Der Politiker. Geri Schnell
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Название: Der Politiker

Автор: Geri Schnell

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748560777

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СКАЧАТЬ Uhr machen sie sich auf den Weg zur Kirche. Der Besuch der Mitternachtsmesse ist für die meisten Katholiken Pflicht. Es gehört sich einfach, dass man das Jahr besinnlich beginnt.

      Die Menschen denen sie auf der Strasse begegnen sind alle in Eile. Bei den frostigen Temperaturen will jeder so schnell wie möglich zurück an die Wärme. Die Kirche ist bereits gut gefüllt. Sie suchen sich einen Platz möglichst weit weg vom Eingang. Die Kirche ist nicht geheizt, wenn man nicht im Durchzug steht, sorgen die zahlreichen Besucher für eine angenehme Temperatur.

      Einige Minuten vor Mitternacht schliesst der Pförtner die grosse Türe und es wird noch wärmer. Noch vor Mitternacht beginnt der Priester mit der Messe. Das stille Gebet endet kurz vor Mitternacht. Als der erste Schlag der Glocke erklingt, beginnen die meisten Leute, laut mit dem betten des Ave Maria. Eine friedliche Stimmung breitet sich aus. Jeder ist tief in seine Gedanken versunken. Was wird das neue Jahr, respektive Jahrzehnten bringen?

      In der Predigt versucht der Priester den Leuten Mut zu machen. Er weiss, dass es im neuen Jahr nicht einfach wird. Die meisten werden den Gürtel noch enger schnallen müssen. Er ruft den Gläubigen in Erinnerung, dass auch Jesus arm war, das sei keine Schande. Wichtig ist, dass man auch in harten Zeiten seinen Respekt vor den Mitmenschen nicht verliert.

      Als sich kurz nach eins die Türen der Kirche öffnen, ist es richtig warm geworden, nicht nur im Raum, auch in den Herzen der Besucher. Ohne zu sprechen eilt die Familie Wolf nach Hause.

      Jeder in Worms sehnen den Frühling herbei. Bereits anfangs März gibt es die ersten wärmeren Tage. Franz nützt die Zeit und beginnt bereits mit den Gartenarbeiten. Wenn das Wetter mitspielt, hofft er auf zwei Gemüseernten. Er spürt, dass er nicht mehr lange im Stadthaus arbeiten wird. Man nimmt ihm Übel, dass er für die falsche Partei kandidiert hatte. Liberale Parteien sind nicht mehr zeitgemäss. Jetzt muss man sich für deutsche Werte einsetzt.

      Franz hat eigentlich das Gefühl, ebenfalls für sein Vaterland einzustehen, doch er möchte das nicht auf Kosten von anderen Leuten tun. Das sehen die Wahlsieger anders, man muss die Feinde von Deutschland bekämpfen. Für sie ist es schon Verrat, wenn er Steuererklärungen der Juden, gleich wie für deutsche Personen behandelt. Ende April muss er bei seinem Vorgesetzten vorsprechen. Das Gespräch ist kurz.

      «Herr Wolf, haben sie einen Antrag gestellt, um in der NSDAP aufgenommen zu werden?»

      «Nein, ich bin seit meiner Geburt den Liberalen verpflichtet. Warum sollte ich wechseln?»

      «Sie sind einfach unverbesserlich. Die Zeiten ändern sich, man muss mit der Zeit gehen. Unter diesen Voraussetzungen muss ich leider das Arbeitsverhältnis auflösen. - Tut mir leid, ich habe meine Anweisungen.»

      Dann überreicht er ihm den Brief: «Bitte hier unterschreiben. Bis Ende April bekommen Sie noch Lohn.»

      Mit gesenktem Kopf verlässt Franz das Rathaus, nun hat es auch ihn erwischt. Was soll er nur machen? Vielleicht bekommt er bei der Sodafabrik eine Stelle, immerhin hat er noch Aktien. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

      Anfangs Mai fährt er nach Mannheim und bewirbt sich als Buchhalter. Der mitleidige Blick des Pförtners spricht Bände, als er das Formular ausgefüllt zurückgibt.

      «Der Personalchef hat keine Zeit, er wird sich bei Ihnen melden, wenn es eine Stelle für Sie gibt.»

      Das war’s, er spürt, da ist nichts zu machen. Er hat noch seinen Garten, zumindest kann er damit etwas zu Essen herstellen. Da gibt es hunderte von Arbeiter, die nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben. Zu essen gibt's nur was in der Suppenküche beim Armenhaus, aber da wird er sich nie Blicken lassen, dazu ist er zu stolz.

      Willi setzt sich auf seinen Platz im Schulzimmer. Er wundert sich, dass Joshua noch nicht da ist. Normalerweise ist er einer der ersten. Auch die anderen Schüler wundern sich. Mit dem Lehrer betritt auch der Schuldirektor das Schulzimmer.

