Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte - Georg Wilhelm Friedrich Hegel страница 6

СКАЧАТЬ und ebenso wenig bei dem bloß abstrakten, unbestimmten Glauben, der nur zu dem Allgemeinen, dass es eine Vorsehung gebe, fortgehen will, aber nicht zu den bestimmteren Taten derselben. Wir haben vielmehr Ernst damit zu machen, die Wege der Vorsehung, die Mittel und Erscheinungen in der Geschichte zu erkennen, und wir haben diese auf jenes allgemeine Prinzip zu beziehen. Aber ich habe mit der Erwähnung der Erkenntnis des Plans der göttlichen Vorsehung überhaupt an eine in unsern Zeiten an Wichtigkeit obenan stehende Frage erinnert, an die nämlich, über die Möglichkeit Gott zu erkennen, oder vielmehr, indem es aufgehört hat eine Frage zu sein, an die zum Vorurteil gewordene Lehre, dass es unmöglich sei, Gott zu erkennen. Dem geradezu entgegengesetzt, was in der Heiligen Schrift als höchste Pflicht geboten wird, nicht bloß Gott zu lieben, sondern auch zu erkennen, herrscht jetzt das Geleugne dessen vor, was ebendaselbst gesagt ist, dass der Geist es sei, der in die Wahrheit einführe, dass er alle Dinge erkenne, selbst die Tiefen der Gottheit durchdringe. Indem man das göttliche Wesen jenseits unsrer Erkenntnis und der menschlichen Dinge überhaupt stellt, so erlangt man damit die Bequemlichkeit, sich in seinen eignen Vorstellungen zu ergehen. Man ist davon befreit, seiner Erkenntnis eine Beziehung auf das Göttliche und Wahre zu geben; im Gegenteil hat dann die Eitelkeit derselben und das subjektive Gefühl für sich vollkommene Berechtigung; und die fromme Demut, indem sie sich die Erkenntnis Gottes vom Leibe hält, weiß sehr wohl, was sie für ihre Willkür und eitles Treiben damit gewinnt. Ich habe deshalb die Erwähnung, dass unser Satz, die Vernunft regiere die Welt und habe sie regiert, mit der Frage von der Möglichkeit der Erkenntnis Gottes zusammenhängt, nicht unterlassen wollen, um nicht den Verdacht zu vermeiden, als ob die Philosophie sich scheue oder zu scheuen habe, an die religiösen Wahrheiten zu erinnern, und denselben aus dem Wege ginge, und zwar, weil sie gegen dieselben, sozusagen, kein gutes Gewissen habe. Vielmehr ist es in neueren Zeiten so weit gekommen, dass die Philosophie sich des religiösen Inhalts gegen manche Art von Theologie anzunehmen hat. In der christlichen Religion hat Gott sich geoffenbart, das heißt, er hat dem Menschen zu erkennen gegeben, was er ist, so dass er nicht mehr ein Verschlossenes, Geheimes ist; es ist uns mit dieser Möglichkeit, Gott zu erkennen, die Pflicht dazu auferlegt. Gott will nicht engherzige Gemüter und leere Köpfe zu seinen Kindern, sondern solche, deren Geist von sich selbst arm, aber reich an Erkenntnis seiner ist, und die in diese Erkenntnis Gottes allein allen Wert setzen. Die Entwicklung des denkenden Geistes, welche aus dieser Grundlage der Offenbarung des göttlichen Wesens ausgegangen ist, muss dazu endlich gedeihen, das, was dem fühlenden und vorstellenden Geiste zunächst vorgelegt worden, auch mit dem Gedanken zu erfassen; es muss endlich an der Zeit sein, auch diese reiche Produktion der schöpferischen Vernunft zu begreifen, welche die Weltgeschichte ist. Es war eine Zeitlang Mode, Gottes Weisheit in Tieren, Pflanzen, einzelnen Schicksalen zu bewundern. Wenn zugegeben wird, dass die Vorsehung sich in solchen Gegenständen und Stoffen offenbare, warum nicht auch in der Weltgeschichte? Dieser Stoff scheint zu groß. Aber die göttliche Weisheit, d. i. die Vernunft, ist eine und dieselbe im Großen wie im Kleinen, und wir müssen Gott nicht für zu schwach halten, seine Weisheit aufs große anzuwenden. Unsre Erkenntnis geht darauf, die Einsicht zu gewinnen, dass das von der ewigen Weisheit Bezweckte, wie auf dem Boden der Natur, so auf dem Boden des in der Welt wirklichen und tätigen Geistes, herausgekommen ist. Unsre Betrachtung ist insofern eine Theodizee, eine Rechtfertigung Gottes, welche

Grafik 169

       Leibniz metaphysisch auf seine Weise in noch unbestimmten, abstrakten Kategorien versucht hat, so dass das Übel in der Welt begriffen, der denkende Geist mit dem Bösen versöhnt werden sollte. In der Tat liegt nirgend eine größere Aufforderung zu solcher versöhnenden Erkenntnis als in der Weltgeschichte. Diese Aussöhnung kann nur durch die Erkenntnis des Affirmativen erreicht werden, in welchem jenes Negative zu einem Untergeordneten und Überwundenen verschwindet, durch das Bewusstsein, teils was in Wahrheit der Endzweck der Welt sei, teils dass derselbe in ihr verwirklicht worden sei, und nicht das Böse neben ihm sich letztlich geltend gemacht habe. Hierfür aber genügt der bloße Glaube an den νοῦς und die Vorsehung noch keineswegs. Die Vernunft, von der gesagt worden, dass sie in der Welt regiere, ist ein ebenso unbestimmtes Wort als die Vorsehung, – man spricht immer von der Vernunft, ohne eben angeben zu können, was denn ihre Bestimmung, ihr Inhalt ist, wonach wir beurteilen können, ob etwas vernünftig ist, ob unvernünftig. Die Vernunft in ihrer Bestimmung gefasst, dies ist erst die Sache; das andere, wenn man ebenso bei der Vernunft überhaupt stehen bleibt, das sind nur Worte. Mit diesen Angaben gehen wir zu dem zweiten Gesichtspunkte über, den wir in dieser Einleitung betrachten wollen.

