicht ans Ruder lassen, ihm war alles egal geworden.

      „Mahnungen, Zwangsvollstreckungen, wir sind am Ende. Jemand hat ein Insolvenzverfahren für die Landmaschinenfirma angemeldet“, sagte Peter und schaute in die Gesichter der beiden.

      „Oh! So schlimm?“ Claudia war ratlos.

      „Ja. Das ist sehr schlimm. Was nämlich gerade erst passiert ist, das ist, dass das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt hat.“

      Manuel resümierte, was er in seinen Vorlesungen an der Uni über das Insolvenzrecht gelernt hatte. Aber viel war das nicht. Es war nicht gerade sein ‘Spezialgebiet’.

      Claudia kannte sich mit Pleiten, Pech und Pannen viel besser aus. Aber jetzt sofort mit Fachbegriffen zu jonglieren, das wollte sie nicht. In Deutschland hatte sie damit noch keine Erfahrungen. Peter kannte sich aus. Ihm war blitzartig klar, dass er seine Kredite abschreiben musste, was die Landmaschinenfirma anging. Ein Insolvenzverfahren dauerte nicht nur lange; meist gab es nur einen Bruchteil des eingesetzten Kapitals zurück. Alleine die Gerichtskosten fraßen manchmal die Insolvenzmasse komplett auf. Mit diesen Hintergedanken sah er Claudia und Manuel erneut an. Die machten nur große Augen und schwiegen.

      „Der Gläubigerwettlauf ist damit erst mal hinfällig. Das wisst ihr ja.“

      Claudia und Manuel stimmten mit angedeutetem Nicken zu und warteten, dass er fortfuhr. Peter merkte, dass er sich noch nicht klar genug ausgedrückt hatte.

      „Ihr beiden fahrt da jetzt mal für drei Tage hin und seht, was man da noch machen kann.“

      Damit hatte Claudia nicht gerechnet, sie hatte es zwar geahnt, aber sie wollte es nicht wahr haben. Manche Leute in der Landmaschinenfirma kannten sie vielleicht von früher. Sie würden sich sicherlich wundern, dass sie jetzt für die Bank arbeitete. Aber das müsste sie ja nicht jedem auf die Nase binden. Manuel war das ziemlich egal. Er musste ‘Ja’ und ‘Amen’ sagen. Er tat ja sonst nicht viel für seinen Lebensstandard. Um seine Kreditkarte und den Sportwagen behalten zu können, könnte man ja tatsächlich mal zeigen, was man einmal gelernt hatte. Und wenn alle Stränge rissen, dann läge sein Segelboot im Hafen von Blankenese. Er hatte nichts zu verlieren, im Gegenteil, dachte er. Er konnte etwas gewinnen, und zwar das Herz von Claudia. Was für eine Frau..., Anfang dreißig, und sie hatte ihre Bachelor-Arbeit erfolgreich eingereicht.

      Er hatte seine Abschlussarbeit nur in der Schublade abgelegt. Ohne Abschluss war alles offen, mit Abschluss war man geprägt und der Weg vorgegeben. Er liebte seine Freiheit aber mehr. Sie hatte Auslandserfahrungen, sogar in Amerika, und sie hatte die Bankenkrise überstanden. Er war ganz kleinlaut in ihrer Gegenwart, denn er wusste nichts von ihrer Niederlage. Das war sein Problem. Es interessierte ihn nicht, was in der Bank seines Vaters vorging. Dass er nun mit der neuen Mitarbeiterin einen СКАЧАТЬ