      «Der Joshua wird nicht mehr in unsre Schule kommen», erklärt der Lehrer, «sein Vater wurde in seinem Uhrengeschäft überfallen. Beim Überfall wurde sein Vater an der Hand verletzt und kann keine feinen Arbeiten mehr ausführen. Jetzt muss Joshua das Uhrenhandwerk erlernen. Dazu braucht er kein Abitur.»

      Der Direktor verabschiedet sich und der Unterricht wird aufgenommen, als wäre nichts geschehen. Das Problem mit dem jüdischen Schüler hat sich so für alle Beteiligten elegant gelöst. Willi hatte schon lange befürchtet, dass die Lehrer den Joshua am liebsten loswerden möchten. Wie war das mit dem Überfall? Er hat nichts davon in der Zeichnung gelesen. Für ihn wird sich nicht viel ändern, die Kontakte zu Joshua hat er in letzter Zeit eingeschränkt. Joshua hat sich zurückgezogen, er hat gespürt, dass Willi Probe bekommen hätte.

      Am Abend fragt er seinen Vater, ob er etwas gehört hat. Der will am nächsten Tag bei Goldberg vorbeigehen und sich direkt informieren. Er hat jetzt Zeit, mehr als ihm lieb ist. Als Franz den Laden betritt, ist Maria am abstauben der Regale. Sie begrüsst ihn erfreut.

      «Was ist geschehen?», fragt Franz.

      «Drei Typen sind in den Laden gestürmt. Sie hatten Knüppel dabei und schlugen auf die Regale ein, dann packten sie einige Uhren in einen Sack und wollten verschwinden. Dummerweise stellte sich Josef an die Tür und wollte verhindern, dass sie flüchten können, doch die schlugen mit dem Knüppel auf seine Hand. Drei Finger sind gebrochen. Er liegt noch im Krankenhaus. Der Joshua ist jetzt bei einem befreundeten Uhrenmacher in Mannheim und lernt das Handwerk, bis Josef aus dem Spital entlassen ist. Ich führe den Laden solange allein. Wenn Uhren zur reparieren sind, nimmt sie Joshua mit nach Mannheim und repariert sie unter Aufsicht des Freundes. So kommen wir über die Runde, viel läuft eh nicht. Unser Glück ist, dass es praktisch keine deutschen Uhrengeschäfte gibt, sonst hätten wir schon lange keine Kunden mehr.»

      Maria lädt Franz noch zu einem Kaffee in die Wohnung über dem Geschäft, dieses bleibt solange geschlossen. Nach einem Gespräch über die schlechten Zeiten und dass es früher viel besser war, verabschiedet sich Franz und tritt auf die Strasse. Worms hat sich verändert. An Strassenecken hängen Männer rum und beobachten die Leute. Gelegentlich sprechen sie Passanten an und scheinen einen Handel abzuschliessen.

      Auf dem Weg nach Hause denkt er intensiv nach. Nur den Garten bestellen, das kann es nicht sein. Er muss nach einer anderen Lösung suchen. Eine Stelle als Buchhalter kann er in nächster Zeit vergessen. Er braucht eine Alternative damit sie über die Runde zu kommen.

      Franz schläft schlecht. Doch am Morgen weiss er, was er machen muss. Er verabschiedet sich von Rosa ohne zu sagen was er vorhat. Heimlich hat er den Briefumschlag mit den Aktien aus dem versteckten Fach des Sekretärs genommen und unter dem Mantel versteckt.

      Noch zögert er, doch dann betritt er die Bank. Sein persönlicher Berater empfängt ihn in einem Sitzungszimmer. Franz begrüsst ihn freundlich, obwohl er ihm am liebsten eine auf die Fresse gehauen hätte. Das Gespräch ist kurz, sie sind sich schnell einig. Der Berater geht zur Kasse und kommt mit einem Bündel Geldscheinen zurück, welche er Franz auf den Tisch blättert.

      «Stimmt», bestätigt Franz und überreicht ihm die Aktien, dann streckt er das Geld ein und verlässt die Bank. Auch so ein verrückter, denkt er für sich. Er hat das Hakenkreuz an seinem Kragen bemerkt.

      Als Erstes geht er nach Hause und versteckt ein Teil des Geldes im Gartenhaus. Er darf nicht daran denken, wie viel die Aktien noch vor einem Jahr Wert waren, aber jetzt hat er sie los. Nun will er das Geld wieder vermehren.

      Er steckt sich einige Geldscheine ein und macht sich mit dem Fahrrad auf zum Hafen. Noch weiss er nicht, wie es weiter geht, aber der Zufall wird ihm helfen, er muss nur die Augen offen halten.

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