      II. Die Frage, was die Bestimmung der Vernunft an ihr selbst sei, fällt, insofern die Vernunft in Beziehung auf die Welt genommen wird, mit der Frage zusammen, was der Endzweck der Welt sei; näher liegt in diesem Ausdruck, dass derselbe realisiert, verwirklicht werden soll. Es ist daran zweierlei zu erwägen, der Inhalt dieses Endzwecks, die Bestimmung selbst als solche, und die Verwirklichung derselben.

       Zuerst müssen wir beachten, dass unser Gegenstand, die Weltgeschichte, auf dem geistigen Boden vorgeht. Welt begreift die physische und psychische Natur in sich; die physische Natur greift gleichfalls in die Weltgeschichte ein, und wir werden schon im Anfange auf diese Grundverhältnisse der Naturbestimmung aufmerksam machen. Aber der Geist und der Verlauf seiner Entwicklung ist das Substantielle. Die Natur haben wir hier nicht zu betrachten, wie sie an ihr selbst gleichfalls ein System der Vernunft ist, in einem besonderen, eigentümlichen Elemente, sondern nur relativ auf den Geist. Der Geist ist aber auf dem Theater, auf dem wir ihn betrachten, in der Weltgeschichte, in seiner konkretesten Wirklichkeit; dessen ungeachtet aber, oder vielmehr um von dieser Weise seiner konkreten Wirklichkeit auch das Allgemeine zu fassen, müssen wir von der Natur des Geistes zuvörderst einige abstrakte Bestimmungen vorausschicken. Doch kann dies hier mehr nur behauptungsweise geschehen, und ist hier nicht der Ort, die Idee des Geistes spekulativ zu entwickeln, denn was in einer Einleitung gesagt werden kann, ist überhaupt als historisch, wie schon bemerkt, als eine Voraussetzung zu nehmen, die entweder anderwärts ihre Ausführung und ihren Erweis erhalten hat oder in der Folge der Abhandlung der Wissenschaft der Geschichte erst ihre Beglaubigung empfangen soll.

      Wir haben also hier anzugeben:

      a) die abstrakten Bestimmungen der Natur des Geistes;

       b) welche Mittel der Geist braucht, um seine Idee zu realisieren;

       c) endlich ist die Gestalt zu betrachten, welche die vollständige Realisierung des Geistes im Dasein ist, – der Staat.

       a) Die Natur des Geistes lässt sich durch den vollkommenen Gegensatz desselben erkennen. Wie die Substanz der Materie die Schwere ist, so, müssen wir sagen, ist die Substanz, das Wesen des Geistes die Freiheit. Jedem ist es unmittelbar glaublich, dass der Geist auch unter andern Eigenschaften die Freiheit besitze; die Philosophie aber lehrt uns, dass alle Eigenschaften des Geistes nur durch die Freiheit bestehen, alle nur Mittel für die Freiheit sind, alle nur diese suchen und hervorbringen; es ist dies eine Erkenntnis der spekulativen Philosophie, dass die Freiheit das einzige Wahrhafte des Geistes sei. Die Materie ist insofern schwer, als sie nach einem Mittelpunkte treibt: sie ist wesentlich zusammengesetzt, sie besteht außer einander, sie sucht ihre Einheit und sucht also sich selbst aufzuheben, sucht ihr Gegenteil; wenn sie dieses erreichte, so wäre sie keine Materie mehr, sondern sie wäre untergegangen: sie strebt nach Idealität, denn in der Einheit ist sie ideell. Der Geist im Gegenteil ist eben das, in sich den Mittelpunkt zu haben, er hat nicht die Einheit außer sich, sondern er hat sie gefunden; er ist in sich selbst und bei sich selbst. Die Materie hat ihre Substanz außer ihr; der Geist ist das Bei-sich-selbst-sein. Dies eben ist die Freiheit, denn wenn ich abhängig bin, so beziehe ich mich auf ein anderes, das ich nicht bin; ich kann nicht sein ohne ein Äußeres; frei bin ich, wenn ich bei mir selbst bin. Dieses Beisichselbstsein des Geistes ist Selbstbewusstsein, das Bewusstsein von sich selbst. Zweierlei ist zu unterscheiden im Bewusstsein, erstens, dass ich weiß, und zweitens, was ich weiß. Beim Selbstbewusstsein fällt beides zusammen, denn der Geist weiß sich selbst, er ist das Beurteilen seiner eignen Natur, und er ist zugleich die Tätigkeit, zu sich zu kommen und so sich hervorzubringen, sich zu dem zu machen, was er an sich ist. Nach dieser abstrakten Bestimmung СКАЧАТЬ